Unser allseits hochgeschätzter Bundesinnenminister hat bei ZEIT online versucht, Argumente zu finden für seine Attacken auf den Rechtsstaat. Es ist zum größten Teil ein waberndes Blabla, in dem die einzelnen Maßnahmen zur Einschränkung der Bürgerrechte keine Erwähnung finden. Das ist übrigens bezeichnend für die Reden der Befürworter dieser Maßnahmen: Sie versuchen, möglichst nichts Konkretes zu erwähnen, zumindest zu bagatellisieren und dafür zu sorgen, das man keinen Zusammenhang zwischen den einzelnen Maßnahmen herstellt.
Einige Aussagen Schäubles verdienen dennoch eine Antwort:

“Wer ist unfreier: der Bürger, der sich aufgrund einer Sorge vor Kriminalität zu bestimmten Zeiten nicht mehr an bestimmte Orte traut, oder derjenige, der bestimmte Räume meidet, weil sie videoüberwacht sind?”

Perfide und schon beinahe genial. Schäuble malt ein Schreckensszenario nach dem anderen und läßt die Leute überwachen. Dann fragt er, was schlimmer ist.  Angst und Überwachung sind aber gleichermaßen sein Werk und das seiner Ko-Paranoiker. Es gibt keinen Grund, Angst zu haben. Es gibt keinen Grund, das Volk zu überwachen.

“Ich weiß, dass diese Debatte sensibel ist. Ich verstehe aber nicht, warum wir sie deswegen gar nicht führen sollen. Wir müssen unsere Antworten auf die sich verändernde Realität in der öffentlichen Debatte finden. Tabuisierung ist die falsche Antwort.”

Wer tabuisiert etwas? Nur: Während die einen debattieren, schaffen die anderen Fakten. Das Tabu ist die Zerstörung der Freiheitsrechte. Allerdings: Tabu!

“Wir dürfen aber vom Staat auch nicht das Unmögliche verlangen: Auf der einen Seite soll er Unrecht und Gewalt möglichst ausnahmslos unterbinden und zugleich in freiheitlicher Distanz und Diskretion nichts sehen, nichts hören und nichts fragen. Deswegen ist mein Verständnis von Datenschutz nicht, dass sich der Staat selbst blind und dumm macht.”

“Unrecht und Gewalt möglichst ausnahmslos unterbinden”! Diesen Eifer legen nicht einmal Diktatoren an den Tag. Die Alternative sei “Blindheit” und “Dummheit”. Schärfer kann man nicht polarisieren, und es ist klar, wo Schäuble dabei steht. Von diesem Ort aus kann man von der Demokratie nur noch den Rauch sehen. Ist das blind, dumm oder bösartig?

“Bei der akustischen Wohnraumüberwachung hat etwa die Kernbereichslehre dazu geführt, dass ein in der Verfassung abgesichertes Ermittlungsinstrument weitgehend ins Leere läuft. Dem Gesetzgeber muss aber der notwendige Spielraum verbleiben, um seine rechtsstaatlichen Aufgaben wahrzunehmen. Dafür ist er – und nur er – demokratisch legitimiert.”

Dies sagt Schäuble zu den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Und so ein Demokrat ist er: Gewaltenteilung und Kontrolle der Obrigkeit ist für ihn “nicht (demokratisch) legitimiert”. Der Gesetzgeber ist die Verfassung. Er hat immer recht. Es gelingt Schäuble nicht, mit seiner zutiefst rechtsstaatsfeindlichen Gesinnung hinterm Berg zu halten, und das, obwohl er gern von Seifenblase zu Seifenblase schwebt. Es ist nicht mehr nötig, daß er sich erklärt. Wir wissen längst, mit wem wir es zu tun haben.