Demokratie mit der Lupe gesucht
Posted by flatter under PolitikKommentare deaktiviert
01. Dez 2007 23:46
In Rußland finden Wahlen statt. So war das schon in der Sowjetunion. Allerdings gibt es in Rußland heute eine lupenreine Mehrparteiendemokratie. Alle Parteien, für die Putin aus Zeitgründen nicht antreten kann, sind ein wenig im Nachteil. Sie dürfen sich aber frei Wählen lassen, wenn ihre Kandidaten nicht gerade getötet, inhaftiert oder anderweitig verhindert werden. Gut, da bleibt niemand übrig, aber das ist kein Grund zu verzagen, denn die deutsche Kanzlerin steht voll hinter ihnen:
“Merkel sagte dem Deutschlandfunk, sie hoffe auf eine unabhängige Medienberichterstattung über die Parlamentswahl.”
Die gute Christin hofft immer. Sie glaubt an das Gute. Sie liebt die Menschen.
Ihr Vorgänger ist offenbar ein gekaufter Schweinehund. Merkel scheint einfach nur dämlich zu sein. Für die guten Beziehungen zu Rußland hat beides denselben Effekt: Die Geschäfte gehen gut, und die Menschenrechte gehen vor die Hunde.
Dezember 2nd, 2007 at 12:03
Die Politiklandschaft in Deutschland bietet auch nicht unbedingt mehr sinnvolle Alternativen als derzeit Russland.
Der Grad der Demokratie ist meiner Meinung durchaus ebenso vergleichbar, wie der Umgang mit kritischen Stimmen hier und da.
Die Geschäfte gehen gut, und die Menschenrechte gehen vor die Hunde.
Alles wie gehabt. Ich beschäftige mich damit nur noch am Rande…
Dezember 2nd, 2007 at 12:03
Die Politiklandschaft in Deutschland bietet auch nicht unbedingt mehr sinnvolle Alternativen als derzeit Russland.
Der Grad der Demokratie ist meiner Meinung durchaus ebenso vergleichbar, wie der Umgang mit kritischen Stimmen hier und da.
Die Geschäfte gehen gut, und die Menschenrechte gehen vor die Hunde.
Alles wie gehabt. Ich beschäftige mich damit nur noch am Rande…
Dezember 2nd, 2007 at 13:27
Da sehe ich allerdings noch einen deutlichen Unterschied. Ich wäre der Letzte, der die Zersetzungstendenzen im hiesigen Rechtsstaat leugnete, aber die Omnipräsenz der Gewalt in Rußland, die Niederschlagung jeglicher Opposition und die Gleichschaltung der Presse sind Qualitäten der Unterdrückung, die wir hier nicht haben. In einem solchen Land würde ich nicht leben. Man kann von Rußland nur noch als Diktatur sprechen.
Ich finde es gefährlich, so zu tun, als gäbe es keine Unterschiede mehr zwischen unserer angeschossenen Demokratie und einem lupenreinen Unrechtsstaat. Nicht zuletzt, weil wir den Anspruch erheben müssen, daß mit den Profiteuren der Diktatur keine Geschäfte gemacht werden dürfen.
Dezember 2nd, 2007 at 13:27
Da sehe ich allerdings noch einen deutlichen Unterschied. Ich wäre der Letzte, der die Zersetzungstendenzen im hiesigen Rechtsstaat leugnete, aber die Omnipräsenz der Gewalt in Rußland, die Niederschlagung jeglicher Opposition und die Gleichschaltung der Presse sind Qualitäten der Unterdrückung, die wir hier nicht haben. In einem solchen Land würde ich nicht leben. Man kann von Rußland nur noch als Diktatur sprechen.
Ich finde es gefährlich, so zu tun, als gäbe es keine Unterschiede mehr zwischen unserer angeschossenen Demokratie und einem lupenreinen Unrechtsstaat. Nicht zuletzt, weil wir den Anspruch erheben müssen, daß mit den Profiteuren der Diktatur keine Geschäfte gemacht werden dürfen.
Dezember 2nd, 2007 at 17:19
Ich kenne nicht den persönlichen Standpunkt von Herrn Holm, doch es soll ja Menschen geben (z.B. G8-Gegner), die da ganz andere Erfahrungen mit der staatl. GEWALTenteilung gemacht haben. Erschwerend kommt hinzu, dass die geplanten Werkzeuge der Insi noch nicht voll zum tragen gekommen sind, da geht also noch was.
Ich empfinde die Tendenzen in diesem Land zumindest zu tiefst besorgniserregend.
Zwar ist das Angebot der Parteienvielfalt in diesem Land ungleich grösser als in Russland, doch das ist doch nur vordergründig so.
