geisslerIch habe mir große Teile der “Schlichtung” um S21 zu Gemüte geführt. Desch war wohl sähr luuschtig. Jedenfalls für den Vertreter der Deutschen Bahn, dessen Dauergrinsen die Veranstaltung überstrahlte wie die rostigen Tonnen das Grundwasser über der Asse. Es gibt einige sachliche Dinge anzumerken, im Großen und Ganzen werde ich aber meinen Eindruck wiedergeben. Denn das ist es, worum es ging, auch wenn die meisten Beteiligten das nicht verstanden haben.

Als könne man sich je über das Projekt oder auch nur wichtige Einzelheiten einigen! Das will vor allem die Bahn nicht, denn jede Abweichung vom Plan wäre eine Niederlage, jeder nachgewiesene Fehler ein Fehler der Befürworter und jedes Entgegenkommen das Eingeständnis, das da etwas nicht ganz koscher lief. Vor allem aber: Da niemand wirklich danach fragt, wer von dem Projekt profitiert und wer mit wem gemauschelt hat, sind die Entscheidungsträger zum erheblichen Teil gar nicht anwesend. Die interessiert schon mal gar nicht, was in Geißlers Quasselrunde vereinbart wird.

Daher ist es auch müßig, von der DB zu erwarten, irgendeine logische Schlussfolgerung aus den Gutachten und Disputen zu ziehen. Im Gegenteil: Je plausibler die Argumente der Gegner, desto harscher wird die Linie verteidigt. Bahnvorstand Kefer demonstrierte das eindrucksvoll: Die Gegner von S21 gehen von Kosten in Höhe von 7,5 Milliarden Euro aus. Dementgegen schätzen sie den Ausbau des Kopfbahnhofs (K21) auf 2,5 Milliarden – auf Basis des gleichen Kostenniveaus. Kefer geht nun hin, nimmt die Kosten von 2,5 Milliarden für K21 und rechnet sie gegen die von der DB veranschlagten 4.1 Milliarden für S21. Er kommt also auf einen Unterschied von 1,6 Milliarden Euro, weil er für S21 blauäugig niedrige Kosten ansetzt und für K21 eben die deutlich höheren.

Geißlers Quasselrunde

keferMit solcher Mathematik kann man Raumschiffe fliegen, wissen wir von Doglas Adams, und wenn man Kefer ein bisschen weiter ‘rechnen’ ließe, bekäme er sicher noch Geld raus, wenn er Stuttgart untertunneln lässt. Und während er sich also solchen Mumpitz leistet, gibt er den Pikierten, wenn die Gegenseite deutlich macht, dass sie die Zahlenbasis der Gutachten anzweifelt und droht an, den Saal zu verlassen. Schließlich hätte man sich darauf geeinigt, dass die Wirtschaftsprüfer die Berechnungen der Bahn plausibel fand. Die zugrundeliegenden Zahlen sind allerdings nach wie vor geheim. Eine grandiose Grundlage für eine “Schlichtung”.

Heiner Geißler versucht derweil nur noch, das Nötigste an Nachvollziehbarkeit für das ermüdete Publikum sicherzustellen und verliert dabei offenbar selbst den Faden. Es kommt ihm weniger darauf an, was Wahrheit oder Lüge ist, und er will den Kotrahenten auch nicht die Gelegenheit geben, sich über entscheidende Hintergründe zu streiten. Er will nur Ordnung haben in der Debatte und auswerten, was bereits begutachtet wurde. Und wahrscheinlich endlich seine Ruhe. Verständlich.

Wie gesagt, ist der Sinn der Schlichtung aber ein anderer: Es sollte offen diskutiert werden, die Menschen wollen auch Argumente hören, vor allem aber wollen sie sehen, wer da auf welcher Grundlage diskutiert. Die Frage der Grundlage ist dabei nicht die nach technischer Kompetenz, sondern die nach Authenzität. Die Frage, wer da entscheidet ist die, ob man denen vertrauen kann. Das war eigentlich schon nach der ersten Sitzung klar und bestätigt sich seitdem.

Grinsende Zombies

kefgoenWer vorher noch nicht gegen S21 war und sich von Sympathien leiten lässt, ist entweder Parteisoldat der CDU oder angewidert von den prominenten Vertretern der Befürworter. Lassen wir Herrn Mappus einmal außen vor, der sich ab und an die feudale Ehre gab, er hat sich ja nicht an den Gesprächen beteiligt. Wie kann man aber auf die Idee kommen, das konhorrible Paar Kefer/Gönner könne Sympathien für das Projekt erwecken? Die inkanierte Arroganz Kefer mit seinem zombiehaften Grinsen, an dessen Lefzen Tanja Gönner hängt, die ihm wohl am liebsten ganz in den A..ktenkoffer kriechen möchte. Spontan setzt sie ihr affektiertes Lachen auf, wann immer der Meister vermeintlich einen Treffer landet. Immerhin, man sieht, wer da Koch ist und wer Kellnerin.

Diese Fehlbesetzung und die unübersehbare Tatsache, dass vor allem die Landesregierung keinerlei Mühen investiert, ihre Gegner zu überzeugen, machen die Schlichtung zur Farce. Sie haben nicht begriffen, dass dies keine Parlamentsdebatte ist, bei der eh keiner zuhört und nachher die Macht der Mehrheit für das Abnicken der zuvor bereits feststehenden Beschlüsse ausreicht. Dass sie diese Macht haben, wusste schon vorher jeder, ebenso wie jeder weiß, dass Stuttgart21 doppelt so teuer wird wie heute behauptet. Erwartet hatte man ein bisschen Einsicht, ein wenig Werben um diejenigen, die man bislang links hat liegen lassen. Was die Macher von S21 hingegen zelebriert haben, ist die blanke Ignoranz. Dazu hätte es dieser Veranstaltung nicht bedurft.