Den ganzen Tag Zeit und zu doof zum Einkaufen
Posted by flatter under PolitikKommentare deaktiviert
12. Feb 2008 0:06
In Berlin regiert ein rot-roter Senat. Wie wir von Guido Westerwelle wissen, bedeutet dies: Kommunistische Herrschaft, Steuergelder werden en masse verpraßt, und alles ist für alle umsonst. Stimmt nicht ganz. Er hat, wie viele Bundesbürger, bereits vergessen, was “Hartz IV” bedeutet und wer das eingeführt hat. Der Finanzsenator von Berlin, Thilo Sarrazin, ist einer dieser bis zur Selbstaufgabe sozialen Demokraten, SPD-Mitglied und selbstverdienter Emporkömmling. Seine Karriere begann in der Friedrich-Ebert-Stiftung, und er hat sich seitdem von Posten zu Posten unter den Fittichen der Partei und ihrer Mandatsträger gehangelt. Wenn einer weiß, was Sozialdemokratie ist, dann er. Leider hat er keine Ahnung, was demokratisch oder sozial ist, denn ob seiner guten Kontakte wurde er um jede eigene Lebenserfahrung gebracht.
Solchermaßen nüchtern und objektiv gegenüber den Lasten des Alltags, hat er einen für Arbeitslose sehr nützlichen Hinweis zur gesunden und kostengünstigen Ernährung gegeben. Sarrazin hat vorgerechnet, was eine Bratwurst mit Sauerkraut kostet (38 cent+12cent=50 cent) und auf diesem Wege festgestellt, daß der Hartzer mehr als genug Geld fürs Essen bekommt (4,25 pto Tag). Man darf nur “kein Geld für Alkohol” ausgeben. Und da sieht man’s wieder: Der Hartzer versäuft seine Bratwurst und macht nachher einen auf hungrig. Verwerflich! Wie gut, daß der Finanzsenator rechnen kann und seine Bratwurst kennt.
Der Senatschef, Klaus Wowereit, versteht das alles nicht und hält es vielmehr für “nicht notwendig”, den Leuten vorzurechnen, wie gut es ihnen eigentlich geht. Daß der Herr Finanzsenator mit seiner feudalen Ader mindestens so verzichtbar ist, wie seine Rechenkünste, hat Wowereit leider nicht erkannt.
Wir wissen doch längst, daß die faulen Säufer sich lieber in ihrer selbstverschuldeten Not suhlen, als arbeiten zu gehen. Neu ist, daß man die “Linke” wählen muß, um sich das von einem Amtsträger erklären zu lassen.
Februar 12th, 2008 at 17:19
[...] auch << Feynsinn hat sich des Themas angenommen >> und mich dadurch auf eine weitere Stellungnahme aufmerksam gemacht: << Berlins OB rügt [...]
Februar 13th, 2008 at 18:46
Die 3,85 €, die Sarrazin für Verpflegung veranschlagt kann ich ja noch halbwegs nachvollziehen, doch bleibt die Frage, wovon der leidgeprüfte HartzIVler mal einen Theater- oder Museumsbesuch finanzieren will.
Konzerte, Freibad, Kino oder mal ein Eis essen, ein Geburtsragsgeschenk für den Partner kaufen oder vielleicht einmal im Jahr zum Hochzeitstag essen gehen, dass alles sind zusätzliche Ausgaben, die eine Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben sichern, das ist kein Luxus, das hat was mit Menschenwürde zu tun.
Es kann doch nicht sein, dass man Millionen Menschen von diesen kulturellen Angeboten und einem absoluten Mindestmass an menschenwürdigem Leben ausschliessen will, weil man diese Millarden dazu braucht, aufgrund hirnverbrannter und hochriskanter Spekulationen, Löcher im Haushalt von Landesbanken zu stopfen, bloss weil deren Vorstandsvorsitzende zu dämlich sind, mit unserem Geld verantworungsvoll umzugehen.
In diesem Zusammenhang ist mir zu diesem Thema besonders in anderen Blogs aufgefallen, dass es eine Menge Studenten gibt, die damit prahlen, mit ebensowenig – oder noch weniger Geld über die Runden zu kommen.
Das kann vielleicht sein, auch wenn man das nicht glauben kann, doch was die Menschen vergessen, ist, dass ein Studium im Allgemeinen nach 6-8 Semestern beendet ist, und dann zumindest die Perspektive auf einen einigermassen gut bezahlten Job vorhanden ist, während viele HartIVler keine andere sichere Perspektive haben, als die, den Rest des kümmerlichen Lebens mit diesem Lebensstandard verbringen zu müssen, während an allen Ecken und Enden daran gefeilt wird, dieses Minimum weiter und weiter zu kürzen.
Na, wenn einem da das Herz nicht aufgeht…
Februar 13th, 2008 at 23:02
Klar, irgenwiekommt man auch mit ein paar Euro täglich über die Runden, aber das heimtückische ist ja, daß schnell mal Geld für etwas anders ausgegeben wird und dann eben nicht mal mehr was fürs Essen übrig ist.
Als Student habe ich auch extrem sparsam gelebt, in einer WG von sparsamen Leuten. Aber auch damals war das Problem: Kam irgend ein unerwarteter Haushaltsposten dazu, warst du sofort in der Klemme. Dann gab es nur die Möglichkeit, einen Zusatzjob zu suchen oder bei Muttern die Hand aufzuhalten – wenn man eine hatte. Ich habe die Situation dann zugespitzt, indem ich mir Nachwuchs zugelegt habe ;-)
Man kann ja durchaus darüber fabulieren, wie man mit wenig Geld auskommt. Aber wenn diese satten Sackoträger sich zu Lebenssituationen äußern, die sie keine drei Wochen durchhielten, dann wird mir übel.
Februar 15th, 2008 at 22:20
[...] flatter bei Feynsinn [...]