Am Ende verfolgen alle das gleiche Ziel. Maximale Gewinnoptimierung durch die Verteilung von unten nach oben unter Anwendung korrupter Methoden, die als wirtschaftliche Beraterverträge einen legalen Anstrich bekommen. Ist das jetzt zu negativ? Dann erklären sie mir mal, warum sich Deutschland bis heute weigert, die Europäischen Vorgaben zum Kampf gegen Korruption zu ratifizieren?
Dezember 2nd, 2007 at 17:19
Ich kenne nicht den persönlichen Standpunkt von Herrn Holm, doch es soll ja Menschen geben (z.B. G8-Gegner), die da ganz andere Erfahrungen mit der staatl. GEWALTenteilung gemacht haben. Erschwerend kommt hinzu, dass die geplanten Werkzeuge der Insi noch nicht voll zum tragen gekommen sind, da geht also noch was.
Ich empfinde die Tendenzen in diesem Land zumindest zu tiefst besorgniserregend.
Zwar ist das Angebot der Parteienvielfalt in diesem Land ungleich grösser als in Russland, doch das ist doch nur vordergründig so.
Am Ende verfolgen alle das gleiche Ziel. Maximale Gewinnoptimierung durch die Verteilung von unten nach oben unter Anwendung korrupter Methoden, die als wirtschaftliche Beraterverträge einen legalen Anstrich bekommen. Ist das jetzt zu negativ? Dann erklären sie mir mal, warum sich Deutschland bis heute weigert, die Europäischen Vorgaben zum Kampf gegen Korruption zu ratifizieren?
Dezember 2nd, 2007 at 18:58
Es ist, bei aller Widerwärtigkeit des Vorgehens gegen Herrn Holm, ja doch ein Unterschied, ob das in Einzelfällen geschieht, die für Wirbel in den Medien sorgen oder ob täglich hunderte verhaftet werden, worüber dann niemand berichtet. Es ist ein Unterschied, ob industriefreundliche Steuergesetze gemacht werden oder sich ein Konglomerat aus “Politikern” und Industriellen das ganze Land unverblümt unter den Nagel reißen. Es ist ein Unterschied, ob Opposition und Kritik mit dem Tod bedroht werden oder theoretisch die Möglichkeit besteht, daß man, wenn man Pech hat, vorläufig festgenommen wird. Und es ist ein Riesenunterschied, ob die obersten Gerichte sich gegen eine undemokratische Entwicklung stemmen oder ob sie tragende Säule des korrupten Systems sind.
Selbst wenn man sich in die Behauptung verstiege, Deutschland sei eine Diktatur, gäbe es noch Unterschiede zu Rußland zu benennen. Ich finde es töricht, so zu tun, als gäbe es keinen Unterschied zwischen der Gefährdung des Rechtsstaates und der Tatsache eines unmenschlichen Regimes.
Alles darauf zu reduzieren, daß es Leute gibt, die wirtschaftlich davon profitieren, macht blind für die Möglichkeiten wirksamer Opposition.
Dezember 2nd, 2007 at 18:58
Es ist, bei aller Widerwärtigkeit des Vorgehens gegen Herrn Holm, ja doch ein Unterschied, ob das in Einzelfällen geschieht, die für Wirbel in den Medien sorgen oder ob täglich hunderte verhaftet werden, worüber dann niemand berichtet. Es ist ein Unterschied, ob industriefreundliche Steuergesetze gemacht werden oder sich ein Konglomerat aus “Politikern” und Industriellen das ganze Land unverblümt unter den Nagel reißen. Es ist ein Unterschied, ob Opposition und Kritik mit dem Tod bedroht werden oder theoretisch die Möglichkeit besteht, daß man, wenn man Pech hat, vorläufig festgenommen wird. Und es ist ein Riesenunterschied, ob die obersten Gerichte sich gegen eine undemokratische Entwicklung stemmen oder ob sie tragende Säule des korrupten Systems sind.
Selbst wenn man sich in die Behauptung verstiege, Deutschland sei eine Diktatur, gäbe es noch Unterschiede zu Rußland zu benennen. Ich finde es töricht, so zu tun, als gäbe es keinen Unterschied zwischen der Gefährdung des Rechtsstaates und der Tatsache eines unmenschlichen Regimes.
Alles darauf zu reduzieren, daß es Leute gibt, die wirtschaftlich davon profitieren, macht blind für die Möglichkeiten wirksamer Opposition.
Dezember 2nd, 2007 at 19:19
Generell gebe ich dir ja Recht, doch ist es nicht so, dass man, beschränkt man sich auf die sachliche Auflistung der Missstände in Deutschland, sich auch mit einer Wand unterhalten könnte?
