Der “Nationale Sicherheitsrat” ist die bisher konsequenteste Attacke auf das Grundgesetz, die von der regierenden CDU geritten wird. Das Neue daran ist, daß nicht nur die Verfassung ignoriert wird, wie seit Jahren schon durch Schäuble und Co., sondern daß eine Instanz geschaffen werden soll, die das Parlament außer Kraft setzt, und daß dieser Schlag gegen die Demokratie ausdrücklich von der Bundeskanzlerin unterstützt wird. Die Kopie der US-amerikanischen Strukturen, von der Bush-Administration weidlich ausgenutzt, ist mehr als eine Einrichtung für den Krisenfall. Solche gibt es bereits, und aus gutem Grund gilt für Entscheidungen über Krieg und Frieden bislang der Parlamentsvorbehalt. Dieser soll verschwinden, und zwar nicht nur für Auslandseinsätze, sondern für eine permanente Alarmbereitschaft im Inneren wie im Äußeren. Wer jemals das Grundgesetz und seine Prinzipien zur Kenntnis genommen hat, muß bleich werden angesichts solcher Pläne. Es geht um eine Ermächtigung des inneren Regierungszirkels, der eine politische Junta installiert.
Die deutsche Journaille wiegelt ab, übt sich in blöder Neutralität und hat offenbar nichts dagegen. Einen “Abgrund von Landesverrat” muß heute keine Regierung mehr fürchten, nicht einmal ernsthafte Kritik wird geübt.
SpOn und Tagesschau sehen darin politische Scharmützel ohne Erfolgsaussicht, Christoph Seils schwadroniert bei Zeit.de über eine Anpassung an eine “Europäische Sicherheitsstrategie” und endet mit den windelweichen Worten: “Aus der Parlamentsarmee würde zumindest teilweise eine Regierungsarmee“. Ein bißchen Regierungsarmee, wie niedlich das klingt. Selbst, wenn man die Idee einer Regierungsarmee für diskutabel hält – stört es eigentlich niemanden, daß in der Bundesrepublik Deutschland ausdrücklich Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat den Verteidigungsfall feststellen müssen? Fragt sich niemand, worauf das hinausläuft? Nur, wenn “Handlungsunfähigkeit des Bundestages” gegeben ist, kann bisher der zuständige “Geimsame Ausschuß” diese Aufgabe übernehmen, und auch dann kann das Parlament jederzeit dagegen einschreiten. Eine Notinstanz für besondere Ausnahmefälle besteht also bereits, hat aber keine dem Parlament übergeordneten Befugnisse. Der “Nationale Sicherheitsrat” ist also ganz offensichtlich ein Vehikel, das diese ggf. lebenswichtige Kontrolle umgehen soll und in Permanenz außer Kraft setzt. Was soll das Larifari: “zumindest zeitweise”? “Nur, wenn es darauf kommt”, wäre die richtige Formulierung, also quasi immer – das ist die Konsequenz dieser perfiden Idee.
Es sind längst nicht alle dafür, sogar in der CDU gibt es Gegner. So stellt Willy Wimmer fest:
Dieses Papier ist handstreichartig gekommen. Wir haben es erst nach den Presseveröffentlichungen am Montagmorgen in unserer Email gefunden”, so der CDU-Außenpolitiker zu SPIEGEL ONLINE. Die Vorgehenweise der Autoren, ohne sorgfältige interne Diskussion ein Papier auf den Markt zu bringen, “das die Koordinaten der Republik verändert, ist einer demokratischen Partei unwürdig“.
Das macht das Ganze noch unappetitlicher. Eine Clique von Hasardeuren macht sich auf, die Bundesrepublik Deutschland, in der wir aufgewachsen sind, endgültig zu Grabe zu tragen. Sie sitzen in der Regierung, und die Chefin gehört endlich auch dazu. Schließt man sich der Meinung Wimmers an, gibt es für Demokraten im Deutschen Bundestag, die den Regierungsfraktionen angehören, nur eine Konsequenz: Dieser Regierung die Unterstützung zu versagen und sie schleunigst zu verlassen. Es reicht nicht aus, den Entwurf in einer weichgespülten Version durchzuwinken oder nur darauf zu warten, daß das Verfassungsgericht wieder dazwischen grätscht. Dann kann es nämlich schon zu spät sein. Die “Sicherheitspolitiker” der Union und ihre wiefelsputzigen Handlanger der SPD sind untragbar für eine Demokratie. Ihre Gesinnung ist totalitär.