"Linksruck" – eine neoliberale Kampfvokabel
Posted by flatter under PolitikKommentare deaktiviert
26. Nov 2007 23:37
Schon ein Blick in die große Suchmaschine zeigt, daß nicht nur ungleich öfter von “Linksruck” die Rede ist als von “Rechtsruck”. Noch erstaunlicher ist, daß es den “Rechtsruck” nur im Ausland zu geben scheint, während der Linksruck sich hier sehr heimisch fühlt. Nach der SPD wurden die Grünen rund um ihren Parteitag von innen und außen eindringlich vor einem “Linksruck” gewarnt, und beiden Parteien wurde im Nachhinein ein solcher attestiert.
Nach der Agenda 2010, die Rot-Grün in die Welt gesetzt hat, mußte man sich schon fragen, wie neoliberal die ehemals linken Parteien wohl noch werden können, und nach Schily fragte man sich, wie reaktionär sozialdemokratische Innenpolitik wohl noch werde. Die eher zaghaften Kurskorrekturen dieses Jahres sind demnach ein kleiner Schritt der Rückkehr zur Normalität. Wenn man sich die Entwicklung der Grünen seit den 80ern anschaut, wäre eine Alternative zu solchen Kurskorrekturen auch der Durchmarsch in die rechtsliberale Ecke. Da stehen aber nicht nur schon andere, eine solche Politik wäre auch nicht mehr als “grün” zu verkaufen. Wenn Oswald Metzger, ein eifernder neoliberaler Misanthrop, die Grünen also vor einem “Linksruck” warnt, ist das sein schales Bier. Er ist halt so: Eindimensional, egozentrisch und immer zur falschen Zeit am falschen Ort. Wenn aber die versammelte Journaille solchem Unsinn plappert, muß man sich wundern. Spiegel, FAZ, WAZ, Focus, Welt, WDR, Tagesschau, um nur einige zu nennen, schließen sich der großen Sorge an. Oswald Metzger wird hofiert, als sei er ein Grüner, nein, als sei er deren neu gewählter Vorsitzender.
Nach dem staatstragenden Theaterstück “Schröder-Schily-Fischer” scheint die Gesellschaft der Hofschreiber zu glauben, man hätte jetzt einen verbrieften Anspruch auf konservativ-liberale Politik in allen Lagern. Nur der Linkspartei billigt man zu, “links” zu sein, denn es steht ja drauf. Diese “Linken” werden allerdings zu Unpersonen erklärt, ihre Führungsfigur auf billgste Weise immer wieder zum Rotfaschisten gestempelt. Oskar ist das inkanrnierte Böse, und zwar nicht, weil er die SPD verlassen hat, sondern vor allem, weil er der Letzte war, der eine eigentlich linke Mehrheit in die Regierung geführt hat. Und damit sind wir bei des Pudels Kern: Es gibt nach wie vor eine linke Mehrheit, wenn die SPD denn noch links sein möchte und die Grünen es bleiben. Es gibt sie heute, und es wird sie auf absehbare Zeit geben. Deshalb muß man das Linke dort ausrotten, wo es lebt. Nützliche Idioten wie Oswald Metzger kommen da nur zu gelegen.
Den Linken aller Fraktionen einen Linksruck vorzuwerfen, ist so durchschaubar und banal, daß bei der Nennung dieser überflüssigen Vokabel jedesmal eine Glocke klingen müßte. Allein die Staatsträger in den Fraktionen lassen sich davon einschüchtern, anstatt sich daran zu erinnern, daß Politik auch etwas mit Überzeugung zu tun hat.
November 27th, 2007 at 14:15
Der Hund liegt in der Vergangenheit begraben. Wir sind ja praktisch mit der kommunistischen Bedrohung aufgewachsen. Wenn sich Menschen an Sachen in der ehemaligen DDR erinnern, die dort vielleicht besser waren, wird diese Art der Erinnerung als erschreckend bezeichnet.
Dahinter steckt System. Nichts könnte dem Grosskapital doch mehr in die eigenen Karten spielen, als die Angst des Volkes vor sozialer Gleichbehandlung.
Menschen definieren sich nur allzu gern über soziale Unterschiede. Daraus ziehen die Menschen täglich die Bestätigung, dass es immer noch jemanden unter ihnen gibt, den man treten kann/darf/muss.