Wer hört denn da zu? Man kann sich über journalistische Qualität streiten, und über grammatische Spitzfindigkeiten, doch das interessiert vielleicht allenfalls eine intellektuelle Minderheit von Bloggern und Journalisten.
Weniger gebildete Menschen kann man mit solchen hochkarätig formulierten Texten nicht hinter dem Ofen hervor locken, weil viele die Aussage solcher Texte gar nicht erfassen können. Darauf kann sich der Verfasser dann zwar was einbilden, der Sache hilft es herzlich wenig.
Doch diese breite Masse ist es, die die zukünfige politische Richtung bestimmt.
Übertreibungen und emotionale Schlagworte gehören im Geschäft der Meinungsmache in diesem Land doch wohl zum guten Ton, um sich Gehör zu verschaffen.
Das habe ich zumindest bei Herrn Schäuble gelernt. Warum also nicht mit den gleichen Waffen zurück schlagen?
Dezember 2nd, 2007 at 19:19
Generell gebe ich dir ja Recht, doch ist es nicht so, dass man, beschränkt man sich auf die sachliche Auflistung der Missstände in Deutschland, sich auch mit einer Wand unterhalten könnte?
Wer hört denn da zu? Man kann sich über journalistische Qualität streiten, und über grammatische Spitzfindigkeiten, doch das interessiert vielleicht allenfalls eine intellektuelle Minderheit von Bloggern und Journalisten.
Weniger gebildete Menschen kann man mit solchen hochkarätig formulierten Texten nicht hinter dem Ofen hervor locken, weil viele die Aussage solcher Texte gar nicht erfassen können. Darauf kann sich der Verfasser dann zwar was einbilden, der Sache hilft es herzlich wenig.
Doch diese breite Masse ist es, die die zukünfige politische Richtung bestimmt.
Übertreibungen und emotionale Schlagworte gehören im Geschäft der Meinungsmache in diesem Land doch wohl zum guten Ton, um sich Gehör zu verschaffen.
Das habe ich zumindest bei Herrn Schäuble gelernt. Warum also nicht mit den gleichen Waffen zurück schlagen?
Dezember 2nd, 2007 at 23:42
Wenn die Waffen scharf sind, ist das gut und richtig. Ich bin allerdings der Überzeugung, daß uns nicht hilft, was der Vierbuchstabenzeitung hilft. Im Gegenteil halte ich es für wichtig, daß ich auch nach Jahren noch sagen kann: Schaut mal, da steht es, und es ist wahr. Dem Geschrei, das die Masse erreicht, können wir einen eigenen Stil, Persönlichkeit oder Autorität entgegensetzen. Diejenigen von uns, die in zehn Jahren noch gelesen werden wollen, tun jedenfalls gut daran. Blogs sind heute noch keine echte Gegenöffentlichkeit, aber sie werden es irgendwann sein. Dann brauchen sie andere Waffen als die Schreihälse aus Politik und Boulevard.
Dezember 2nd, 2007 at 23:42
Wenn die Waffen scharf sind, ist das gut und richtig. Ich bin allerdings der Überzeugung, daß uns nicht hilft, was der Vierbuchstabenzeitung hilft. Im Gegenteil halte ich es für wichtig, daß ich auch nach Jahren noch sagen kann: Schaut mal, da steht es, und es ist wahr. Dem Geschrei, das die Masse erreicht, können wir einen eigenen Stil, Persönlichkeit oder Autorität entgegensetzen. Diejenigen von uns, die in zehn Jahren noch gelesen werden wollen, tun jedenfalls gut daran. Blogs sind heute noch keine echte Gegenöffentlichkeit, aber sie werden es irgendwann sein. Dann brauchen sie andere Waffen als die Schreihälse aus Politik und Boulevard.
Dezember 3rd, 2007 at 14:18
Leider liegt es in meiner Natur, öfter mal verbal unangemessen über die Stränge zu schlagen. Das ist oftmals überflüssig, das gebe ich zu, man kann halt nicht aus seiner Haut… ;-)
Dezember 3rd, 2007 at 14:18
Leider liegt es in meiner Natur, öfter mal verbal unangemessen über die Stränge zu schlagen. Das ist oftmals überflüssig, das gebe ich zu, man kann halt nicht aus seiner Haut… ;-)
Dezember 3rd, 2007 at 16:54
Was den Russen Polizei und Pistole,
ist den Deutschen die etablierte Presse und der Stift.
Soviel zum Thema Demokratie.
Dezember 3rd, 2007 at 16:54
Was den Russen Polizei und Pistole,
ist den Deutschen die etablierte Presse und der Stift.
