An den Haaren herbeigezogen: Neoliberale Argumente
Posted by flatter under Politik[39] Comments
11. Nov 2010 11:02
Dass Propaganda funktoniert, erlebe ich jedesmal, wenn ich auf das Thema “Erbschaftssteuer” zu sprechen komme. Die Zuschauer von Tagesschau und Anne Will haben beinahe alle dieselbe Antwort parat: “Aber wenn ein Betrieb Erbschaftssteuern bezahlen muss, dann geht der doch pleite!”.
Noch niemand hat bei einfachem Nachhaken dieses Argument aufrecht erhalten können. Es entspringt auch sehr offensichtlich nicht dem Denken dieser Menschen, sie haben es vielmehr aufgeschnappt.
Allein schon sofort auf “Betriebe” zu kommen, ist doch sehr merkwürdig. Wie viele Erben sind Besitzer eines Betriebes? Wie kommt man darauf? Wie viele Betriebe wiederum sind im Besitz von Privatleuten, also keine Aktiengesellschaften oder sonstige Gesellschaften mit mehreren Anteilseignern? Wie viele dieser Betriebe wiederum ließen es nicht zu, dass ein Teil ihres Wertes als Steuer gezahlt werden kann – als Teil eines Privatvermögens, wohlgemerkt? Und wenn es also dann noch Betriebe gibt, die übrigbleiben, wo ist dann das Problem, sie zu verkaufen? Als fände ein profitabler Betrieb keinen Käufer – was im übrigen ja hieße, er sei wertlos, womit wiederum keine Steuer anfiele. Dass man sich schließlich über einzelne (!) Sonderregelungen unterhalten kann, wird ebenfalls unterschlagen.
Die Ausnahme von der Ausnahme der Ausnahme wird herangekarrt, um die Regel zu widerlegen, dass nämlich eine hohe Erbschaftssteuer wirtschaftlich äußerst positive Wirkungen hätte. Und doch haben ‘Argumente’ aus solchen Sphären der Dummheit Hochkonjunktur.
Über eine Vermögenssteuer, die fast überall in der Welt erhoben wird, wird in Deutschland gelogen, das lohne sich nicht. Auch dieses ‘Argument’ kennt fast jeder auswendig.
Eine Finanzmarktsteuer lohne sich nur, wenn sie möglichst weltweit eingeführt werde, heißt es. Das Kapital wandere sonst ab.
Dieses Argument ist nur deshalb halbwegs rational, weil es immerhin einen Effekt beschreibt, den es tatsächlich gibt. Allerdings ist es wiederum Teil einer maßlosen und erbarmungswürdigen Verelendungstheorie, mit der kaum eine andere Verschwörungstheorie mithält.
Das hören wir ja ständig, dass der “globalisierte Wettbewerb” Deutschland bedroht. Damit werden noch Niedriglöhne von Friseurinnen begründet, weil die Haare sonst alle nach Rumänien auswandern. Mein Nachbar hat auch schon eine Glatze.
Vom Wettbewerb bedroht
Dass überhaupt der Wettberwerb, dem immer das Wort geredet wird, weil er alles zum Guten regelt, eine Bedrohung darstellt, müsste schon für reichlich Kopfkratzen und Haareraufen sorgen. Und dass ausgerechnet der abonnierte Exportweltmeister ständig von internationalen Wettbewerb bedroht ist, schickt auch die letzte Synapse noch in Urlaub. Man will uns für strunzdoof verkaufen.
Das Gegenteil ist richtig. Deutschlands wirtschaftliche Macht ist erdrückend. So erdrückend, dass die G20 es kaum wagen, nachhaltig gegen die brutalen Außenhandelsüberschüsse der Teutonen zu protestieren. Wenn diese Wirtschaftsmacht vorschlüge, Druck vom Kessel zu nehmen, die Welt würde aufatmen. Konkret wäre schon im Schulterschluss mit den Franzosen, die sicher nichts dagegen hätten, die Einführung einer Finanzmarktsteuer in der EU sicher machbar. Deren Gewicht wiederum würde auch andere überzeugen. Und wer dann partout nur noch in Südostasien handeln will, dem kann man ebenfalls Angebote machen, die er nicht ablehnen kann.
Dazu wäre es allerdings nötig, dass die Staaten sich ab und an räuspern würden, wo die Lobbyisten der Finanzwirtschaft ständig kläffen. Anstatt sich zu unterwerfen, müsste die eigene Macht in die Waagschale geworfen werden. Und genau deshalb ist das Programm der Neoliberalen darauf ausgerichtet, den Staat so weit wie möglich zu schwächen, zurückzudrängen und zu unterminieren. Nicht, weil mehr Staat “der Wirtschaft” schadet, sondern weil er den Gewinnen der privaten Eigentümer im Weg ist. Der Stabilität der Wirtschaft aber schadet genau diese Profitstrategie, und zwar immens.
