Der Staat, der seine Feinde außerhalb des Rechts stellt, hört damit auf, ein Rechtsstaat zu sein.
Bei Zeit.de erklärt Dieter Grimm druckreif, woran es dem Insi©minister und seinen Komparsen fehlt: Am fundamentalen Verständnis des Grundgesetzes und seiner Grundlagen:
“Die Mittel des Staates müssen andere sein als die der Terroristen”. Es ist unvermeidlich, daß dem Staat nicht nur die Mittel der Terroristen fehlen, sondern daß er schwach sein muß, um stark zu sein. Ein Rechtsstaat muß Kriminalität und Terrorismus in jeder Form zulassen. Was er nicht verhindern kann, muß er hinnehmen. Diese weise Einsicht ist das Fundament einer freiheitlichen Rechtsordnung. Ein autoritärer Staat kann anderes proklamieren. Erreichen wird er freilich nur eines: Terror.
Dezember 1st, 2007 at 14:13
Wohl wahr! Nach Schäubles Verständnis schützt der Staat die Grundrechte seiner Bürger nicht, sondern gewährt diese. Der Unterschied zwischen den beiden Auffassungen ist fundamental. Der Grundrechtsstaat ist an die Grundrechte gebunden; der Sicherheitsstaat Schäubles ist von solchen Beschränkungen frei und lässt die bürgerlichen Freiheitsrechte zu, sofern dadurch die Sicherheit des Staates nicht beeinträchtigt wird. Was Sicherheit ist, bestimmt der Staat.
Schäuble befindet sich in der staatspolitischen Tradition Carl Schmitts, der Souveränität als “die Macht, den Ausnahmezustand auszurufen” definiert hat. Der Staat hat danach die Souveränität, zur Bekämpfung des Feindes, die Grenzen des Rechts zu beseitigen. Otto Depenheuer, dessen Buch “Selbstbehauptung des Rechtsstaates” Wolfgang Schäuble zustimmend zur Lektüre empfohlen hat, wirft jenen, die wie das Bundesverfassungsgericht den Abschuss eines Flugzeuges verweigern “Verfassungsautismus” vor und fordert die Bereitschaft zum “Bürgeropfer”. “Not kennt kein Verbot” meint Depenheuer und stellt die Frage nach der Zulässigkeit von Folter, Internierung ohne Rechtsschutz und die Reduzierung auf das nackte Leben. Soweit geht Schäuble heute öffentlich noch nicht – aber diese Forderungen liegen in der Konsequenz seines Denkens. Wir nähern uns dem, was der italienische Philosoph Giorgio Agamben meint, wenn er vom permanenten Ausnahmezustand spricht: Der Ausnahmezustand ist die Suspendierung des normativen Gehalts des Rechts bei Fortbestehen der Rechtsordnung.
Hier noch eine recht lesbare Rezension zu Schäubles Gute-Nacht-Lektüre. Darin auch der Verweis auf Di Fabios Erwiderung in der WELT.