“Honour Bound to Defend Freedom” – In Ehre verpflichtet, die Freiheit zu verteidigen, das steht auf dem Stacheldrahtzaun des Lagers VI in Guantanamo. Ehre und Freiheit, weniger darf es nicht sein, wenn es darum geht, Folter, Unrecht und Grausamkeit eine hübsche Verpackung zu verpassen. “Arbeit macht frei” klang noch zu wenig nach Feriencamp. Die Deutschen mögen gründlicher gewesen sein, aber in Sachen Zynismus halten die Amis locker mit.

abuGWarum Julian Assange und Bradley Mannings die obersten Staatsfeinde der USA sind, wird mit jedem Dokument deutlicher, das offenbart, was die Auswüchse eines Unrechtsregimes so mühsam zu verheimlichen versuchen. Mehr als 50 Geheimdienste leisten sich die Vereinigten Staaten. Dazu kommen private Folter-und Killerkommandos und der ganze offizielle Militärapparat. “Freiheit”. “Demokratie”. Und wir mittendrin statt nur dabei, in “uneingeschränkter Solidarität”.

Terrorverdächtig – zur falschen Zeit am falschen Ort

Während auch in den hiesigen Medien stets von “Taliban” oder “Terrorverdächtigen” die Rede ist, zeigt die Wirklichkeit der enemy combatant detainees ein anderes Bild. Wer in Guantanamo einsaß und dort noch sitzt, hat vor allem Pech gehabt. Er kannte jemanden, der einen kannte, der ihn nicht mochte. Er kannte einen, der einen Jihadisten kannte. Er war zur falschen Zeit am falschen Ort. Oder er war, was durchaus vorkam, ein Feind der USA, die ihn erwischt hat. War er aber einmal dort, musste das einen Grund haben. Dem wurde mit bürokratischer Sturheit und unter Verzicht auf die Einhaltung der Menschenrechte nachgegangen.

Ich habe mir einige Dokumente angeschaut und natürlich nur einen ersten Eindruck. Auch kann ich deren Echtheit nicht prüfen, wozu sie aber ja sehr öffentlich sind, weswegen mein Zweifel sehr gering ist.
Interessant sind die klaren Angaben zu den Umständen der Verhaftung, den zwischenzeitlich gewonnen Erkenntnissen und der Einschätzung bezüglich Gefahr und ‘Schuld’ des Gefangenen. In einigen Fällen wird deutlich eingeräumt, dass die Gefangenen unschuldig sind. Dass sie dennoch jahrelang gefangen waren und wahrscheinlich gefoltert wurden – das ist wohl der Kollateralschaden der modernen Kriegsführung.

Hexenprozesse

Es scheint, als bestehe eines der wichtigsten ‘Beweismittel’ bzw. eine wichtige Quelle der ‘Erkenntnisse’ in den Aussagen, die die Gefangenen über einander machen. Berücksichtigt man die “Befragungsmethoden”, kann man sich vorstellen, wie glaubwürdig sie sind. Dass solche Aussagen in keinem zivilisierten Land in einem Gerichtsverfahren Verwendung finden dürfen – nicht einmal in den USA – versteht sich.
Dass es dabei zum Teil um die Identität der Gefangenen geht, man also gar nicht weiß, wen man da vor sich hat, macht das Ganze noch grotesker. Man muss ja nicht “Khaled al-Masri” heißen. Oder Obama sin Laden.

Es gerät zu einer absurden Anstrengung, diese Verhältnisse, die Millionen sich noch immer als “Demokratie” verkaufen lassen und als ‘Völkerfreundschaft’, auch nur zu benennen. Wem nicht auffällt, worauf das hinausläuft und wie weit der Weg bereits beschritten wurde, wie soll man ihnen die Augen öffnen?
Wikileaks sorgt für Lesestoff. Wie sorgen wir dafür, dass der auch etwas bewirkt? Die Bilder dazu haben wir ja bereits vergessen.