Zwei Probleme hat das schwarzgelb regierte Land mit der Atomkatastrophe in Japan: Die Auswirkungen auf die Finanzwirtschaft und die anstehenden Landtagswahlen. Ersteres werden wir frühestens morgen erfahren. Zwar wird derzeit nicht laut über die möglichen Folgen diskutiert, das dürfte aber wohl daran liegen, dass am Wochenende nicht gearbeitet wird. Einige beschwichtigende Nachrichten sind zu lesen. Kobe habe Japan auch gut überstanden. Vielleicht ist ja sogar eine Inflation drin, die positive Effekte haben könnte.

Das Worst-Case-Szenario wäre eine Spekulation gegen das Überleben Japans. Wie wahrscheinlich ist eine Verseuchung des Großraums Tokio mit zig Millionen Menschen? Wirtschaftliche Vernunft muss ja solche Fragen stellen. Wer dann zuletzt abspringt, macht die größten Verluste. Der Markt regelt das so. Wie stark sind deutsche Banken in Japan engagiert? Kann der Ausfall eines Konkurrenten der Exportnation vielleicht sogar nützen? Man wird doch noch fragen dürfen.

Die sichersten der Welt

Aber so weit sind wir noch nicht, im Gegenteil. Die politischen Auswirkungen in Deutschland, womit wir beim zweiten Problem sind, sollen nicht diskutiert werden dürfen. Dies fordern jedenfalls Röttgen und Westerwelle, während Homburger und Merkel schon einmal deutlich machen, dass sich zwar nichts ändert, aber “geprüft” werden wird. Wir überprüfen noch einmal die sichersten AKWs der Welt auf ihren Superlativ.

radioaktivZufällig hat Greenpeace bereits vor der Katastrophe in Japan Strafanzeige gegen die Baden-Württembergische Umweltministerin Gönner erstattet wegen deren Umgang mit sicherheitsrelevanten Informationen zum AKW Philippsburg. Das wird schon geprüft. Es wird auch noch einiges weitere geprüft werden müssen im Umgang mit der Atomwirtschaft, allerdings ist nicht damit zu rechnen, dass die Regierung diese Prüfungen unterstützt.

“Triumphierend” nennt Spiegel Online exemplarisch die Haltung der Grünen, gemeint sind damit vermutlich alle konsequenten Atomkraftgegner. Ja, wir haben tatsächlich gewusst, dass so etwas passieren kann. Ja, wir wussten, dass es Irrsinn ist, Dutzende AKWs auf die Ränder von tektonischen Platten zu bauen. Ja, wir wissen, dass es immer Ereignisse gibt, mit denen irgendwer nicht gerechnet hat. Wir sehen uns daher bemüßigt, jetzt nachzufragen, ob der Rest der Welt das auch endlich kapiert.

Rücksichtslose Klientelpolitik

Dumm nur, dass diese Landtagswahlen jetzt anstehen. Die werden vermutlich durch ein Ereignis beeinflusst werden, das mit der Landespolitik gar nichts zu tun hat. Es wird wohl den Grünen nützen, die gar nichts dafür können. Es wird Schwarzgelb schaden. Die aber sind tatsächlich selbst schuld. Deren Klientelpolitik hat keinerlei Rücksicht genommen auf Sicherheitsstandards, was bedeutet, dass sie das Leben Hunderttausender riskieren, um ihren Freunden aus der Stromwirtschaft die Profite zu sichern. An das Risiko, das drohende Grauen, werden die Menschen gerade erinnert. Sollen ausgerechnet die Grünen das verhindern?

Dass die Themen nicht nur von Lobbyisten und Think Tanks gesetzt werden, sondern gelegentlich auch von den Ereignissen selbst, ist das Ärgernis. Dann wird vielleicht tatsächlich einmal gefragt, wer welche Politik in wessen Interesse macht. So etwas darf natürlich nicht passieren. Man darf angesichts des menschlichen Elends in Japan nicht zulassen, dass politische Diskussionen für Wahlkämpfe missbraucht werden.