“Ein bißchen Krieg gibt es nicht”, meint Christoph Seils in der “Zeit” und legt implizit nahe, deshalb den ganzen auszutragen. “Aus Angst vor den Wählern sagen alle Nein” ist die Zauberformel für ein krudes Demokratieverständnis, das den selbstverschuldeten Sachzwang des Krieges höher schätzt als die Meinung der Bürger.
Eine realistische Strategie jedoch, wie der Anti-Terrorkampf noch gewonnen werden kann, gibt es nicht. Es gibt nicht einmal Exit-Strategie“, stellt Seils fest, kommt aber nicht zu der einzig vernünftigen Schlußfolgerung, daß man einen Krieg, den man nicht gewinnen kann, auch nicht führt. Die Frage nach irgend einem Grund, mit dem sich dieser Krieg rechtfertigen läßt, wird nicht einmal gestellt. Man muß kein Pazifist sein, um diesen Unsinn zu verurteilen. Worum ging es noch gleich? Man will verhindern, daß in Afghanistan Terrorcamps unterhalten werden? Wer glaubt, das sei in Afghanistan nicht mehr möglich, verkennt die Lage. Im Gegenteil werden die Kämpfer der Taliban oder wie sie sich sonst nennen mögen, die Reste der einstmals vom Westen verhätschelten Mudschahedin, sich an echten militärischen Gegnern üben. Die Sterblichkeit ist höher, aber das war den Dschihadisten schon immer egal.
Derweil können diejenigen, die lieber in Ruhe und Abgeschiedenheit das Töten lernen, woanders weiter machen. Der gesamte Nahe und Mittlere Osten, der Kaukasus, Pakistan und die halbe Welt eignen sich als Basis zur Ausbildung neuer Kämpfer. Jeder Krieg, sei es im Irak oder in Afghanistan, liefert Motivation und Menschenmaterial dazu. Jeder von NATO-Truppen erschossene Afghane wirbt durch seinen Tod zwei neue Kämpfer an. Wer also “Nein” sagt zu einer Ausweitung der sinnlosen Scharmützel, tut dies aus guten Gründen, nicht bloß “aus Angst” vor den Wählern. Wie kann man überhaupt so borniert sein, Truppen für einen Krieg anzufordern, der nicht einmal ein Ziel hat?
Allein die Anwesenheit der Besatzer, insbesondere der USA, ist Grund für andauernde Gefechte. Ein Großteil der Afghanen wird es niemals akzeptieren, daß fremde Truppen bei ihnen Polizei spielen. Keine Regierung, die von solchen Truppen gestützt wird, hat beim Volk Autorität. Dieses Dilemma ist nicht aufzulösen, darum ist es kompletter Unsinn, Afghanistan den Frieden durch solche Krieger bringen zu wollen. Das müssen die Afghanen selbst hinbekommen. Aber genau das können wir nicht zulassen. Schließlich ist nur der Westen demokratisch, und nur der Westen kann der Welt die Demokratie bringen. Ganz folgerichtig läßt man sich also auch dadurch nicht irritieren, daß die überwältigende Mehrheit im Westen gegen solche Scheißkriege ist.