Ich habe ein bisschen in den ‘Cables’ gestöbert und mir einmal Berichte des US-Botschafters in Tunis angeschaut. Man kann ja von denen halten, was man will, aber sie wissen bescheid, und ihre Einschätzungen scheinen in aller Regel recht zutreffend zu sein. Im übrigen auch wirklich nüchtern und reflektierend, ganz im Gegensatz zum Gekrächze des gemeinen Spitzenpersonals. Was die Korruption in Tunesien anbelangt, so war der Einblick jedenfalls schon vor Jahren umfangreich vorhanden, einschließlich der Folgerung, dass das Regime dadurch instabil sei – und es schwierig sei, eine Zukunftsoption zu finden.

Unangenehm wird es immer, wenn Einschätzungen Dritter Erwähnung finden, die nicht eben schmeichelhaft ausfallen. Wie aber soll wohl ein auswärtiger Dienst arbeiten, wenn er die Wahrheit ignoriert? Im Fall von Tunis etwa die als glaubwürdig, aber nicht belegt kategorisierte Aussage eines anonymisierten Informanten über den französischen Botschafter, der eher im Dienste Ben Alis und dessen Frau stünde als in Sarkozys.

Wer sich freilich über Datenraub echauffiert, der weiß wohl nicht, was auch ich nicht wusste: Dass es nämlich inzwischen offenbar Usus ist für westliche Botschaften, über Facebook zu kommunizieren. Die Amis tun’s, die Briten tun’s, die Deutschen tun’s. Dann muss man sich ja über Vertraulichkeit keine Sorgen mehr machen.