Anfangs hatte ich vor, ein Blog im Wortsinne zu führen, in vor allem satirischer Absicht, womöglich, nennen wir es despektierlich “kulturkritisch”. Ein Tagebuch im Netz, in dem ich das Tagesgeschehen kommentiere. Nun ist dieses erstrangig politisch, jedenfalls in meiner Denke. Ganz folgerichtig hat es sich zu einem “politischen” Blog entwickelt – mehr als die Hälfte der Beiträge firmieren unter dieser Rubrik, und der Rest hat auch meist mit Politik zu tun. Nicht zuletzt weil das so ist, stellt sich die Frage, wo der Sinn liegt.
Will man Erfolg im Sinne hoher Besucherzahlen haben, ist die Idee, politische Gedanken in einem Blog zu äußern und sich dabei noch differenziert zu äußern (bei aller persönlichen Färbung), ganz schlecht. Noch interessiert das kaum jemanden in diesem Land. Das liegt keineswegs daran, daß Blogs nicht informativ wären. Ich wage zu behaupten, daß mein Archiv einen besseren Überblick über das politische Geschehen in Deutschland seit Ende 2005 bietet als manche Zeitung. Ich bin der Überzeugung, daß es einfach noch nicht so weit ist, damit mehr Menschen zu erreichen. Immerhin einige tausend echte Leser tun sich das hier jeden Monat an, aber verglichen mit den Großen ist das ein Karnickelschiß.
Was tun? Das Streben nach Bedeutung der besagten Art bietet viele Wege, die gemeinhin bekannt sind: Die Zeit, die man zum Kommentieren anderer Blogs hat, auf die großen konzentrieren, dort möglichst auffallen und immer einen Link hinterlassen. In eigenen Artikeln verlinken, bis der Notarzt kommt, so macht man auf sich aufmerksam, und viele werden sich zu Dank verpflichtet fühlen. Dementsprechend gehört auch nicht auf die Blogroll, was man selbst liest, sondern wo man ankommen will. Das geht immer, aber einem politischen Blog wird es nicht viel Glaubwürdigkeit bescheren.
Was sehr gut geht, ist der Bezug auf Themen, die mit dem Netz selbst zu tun haben. Nichts ist erfolgreicher, nichts interessiert die Gemeinde mehr als der Bezug auf sie selbst. Vor allem auf Webangebote zwonull, die riesigen Zulauf haben, konzentrieren – das bringt Klicks en masse. Wenn man Glück hat, sogar Leser. Mein gefragtester Artikel ist nicht zufällig der über SchülerVZ. Mir ist mehr als recht, daß er häufig gelesen und gar von der FAS/FAZ werlinkt wird, aber mit meinem Blog hat er eigentlich recht wenig zu tun. Mein Blogpreis “Feynsinn Underdog” hat deutlich mehr Kommentare als alle früheren, es geht darin halt um Blogs. Auch nicht wirklich mein Thema.
“Politische” Blogs werden darüberhinaus besonders gut gelesen, wenn sie völlig starr eine Linie verfolgen, ein eingefahrenes Klientel bedienen und dabei möglichst radikal daherkommen. Es gibt Ausnahmen, den “Spiegelfechter” etwa, den ich persönlich für überschätzt halte, der aber trotzdem ein verdammt guter Auftritt ist. Aber selbst der wird noch von rechtsradikalen Schmierfinken an “Polularität” übertroffen. Dort trifft sich ein losgelassener Mob, der in keiner Kneipe derart auftrumpfen würde.
Meine Konsequenz aus all dem? Keine. So ist halt das Netz, und wie in allen Medien sind die meist vorn, die das Medium selbst bedienen, anstatt es sich nutzbar zu machen. Ein politisches Blog ist für mich aber Politik pur, die Gesamtheit der erntzunehmenden Blogs sind die Polis oder der Ort der res publica. Hier findet das statt, was “Politik” jenseits verkrusteter Strukturen ausmacht. Hier kann sich jeder äußern, und zwar auf dem Niveau, das er für angemessen hält.