Soviel zum Thema Demokratie.
Dezember 3rd, 2007 at 23:13
@Don Pepone: Ich beiße mir hier ständig die Zunge fransig. Und ärgere mich noch darüber, wenn ich jemanden “Schweinehund” nenne, weil es nicht eben elegant ist ;-)
@Frank: Was wäre dem Russen dann ein Heribert Prantl?
Dezember 3rd, 2007 at 23:13
@Don Pepone: Ich beiße mir hier ständig die Zunge fransig. Und ärgere mich noch darüber, wenn ich jemanden “Schweinehund” nenne, weil es nicht eben elegant ist ;-)
@Frank: Was wäre dem Russen dann ein Heribert Prantl?
Dezember 4th, 2007 at 17:25
Dem Russen sind das die leute, die andauernd weggesperrt werden – ist mir schon klar, worauf du hinauswillst. Ich wollte nur wie Don Peppone mal etwas provokativer sein. Denn was nutzt 1 Prantl gegenüber 46578 Medienleuten, die anders schreiben, moderieren, kommentieren, senden usw.?
Es gibt ja nun mal nicht nur körperliche und justiziäre Gewalt, sondern auch psychologische und strukturelle, nicht wahr? Und wie soll eine Demokratie funktionieren, in der die Leute gar nicht mehr imstande sind, eine Wahl zu treffen, da sie notorisch desinformiert und verunsichert werden?
Dezember 4th, 2007 at 17:25
Dem Russen sind das die leute, die andauernd weggesperrt werden – ist mir schon klar, worauf du hinauswillst. Ich wollte nur wie Don Peppone mal etwas provokativer sein. Denn was nutzt 1 Prantl gegenüber 46578 Medienleuten, die anders schreiben, moderieren, kommentieren, senden usw.?
Es gibt ja nun mal nicht nur körperliche und justiziäre Gewalt, sondern auch psychologische und strukturelle, nicht wahr? Und wie soll eine Demokratie funktionieren, in der die Leute gar nicht mehr imstande sind, eine Wahl zu treffen, da sie notorisch desinformiert und verunsichert werden?
Dezember 4th, 2007 at 23:31
Ich behaupte nicht, daß diese Demokratie sonderlich gut funktioniert. Und ich bestreite keineswegs, daß die hiesige Medienlandschaft desinformiert und manipuliert. Auch in diesem Land gibt es Konglomerate aus Politik, Medien und Wirtschaft, die ganz klar Interessen dienen und nicht der Demokratie. Unsere Demokratie ist häßlich und wird in diesen Tagen nicht schöner. Das gebe ich unumwunden zu.
Wenn mich die Zustände in Rußland dennoch in Rage bringen, so liegt es an der Hoffnungslosigkeit einer Gesellschaft, in der die wenigen, die die Wahrheit sagen, derart malträtiert werden – und zwar alle.
Von daher sage ich es so: Unser Staat läßt noch Raum für Hoffnung. Und daß die Wahrheit gesagt wird, darum erwähnte ich Prantl, hat durchaus Wirkung auf die Öffentlichkeit, denn sie setzt sich oft durch – wenngleich meist zu spät.
In dieser Situation fällt mir übrigens wieder auf, welch tiefe Schneise der Niedergang des “SPIEGEL” in die Republik geschlagen hat. Mal sehen, on der es bald wieder besser kann.
Dezember 4th, 2007 at 23:31
Ich behaupte nicht, daß diese Demokratie sonderlich gut funktioniert. Und ich bestreite keineswegs, daß die hiesige Medienlandschaft desinformiert und manipuliert. Auch in diesem Land gibt es Konglomerate aus Politik, Medien und Wirtschaft, die ganz klar Interessen dienen und nicht der Demokratie. Unsere Demokratie ist häßlich und wird in diesen Tagen nicht schöner. Das gebe ich unumwunden zu.
Wenn mich die Zustände in Rußland dennoch in Rage bringen, so liegt es an der Hoffnungslosigkeit einer Gesellschaft, in der die wenigen, die die Wahrheit sagen, derart malträtiert werden – und zwar alle.
Von daher sage ich es so: Unser Staat läßt noch Raum für Hoffnung. Und daß die Wahrheit gesagt wird, darum erwähnte ich Prantl, hat durchaus Wirkung auf die Öffentlichkeit, denn sie setzt sich oft durch – wenngleich meist zu spät.
In dieser Situation fällt mir übrigens wieder auf, welch tiefe Schneise der Niedergang des “SPIEGEL” in die Republik geschlagen hat. Mal sehen, on der es bald wieder besser kann.