Es gibt keine Alternative
Man kann die neoliberale Propaganda durch sämtliche Instanzen jagen, sie bricht in sich zusammen, sobald man näher hinschaut. Dass der Staat nicht gut wirtschaften könne, ist längst widerlegt. Sei es durch haarsträubende ‘PPP‘-Projekte, die Kommunen in die Pleite trieben, sei es durch das Versagen privater Banken, sei es das Versagen von Konzernmanagern, die sowohl private als auch öffentliche Betriebe ruiniert haben. Die Posaunen von Jericho haben dann zum vorläufig letzten Akt geblasen, als der Staat die privaten Banken vor dem Untergang retten musste. Nichts ist wahr an der Propaganda. Sie versteigt sich ja noch in die äußerst erfolgreich lancierte Parole “Sozial ist, was Arbeit schafft”. Auch wer ungern an die ‘zwölf Jahre’ erinnert wird, kann nicht leugnen, dass dieser Satz behauptet, Auschwitz sei sozial gewesen. Sehr sozial sogar.
Es sind nicht de Instanzen, es ist nicht die Verfassung, nicht der Staat als solcher und nicht die Gesellschaft, die falsch konstruiert sind. Es ist nicht einmal so, als gäbe es keine Macht, die dem neoliberalen Treiben ein Ende setzen könnte. Es besteht obendrein durch das Ausmaß der wieder verdrängten Krise dringender Handlungsbedarf. Dennoch finden Korrekturen nicht statt, und jede Alternative wird im Diskurs sofort untergepflügt, getreu dem ebenfalls neoliberalen Slogan “Es gibt keine Alternative”. Der status quo ist das Resultat von Ideologie und Propaganda.
Hier ist der Scheideweg. Wenn es nicht gelingt, der Wirklichkeit zum Durchbruch zu verhelfen und die tumbe Manipulation zurückzudrängen, geht die Demokratie mit der Wirtschaftsform unter, der sie stets den Vortritt vor den eigenen Anforderungen lässt. Noch ehe sie sich hat entwickeln können, taumelt sie in den Abgrund. Die Menschen werden sich merken, dass sie nichts taugt – und obendrein womöglich dem nächsten kapitalistischen Experiment verfallen, denn das ist ja alternativlos.
November 11th, 2010 at 11:57
Es dreht sich einem meistens der Magen um.
z.B. hier:
https://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33642/1.html
Deutschland konnte am Weltmarkt nur dank Billiglöhnen mithalten.
Eine Abwertung der DM hätte die gleiche Wirkung gehabt.
Der Mann hat keine Ahnung!
Abwertungen sind Lohnkürzungen gegenüber dem Ausland.
Wenn die USA abwerten kürzen sie also die Löhne.
Das bedeutet amerikanische Arbeiter können weniger deutsche Waren kaufen.
Und dann schreiben Nichtahnungshabende wieder etwas von Wettbewerb etc.
Gäbe es überhaupt die Notwendigkeit zum Wettbewerb wenn das Wissen der Menschen ein kollektiv frei verfügbares wäre.
Die Chinesen zahlen einen hohen Preis für das Wissen des Westens.
Die arbeiten nicht freiwillig für so niedrige Löhne.
Ob Bangla Desh die Textilien herstellen für die Welt dadurch Zugang zu Wissen bekommen haben bezweifel ich.
Es ist eben eine einzige Riesenheuchelei.
November 11th, 2010 at 12:34
Die eigentliche Frage lautet also: Wie haben es die neoliberalen Vorkämpfer geschafft, unsere Gesellschaft zu unterminieren und wie kann es die Gesellschaft schaffen, sich davon zu befreien.
Es ist ja nicht nur ein wirtschaftliches Problem. Einem Großteil der Gesellschaft scheint die Fähigkeit zum reflektierten Denken abhanden gekommen zu sein. Die offensichtlichen Lügen werden ungefragt nachgeplappert und vehement verteidigt, sobald sie irgendeine persönliche Emotion berühren. “Endlich sagt´s mal einer” und “Geiz ist geil” sind die Parolen der Zeit.
Das “Haben” hat sich so agressiv und widerlich in den Vordergrund gedrängt, dass es für das “Sein” kaum noch Möglichkeiten gibt, sich zu äußern.
Wie dreht man das wieder um?
November 11th, 2010 at 12:35
Erben sind nicht immer so schlau einen Betrieb auch zu führen.
Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen.
Meine Lehrfirma war so ein Erbenkonsortium. Die Erben damals hatten NULL Ahnung von der Führung einer Firma.
Es dauerte nur wenige Jahre, dann war die seit vielen Jahrzehnten erfolgreiche Firma von den eingesetzten Dipl. Kfm. und Dipl. Ing. an die Wand gefahren worden. Das waren ja nur “Angestellte” der Erben, die dann den Gewinn abschöpften ohne die Folgen zu erkennen. Da die eingesetzten Geschäftsführer ebenfalls nur im eigenen Interesse arbeiteten, ohne an den Erhalt der Firma interessiert zu sein, klappte die Zerstörung von über 150 Arbeitsplätzen.
November 11th, 2010 at 13:22
Zitat: “Dass Propaganda funktoniert, erlebe ich jedesmal, wenn ich auf das Thema “Erbschaftssteuer” zu sprechen komme. Die Zuschauer von Tagesschau und Anne Will haben beinahe alle dieselbe Antwort parat: “Aber wenn ein Betrieb Erbschaftssteuern bezahlen muss, dann geht der doch pleite!”.”
Genau deshalb passiert auch nichts, da viele Menschen an diese Propaganda glauben und jedes mal die auch noch nachbeten. Staatschulden ist auch so ein tolles Thema, wo man schnell merkt wie desinformiert die meisten sind. Man wird darunter auch viele finden, die die Sparmaßnahmen sogar richtig finden und es kaum berührt, dass derzeit auch Errungenschaften auf dem Altar der Marktwirtschaft geopfert werden, für die die Menschen mal hart gekämpft haben.
In unserer Gesellschaft gibt es allerdings niemand mehr, der für die Arbeitslosenversicherung, für die Krankenversicherung und für die Rente gekämpft hätte. Die Mehrheit wurden in dieses System hinein geboren und viele können sich das daher überhaupt nicht vorstellen was das Fehlen und Privatisierung dieser staatlichen Instrumente wirklich bedeutet. Deshalb geht aber in Deutschland wohl niemand für die Renten- und Krankenversicherung auf die Straße, obwohl es jeden Durchschnittsmenschen betrifft und es eine unmittelbare Auswirkung darauf hat was im Portemonaie übrig bleibt.
Ich befürchte daher, dass diese Sparorgien noch dazu führen werden, dass wir uns in einer schlimmen Depression wieder finden, wo es für Millionen keinen Strohhalm mehr geben wird, der ihnen ein würdiges Dasein ermöglicht. Schon heute führt die Vermögensverteilung dazu, dass es immer dickere Sparkonten gibt, während die breite Masse verarmt. Es ist viel zu viel spekulatives Kapital unterwegs, was zu weiteren Verzerrungen noch führen wird, die schon heute als kleine Blasen für jeden Interessierten sichtbar sind.
Diese Ideologie ist halt aber eine Ideologie der Gier, die wenig übrig für die Zukunftsprobleme der Menschheit insgesamt hat. Die hat aber, leider, schon immer existiert und die wird es immer geben solange Menschen Luxus und Sachwerten eine solche Bedeutung beimessen, wie sie es heutzutage und in ihrer ganzen ganzen Vergangenheit getan haben. In der Zeit der Vorindustrialisierung mag das nämlich erstrebenswert gewesen sein in Saus in Braus zu leben, während andere hart arbeiten mussten. Heutzutage muss man also den Menschen beibringen, dass ihr technischer Fortschritt dazu geführt hat, dass ein Leben im Luxus für jeden machbar ist, denn der wahre Luxus besteht darin Zeit zu haben und das zu tun wozu man Lust hat.
Das Problem wird sich also erst dann wirklich erledigt haben, wenn wir gelernt haben den technischen Fortschritt gesellschaftlich und nicht marktwirtschaftlich zu nutzen und wenn die Mehrheit hat davon zu träumen als Millionär leben zu wollen.
November 11th, 2010 at 14:12
Die bisherige Krankenversicherung wo jeder nach seiner Leistungsfähigkeit , in % seines Lohnes einzahlt, aber jeder die gleichen Leistungen erhält, ist zugunsten eines Systems umgewandelt worden, in dem jeder das gleiche zahlt. Bessere Leistungen erhalten nur noch Vermögende und Besserverdienende.
Als das Gesetz im Bundestag verabschiedet wurde, gab es keine Proteste. Nichts.
Sachverständige Ideologen, deren Meinung man gegen Geld kaufen kann, wie Franz jubeln , wieder ist es gelungen die Lohnspreizung zu vergrößern und das Lohnniveau zu senken.
November 11th, 2010 at 15:20
Du verdichtest Wahrheiten wie ein Wahrheitskompressor. Dein Produkt ist komprimierter Wahrheitsextrakt. Ich bewundere, mit welcher Unermüdlichkeit du all diese Wahrheiten ans Tageslicht schaufelst, wieder und wieder, in dieser und anderer Form.
Analysiere doch mal, nur mit Hilfe deines Sprachgefühls, die Phrase von der “Schaffung” eines Arbeits”platzes”. Vielleicht öffnet sich dir dann der Blick auf die Tatsache, dass unendlich viele dieser “Plätze” keinen Sinn außer dem des Systemerhalts haben.
Das System wiederum hat ausschließlich das (kutzzeitig segensreiche) Ziel, aus Geld mehr Geld zu machen durch Verzinsung von “Erspartem”. Das kann ein noch schweißfeuchter Fünfhunderter sein, aber eben auch die Milliarde. Ab einem, durchaus rechnerisch zu ermittelnden Zeitpunkt, kann der geschaffene Wert nicht mehr mithalten mit der Automatik der Geldvermehrung durch Zinseszins und dessen weitere Steigerung durch Hokuspokus.
Vielleicht kommst du irgendwann dazu, deine Wahrheiten von dieser Grundwahrheit abzuleiten. Und das diese mit Irrsinn beladene Rakete weder von Böswilligen oder Gutwilligen angetrieben wird oder aufgehalten werden kann.
November 11th, 2010 at 15:55
“Man muss die Leute zuhause abholen”; viel deutlicher kann man es nicht sagen. Warum ist die Gesellschaft wie sie ist, warum träumen die alle vor sich her, obwohl es so offensichtlich schlecht ist, warum wehrt sich keiner…
Die Mehrheit ist mit dem Überleben beschäftigt, egal ob man seinen Lebensunterhalt gerade so, richtig gut oder nur noch als Aufstocker bestreiten kann. Selbst für jene mit guter Ausbildung versehenen, jungen und erfolgreichen ist nichts mehr kalkulierbar. Planungssicherheit ist Luxus.
Die Leute sitzen daheim und haben das Gefühl, dass etwas schief läuft, wissen aber nicht was. Und selbst wenn, geben sie sich der altbekannten Mähr des “was kann ich alleine (!) schon tun” hin.
So gerne ich bei Dir lese, die richtigen erreichen wir damit nicht.
Die richtigen erreichen wir auf der Straße, bei den Ämtern und vielleicht in der Nachbarschaft.
Das wird dauern, erfordert Bewegungsbereitschaft und Durchhaltevermögen.
November 11th, 2010 at 16:18
Der Irrsinn und die offensichtlichen Widersprüche der neoliberalen Ideologie verdeutlichen unverblümt im selben Maße die Macht derer, die diese predigen.
Vieles lässt sich so einfach widerlegen, dass man umgekehrt eine enorme Propaganda betreiben muss, damit dies nicht offen auffällt. Man schafft es aber durch die alt hergebrachten Machtinstrumente (divide et impera, panem et circenses), gepaart mit publizisitischer, politischer, ökonomischer Macht immer wieder, die bestehenden Machtverhältnisse aufrecht zu erhalten. Langfristig ein Gesellschaftsbild etablieren, welches von seiner Grundkonstruktion her (purer Egoismus) den Erfordernissen der eigenen Ideologie dient, diese mit der Zeit festigt. Freizeit und Bildung ist diesem Ziel abträglich, daher u. a. auch die ständigen Forderungen nach längerer Arbeitszeit – wer den ganzen Tag im Büro hockt oder in der Werkhalle schuftet, ist weniger gefährdet, von subversiver anti-neoliberaler Propaganda im Geiste verseucht zu werden.
Alleine die klassischen Modelle der freien Marktwirtschaft sind derart abstrus realitätsfremd, dass jeder, der über einen IQ oberhalb der Zimmertemperatur verfügt normalerweise diese kleine Sekte auslachen müsste, die an die segensreichen Wirkungen ihrer “unsichtbaren Hand” glaubt.
Enttäuschendstes Anzeichen für den weit fortgeschrittenen Umbau der Gesellschaft und den Erfolg der Hirnwäsche bzw. Antikommunistischer/-linker Propaganda sind gerade die Personen, die selbst starke Zweifel an den bestehenden Verhältnissen haben, die Widersprüche erkennen, in jeder Diskussion den kürzeren ziehen – aber diese umso intensiver verteidigen. Und trotz allem immer wieder SPD, Grüne, CDU, CSU und FDP wählen. Oder gar nicht. Auf jeden Fall nicht die Linke oder sonst eine Alternative.
November 11th, 2010 at 16:20
Schöner Artikel mit sehr instruktiver Grafik. Kompliment.
“Man will uns für strunzdoof verkaufen.” Das ist genau der Punkt. Eine Volkswirtschaft, die ihre Leistungen auf dem Weltmarkt unter Preis verkauft -umschrieben mit dem schönen Wort “Wettbewerbsfähigeit”- und deshalb Exportweltmeister ist (das auf pro Kopf zu beziehen scheint mir sinnvoller zu sein als 80 Millionen und 1,3 Milliarden gegeneinanderzustellen), braucht eine Bevölkerung, der man weiß machen kann, es liege in ihrem Interesse, für zu wenig Lohn zu arbeiten. Weniger für die Arbeit, dafür mehr für die “Investoren” in den “Standort Deutschland”. Wer sich mal anschaut, wem unsere “global Player” gehören, wird sehen, dass diese “Dummheit” von den Kapitalmärkten durchaus sehr geschätzt wird.
Mit dem Kapitalismus mit gewachsen ist die Verschleierung der Tatsachen, dass es um Ausbeutung und Verwertung von Kapital geht und der Profit letztlich das einzige Movens der Ganzen Veranstaltung ist. Parallel zum Bewusstsein der Benachteiligten ist die Ideologische Unterfütterung der bestehenden Verhältnisse gewachsen und die neoliberale Theorie eignete sich dafür ganz vorzüglich und wenn dann sogar noch unsichtbare Hände ins Spiel kommen, dreht sich der Verstand vollends links ein und Rührung kommt auf ob eines solchen Wunders.
Das Ganze ähnelt stark einer Entwicklung, die sich z. B. auch bei der christlichen Religion beobachten lässt: Auf jeden Häretiker, der das Konstrukt zum Einstürz bringen will folgt ein Bautrupp, der es weiter verstärkt, verklausuliert und Theorien und Begründungen hinzufügt, die das Konstrukt immunisieren sollen. Man brauchte immer mehr Theologen, die dicke Bücher verfassten und die Kritik zu einem Fall für den Experten machten. Heute ist das System für Laien von innen heraus nahezu unangreifbar. Alternativ kann man natürlich auch den Kritiker einäschern -was ja bekanntlich gerne gemacht wurde.
So entsteht eine theoretische Festung aus scheinbaren Plausibilitäten, die für Kritiker immer schwerer anzugreifen ist, selbst wenn der reine Augenschein die Theorie Lügen zu strafen scheint.
Beispiel: Massenarbeitslosigkeit. Seit 30 Jahren jagt man das Phantom “Vollbeschäftigung” und füttert die Öffentlichkeit erfolgreich abwechselnd mit leeren Versprechungen (aktuell) und abstrusen Behauptungen (Faulheit, zu höhe Löhne etc.). Der Augenschein sagt: Da werden einige Millionen Arbeiter einfach nicht gebraucht -lassen sich nicht sinnvoll verwerten.
Wer wie du nach Erbschaftsteuer fragt ist ein Ketzer, dem zunächst mit Propaganda zu begegnen ist. Bis der allen erklärt hat, dass es sich bei der Propaganda nur um hohle Sprüche handelt, ist der 100 Jahre alt.
Man müsste eigentlich erst einmal die Sprache säubern, damit die Leute z.B. wieder verstehen, dass mit “Eigenverantwortung” im neoliberalen Kontext meist nur die Freiheit einfach zu krepieren gemeint ist. Das ist eine Mamutaufgabe.
November 11th, 2010 at 16:33
ist viell. nicht ganz der richtige thread hier, aber ich werfe es trotzdem mal hier rein:
lafos linke zur anhörung der grundeinkommen-petition im bundestag am letzten montag
https://lafontaines-linke.de/2010/11/die-macht-einer-idee-grundeinkommen-bundestag/#more-15283
ps dass sich BGE und Mindestlohn nicht ausschließen, (warum auch?) hat ja auch Wolfang Storz so dargelegt, in dem schon vorher von mir verlinkten artikel (hier nochmal):
https://www.chrismon.de/4439.php
November 11th, 2010 at 16:35
Vielleicht sollte man mit “radikalen” Konzepten dagegenhalten:
BGE + “Geld arbeitet nicht” => Abschaffung von Erbschaften generell. Damit wäre auch die FDP-Forderung erfüllt, dass jeder die gleichen Startchancen hat.
Zu diskutieren wäre noch selbstgenutztes Wohneigentum oder ein kleiner Garten.
November 11th, 2010 at 16:37
-> Herr Liebreiz: Die Blogger helfen aber in zwei Punkten. Zunächst sind es Sammelknoten, die uns klar machen können, daß wir nicht einsam und allein dastehen mit dem blöden Gefühl in der Magengegend. Wenn man dann noch seinen Senf wie hier abdrücken darf, ist das meiner Ansicht nach ein sehr schöner Aspekt.
Des weiteren helfen sie Argumente zu finden, die heilsam das Unbehagen wieder auf eine sachliche Ebene bringen. Das tut dem ventriculus gut und hilft wiederum in der Kommunikation mit denen, von denen wir uns wünschten, sie fingen wenigstens an zu zweifeln.
Für mich gilt hier eindeutig ‘mission accomplished’.
“Das wird dauern, erfordert Bewegungsbereitschaft und Durchhaltevermögen.” ..von dir und von mir.
November 11th, 2010 at 17:12
@Hochmut …
so etwa? https://archiv.feynsinn.org/?p=1319
November 11th, 2010 at 17:14
@snozin: Ich bin allerdings – wie einige deiner Kontrahenten – der Ansicht, dass es nicht nur an den Zinsen liegt. Ein Zinsverbot wäre weder hinreichende noch notwendige Bedingung für wirsksame Veränderungen.
November 11th, 2010 at 17:41
Slavoj Zizek argumentiert ja so, dass der Erfolg der Rechten darauf beruht, dass die Linken keine Konzepte haben. Ausserdem ist es einer der wenigen Punkte von Marx, wie eine zukünftige Gesellschaft aussehen könnte.
Meine o.g. Formel ist doch recht einleuchtend. Dann muss man den Leuten noch die “Angst” nehmen, dass persönliches Eigentum weggenommen wird. Vielleicht alles bis auf die Freigrenzen für H4 sollte bei einer Erbschaft “wegfallen” . Ist doch ein schöner Gedanke – der Millionär kann erben, aber maximal bekommt er die H4-Grenzsätze. Er soll nicht römisch dekadent sein, sondern gefälligst arbeiten – “Geld arbeitet nicht”. Wenn man dann noch ausrechnen würde, was das für Einnahmen bringt und wie der Staat bzw. die Kommunen das Eigentum “verwerten” – z.B. an die Belegschaftt übergeben …
November 11th, 2010 at 18:19
@flatter
Mir ist vollkommen klar, dass innerhalb von drei Zeilen keine Argumentation ausgeformt werden kann. Ebenso ist mir klar, dass mein posting oben nicht mit überwältigender Überzeugungskraft ausgestattet ist. Ein Zinsverbot für sich allein (Punkt, Aus, Basta!) brächte augenblickliches Chaos.
Mir geht es darum, das jetzige Geldsystem zu diskutieren. Wohin es in seiner jetzigen Ausgestaltung führt, liegt doch auf der Hand.
Die kaputte Schuhsohle des zehnjährigen Hauptschülers sind genau so wie die Millionen für ein paar Monate Insolvenzverwaltung oder die Kehrtwende eines Politaals bei der Kernkraft nichts anderem geschuldet als eben diesem Geldsystem.
Eine Änderung des Zinsmechanismus wäre keine hinreichende, aber eine grundlegende Bedingung für wirksame Veränderungen. Im Übrigen verdichtet sich das feeling dafür rasant.
November 11th, 2010 at 18:25
[...] https://archiv.feynsinn.org/?p=5645 [...]
November 11th, 2010 at 19:44
>>>>Man müsste eigentlich erst einmal die Sprache säubern, damit die Leute z.B. wieder verstehen, dass mit “Eigenverantwortung” im neoliberalen Kontext meist nur die Freiheit einfach zu krepieren gemeint ist. Das ist eine Mamutaufgabe.<<<<
@willi
Da sprichst du etwas Wichtiges an. Ein Langenscheidt "Deutsch – Neoliberalesisch / Neoliberalesisch – Deutsch" fehlt noch auf dem Markt. ;-)
Gerade so Sachen wie "schlanker Staat" sind in den Mainstreammedien viel zu positiv besetzt.
November 11th, 2010 at 20:24
Wieder: DANKE!
@ Herr Liebreiz
Atmen nicht vergessen, dran bleiben, es wird…
Gute Abendgrüße aus Mappunien
November 11th, 2010 at 20:34
-> Bluntman: “..Langenscheidt..”? Ich hatte die Idee, genau das als wiki zu machen. Hab’ aber wieder auf die Bremse des Gedankengangs getreten, als ich nach und nach mitkriegte, wie humorlos bei Wikipedia gegen Nichtperfektionisten geschossen wird. Interessiert hat mich das, weil ich mich fragte, wie man eine mehrsprachige Plattform schaffen könnte.
November 11th, 2010 at 21:30
R@iner: es reicht mit nicht mehr ganz. Der Knoten in der Magengegend wird größer und ich meine, dass man jetzt anfangen sollte zu handeln.
November 11th, 2010 at 22:01
@R@iner: Ja Langenscheidt halt wegen des klassischen Wörterbuchs. Nicht so ganz ernst nehmen.
Das Problem ist die Kommunikation eines “Wörterbuches”. Wie klärt man wider dem Mainstream auf? Ein Blog wie Feynsinn hat nur eine sehr begrenzte Reichweite in gewissen Kreisen der Netznutzer. Wie erreicht man die Masse ohne Massenmedien?
Selbst die NDS haben z.B. für mich eine enttäuschende Reichweite. Thema Wiki sehe ich ähnlich wie du.
November 11th, 2010 at 22:20
Leicht verständliche Denkpapiere, Aufforderungen sich zu versammeln, sich stark zu machen, gemeinsam zu fordern. Wenn jeder von uns mal tausend Stück in seiner Nachbarschaft oder an Brennpunkten in Briefkästen wirft, wäre das ein Anfang.
November 11th, 2010 at 22:38
-> Herr Liebreiz(22): Habe ein paar Sachen im Kopf, bin aber jetzt zu müde. Als Trost ein kleines Filmchen: https://videos.arte.tv/de/videos/fuer_eine_andere_welt-3515288.html
November 11th, 2010 at 23:21
Hey R@iner, habe mir den Film grad angesehen und wollte ihn auch soeben hier empfehlen…
Wer 52min Zeit hat, sollte sich ihn anschauen!
November 11th, 2010 at 23:51
Es gibt ein leider verwaistes, aber gar nicht sso schlecht angesetztes wiki zum NL-Neusprech. Bin jetzt zu müde zum Suchen. Aber den Faden kann man durchaus wieder aufnehmen.
November 12th, 2010 at 00:14
Diesem Artikel habe ich eigentlich nichts hinzuzufügen, “Neoliberale Propaganda”, wie an einer Stelle im Artikel bestens formuliert, trifft es genau auf den Punkt.
Und in der Tat, es lohnt kaum, sich damit ernsthaft argumentativ auseinanderzusetzen.
Die Ergebnisse dieser Politik seit nun gut 30 Jahren sind als verheerend, zerstörerisch anzusehen.
Massenarbeitslosigkeit, sich mehr und und mehr verbreitende private und öffentliche/kommunale/staatliche Armut, mehr und mehr Rechtlosigkeit und Angst für Millionen von noch beschäftigten/ausgenutzten AN, Reichtumsexplosion auf der anderen Seite.
Politik, die völlig zu einer Hure der mächtigsten Kapitalinteressen heruntergekommen ist, eine (ver)öffentlich(t)e Meinung, die fast nur noch aus Lügen, Ablenkung, Zerstreuung besteht, fast möchte man dem Guido Westerwelle Recht geben: “spätrömische Dekadenz”, wohin aus das Auge blickt.
Diesem Spuk müsste ein Ende bereitet werden, doch viele seiner Gegener zerfleischen sich oft lieber gegenseitig selbst wegen…. ????
November 12th, 2010 at 08:38
Dabei ist gerade die Erbschaftssteuer diejenige, die den Menschen am wenigsten (eigentlich gar nicht) schadet. Er ist tot. Die Argumente, dass die arme Witwe für das Haus zahlen muss, muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Wieso war sie nicht Miteigentümerin? Das muss einen Grund gehabt haben. Vor allem bei der höhe der Freibeträge ist da eine Menge möglich. So viel nachdenke ist aber nicht gut. Die Erbschaftssteuer würde eine Minderheit treffen. Genau die Minderheit die etwas zu vererben, sprich Vermögen, hat. In den letzten Jahrzehnten wurde eine Menge getan diese Gruppe einzugrenzen. Aus diesem Grund wäre es an der Zeit dort zu belasten.
November 12th, 2010 at 09:39
-> flatter(26): Schöne Begriffserklärungen gibt es z.B. hier: https:/neusprech.org
Sehe ich ja eben erst: Mikrosiemens = 1/Megaohm. Sehr gut!
November 12th, 2010 at 11:14
@ Rainer 24
Danke für den artelink!
November 12th, 2010 at 11:29
hier noch ein filmtipp, the garden (von 2008)für alle die ihn noch nicht kennen
Im Film The Garden wird der Kampf der urbanen Gärtner um ihr Land in Los Angeles dokumentiert, deren Projekt als eine Art Therapie nach den gewaltvollen Aufständen von 1992 entstand und mittlerweile zu den größten urbanen Gartenprojekten des Landes heranwuchs . Nun wird es von den Bulldozern eines wohlhabenden, privaten Investors bedroht, an den das Land für nen Appel und nen Ei und ohne öffentliche Ausschreibung verkauft worden war.
November 12th, 2010 at 14:42
“Hier ist der Scheideweg. Wenn es nicht gelingt, der Wirklichkeit zum Durchbruch zu verhelfen und die tumbe Manipulation zurückzudrängen, geht die Demokratie mit der Wirtschaftsform unter, der sie stets den Vortritt vor den eigenen Anforderungen lässt.”
Warum letzteres so ist, hatten wir schon zur Genüge. Aber tatsächlich ist die ‘Demokratie’ inzwischen mindestens genauso auf’m Hund wie die ‘Wirtschaft’. Es wäre mal zu überlegen, ob und inwiefern die beiden Formen ohnehin eine Einheit bilden. Oder zumindest diese Form der Demokratie so zur Wirtschaftsform passt, dass dahinter auch schon immer gleich die Diktatur lauert (die ja inzwischen auch schon fast offen dikutiert wird – der heiligen Wettbewerbsfähigkeit willen).
Aber auch bei diesem Beitrag ist wieder die zentrale Frage, ob dem Kapitalismus durch Umverteilung – selbst wenn man sie überhaupt durchsetzen könnte – wieder auf die Beinchen geholfen werden könnte, und damit dann auch die ‘Demokratie’ zu retten wäre. Hier bin ich bekanntermaßen skeptisch. Ich denke, dass die Demokratie nur dann zu retten (und dann aber auch zu transformieren) wäre, wenn sie es schaffen würde, zunächst einmal Transformationen der Wirtschaft zu diskutieren und umzusetzen. Zur Zeit gehen die (post-) demokratischen Tendenzen nicht nur hierzulande klar in Richtung eines neuen Feudalismus, die wirtschaftlichen entsprechend diametral entgegengesetzt zu dem, was zB Keynes vorgeschlagen hatte. Ein Ende dieses neoliberalen Unfugs ist zwar conditio sine qua non, aber bei weitem nicht hinreichend…
November 16th, 2010 at 23:00
Hier schrob einer von nötiger Sprachbereinigung – ich muss übrigens schmunzeln bei dem Gedanken daran, ob man einen finden könnte, der jetzt aufspringt und den politicalcorrectnes-Alarm ausruft; schließlich sind wir ja die “Linken” Gutmenschen, die die Sprache kastrieren – die mir spontan in den Sinn kam als ich im Autoradio davon hörte, dass die Kanzlerin ausspruch, sie könne “uns” in dieser Amtzeit keine STEUERGESCHENKE machen.
Man weiss immer nicht, ob man lachen oder weinen soll. Steuer”geschenke”. Also die ballern in Stuttgart bald über fünf Millarden Euro raus, von allen anderen teuren Fehlschlägen unter üblich ominösen Bedingungen mal zu schweigen. Krieg, Gigantomanie unter Fortschrittshemdchen und progressive Schichtspaltung mit Armutserdrutsch, die noch dazu unser Geld kosten. Und dann faselt Lottchen von Geschenken. Wie gesagt, ich hab erstmal gelacht, dann geweint. Jetzt lach ich wieder.
Also, jedenfalls. Das wär wohl so ein Wort, das ich unter Strafe stellen würde: Steuergeschenke.
November 16th, 2010 at 23:04
Apropos! Was ist’n jetzt hier mit unserem Aktionismus? Oder hat’s allerorten die Hoffnung schon aufgegeben und ergibt sich in der Prognose des Untergangs?
R@iner?
November 16th, 2010 at 23:50
Das hier
und
Das hier
sind schon Ansätze dazu. Einer meiner Kommentatoren hatte auch mal eine Liste mit derlei Begrifflicheiten, ich finde das aber nicht mehr. Es wäre sinnig, diese Geschichten in einem Wiki zusammenzufassen.
November 17th, 2010 at 10:00
-> Herr Liebreiz: Habs nicht vergessen. Bin aber momentan im Stress und möchte gerne in Kürze darauf zurückkommen. Ich bin am Sammeln von Ideen, wie ich meine eigene Zukunft gestalten kann und habe noch kein fertiges Rezept.
Grundsätzlich glaube ich aber nicht (mehr) an eine baldige Abkehr von der derzeitigen Ellenbogenpolitik in allen Bereichen des Staates. