Frank-Walter Steinmeier hat allen, die es wissen wollen, deutlich gemacht, was “Realpolitik” bedeutet:

Ich habe aber auch gesagt, dass es das Recht des Parteivorsitzenden ist, seine Haltung nicht allein an messbaren Erfolgen der Reformpolitik zu orientieren, sondern auch an Ängsten, die er in der Bevölkerung wahrnimmt. Und zweitens, das war entscheidend, war mir klar, welches öffentliche Signal die Distanzierung eines designierten Stellvertreters von der Position des Parteivorsitzenden bedeutet hätte.

Messbare Erfolge” ist die Formel für die unterdrückte Behauptung, die Agenda 2010 sei der Grund für den Rückgang der Arbeitslosigkeit. Daß da gar nichts meßbar ist, muß ihm nicht erst die Physikern erklären, er hört sich halt gern reden. Oder in welcher Maßeinheit mißt man Erfolge?
Und wenn es denn eine gäbe – wie rechne ich die Weltkonjunktur heraus, die Deutschland noch immer ein vergleichsweise geringes Wachstum beschert? Ganz spannend wird es aber, wenn das Blatt sich wieder wendet, die Binnenkonjunktur immer noch nicht nahgezogen hat und das Beil zurückschwingt. “Nachfrage”? Was ist das denn?
Dieser ökonomistische Tinnef – abgekupfert von den immer gleichen Wirtschaftweisen, die schon seit Jahren dafür sorgen, daß es nicht recht vorangeht, ist nun Schaum genug, um Beck ungestraft aufs Maul zu hauen:
Der Vorsitzende “nimmt Ängste in der Bevölkerung wahr“. Die irrationale Panik des Pöbels also ist Entscheidungsgrundlage? Klar hätte der vernünftige Politstratege da anders entschieden. Und nicht einmal den “Ängsten”, die einen nicht eben hohen Rang in der Liste guter Gründe haben, gesteht Steinmeier Wirklichkeit zu: Beck nimmt sie nur wahr. Das heißt ja nicht, daß irgend etwas dran ist an diesen Ängsten.
Distanzierung eines designierten Stellvertreters” geht nun gar nicht. “Ich bin doch nicht blöd und halte meinen Kopf für meine neoliberalen Kumpels hier hin” heißt das. Nein, Steinmeier scharrt nicht mit den Hufen. Er läßt eher den Münte über die Klinge springen, als seine Meinung offen zu sagen. Er buckelt vor Beck, solange der halbwegs fest im Sattel sitzt.
Beck wiederum wird wohl nicht so stark sein, Steinmeier für diese Bodenlosigkeit in die Wüste zu schicken. Ein “designierter Stellvertreter”, der seinen Chef durch die Blume zum Deppen stempelt, den man halt ertragen muß, ist freilich kaum tragbar. Wirklich erschütternd ist aber nicht diese geheuchelte Pseudoloyalität. Erschütternd ist der Pudding, der Steinmeier da herausquillt, wo andere ein Rückgrat haben.