Wo kämen wir denn hin, wenn jeder gleich viel Wert wäre? Am Ende könnten noch solche Schreckgespenster wie menschliche Nähe oder soziale Sicherheit in unserem Land Fuss fassen…
November 27th, 2007 at 14:15
Der Hund liegt in der Vergangenheit begraben. Wir sind ja praktisch mit der kommunistischen Bedrohung aufgewachsen. Wenn sich Menschen an Sachen in der ehemaligen DDR erinnern, die dort vielleicht besser waren, wird diese Art der Erinnerung als erschreckend bezeichnet.
Dahinter steckt System. Nichts könnte dem Grosskapital doch mehr in die eigenen Karten spielen, als die Angst des Volkes vor sozialer Gleichbehandlung.
Menschen definieren sich nur allzu gern über soziale Unterschiede. Daraus ziehen die Menschen täglich die Bestätigung, dass es immer noch jemanden unter ihnen gibt, den man treten kann/darf/muss.
Wo kämen wir denn hin, wenn jeder gleich viel Wert wäre? Am Ende könnten noch solche Schreckgespenster wie menschliche Nähe oder soziale Sicherheit in unserem Land Fuss fassen…
November 28th, 2007 at 20:11
[...] das hier? Beim Lesen dieses Artikels zum aktuell und gewohnt schwachsinnigen Linksruck-gesabber (“Linksruck” – eine neoliberale Kampfvokabel) kam’s mir einfach, dass das alles irgendwie hart suboptimal [...]
November 28th, 2007 at 20:11
[...] das hier? Beim Lesen dieses Artikels zum aktuell und gewohnt schwachsinnigen Linksruck-gesabber (“Linksruck” – eine neoliberale Kampfvokabel) kam’s mir einfach, dass das alles irgendwie hart suboptimal [...]
November 28th, 2007 at 23:32
Mit den Begriffen ist das immer so eine Sache. Ob es hilfreich wäre, neue Vehikel wie “Postliberalismus” o.ä. einzuführen, ist auch diskussionswürdig. Was den “Liberalismus” anbetrifft, hat man gleich den nächsten Diskurs am Hals, zumal, wenn man ihn eben nicht auf eine wirtschaftlich relevante Strömung reduziert. Allerdings dürfte es unstrittig sein, daß der aktuelle “Liberalismus”, zumal der in Deutschland, eng mit einer Wirtschaftsideologie verknüpft ist. Diese wird gemeinhin “Neoliberalismus” genannt, und ich finde die Betitelung gar nicht so unpassend. Diese Spielart des Liberalimus zeichnet sich unter anderem dadurch aus, daß sie völlig auf die Freiheit der Märkte fokussiert und Privateigentum zu einem ideellen Wert stilisiert, von dem sich politische Richtlinien ableiten lassen. Man kann darin sogar eine Variante der Postmoderne sehen. Der Mensch entrückt hier nämlich völlig dem Zentrum der Betrachtung und tritt nur noch in Funktionen des Systems auf. Insofern hat der Neoliberalismus durchaus die Moderne überwunden.
November 28th, 2007 at 23:32
Mit den Begriffen ist das immer so eine Sache. Ob es hilfreich wäre, neue Vehikel wie “Postliberalismus” o.ä. einzuführen, ist auch diskussionswürdig. Was den “Liberalismus” anbetrifft, hat man gleich den nächsten Diskurs am Hals, zumal, wenn man ihn eben nicht auf eine wirtschaftlich relevante Strömung reduziert. Allerdings dürfte es unstrittig sein, daß der aktuelle “Liberalismus”, zumal der in Deutschland, eng mit einer Wirtschaftsideologie verknüpft ist. Diese wird gemeinhin “Neoliberalismus” genannt, und ich finde die Betitelung gar nicht so unpassend. Diese Spielart des Liberalimus zeichnet sich unter anderem dadurch aus, daß sie völlig auf die Freiheit der Märkte fokussiert und Privateigentum zu einem ideellen Wert stilisiert, von dem sich politische Richtlinien ableiten lassen. Man kann darin sogar eine Variante der Postmoderne sehen. Der Mensch entrückt hier nämlich völlig dem Zentrum der Betrachtung und tritt nur noch in Funktionen des Systems auf. Insofern hat der Neoliberalismus durchaus die Moderne überwunden.