Ich hatte die Pläne zum Mißbrauchsgesetz, so unsinnig sie auch sind, bislang nicht weiter beachtet, weil ich dachte, es handele sich dabei um eine Diskussion, die ohnehin im Sande verliefe. Wenn aber die juristischen Hasardeure um Frau Zypries und die CDU-Paranoiker ernst machen mit ihrer Umsetzung der schon hanebüchenen EU-Vorlage, dann wird es spannend. Zugespitzt formuliert, wird in Zukunft jede sexuell anmutende Handlung Jugendlicher strafbar. Das ist die Quintessenz eines Gesetzes, das von verkalkten weltfremden Moralaposteln gemacht wurde, um in eine Lebenswelt hineinzuregieren, von der sie vermutlich noch nie eine Ahnung hatten. Was Orwells “Jugendliga gegen Sexualität” in 1984, sind die Jünger Zypries’ im Jahr 2007. Das Abscheuliche an diesem wie an den meisten anderen Gesetzen, die Freiheit nicht nur beschränken, sondern ihre Nutzung unter Strafe stellen, ist, daß es jederzeit jeden treffen kann. Man kann sich nicht mehr richtig verhalten, wenn man sich überhaupt verhält. Jeder Kuß, das Outfit, Fotos, eine Einladung ins Kino, ein Geschenk, kann unter Umständen als strafbar betrachtet werden.
Lächerlich die Beschwichtigungen, das sei ja so nicht gemeint. Ein Gesetz ist nicht dazu da, nur in Ausnahmen angewendet zu werden, die es selbst nicht definiert. Ein Gesetz hat die Regel zu definieren, die allzeit Anwendung findet. De facto wird also ein Gesetz beschlossen, das Millionen Menschen zu Kriminellen stempelt, die gestern noch gesetzestreue Bürger waren.
Ich nehme das zwiegespalten zur Kenntnis. Einerseits ist ein weiterer juritischer Baustein eingefügt worden, der einer Diktatur alle Ehre macht, andererseits betrifft das eine Gruppe, der ich noch zutraue, etwas dagegen zu tun: Es ist die klare Aufforderung zu einer Jugendrevolte.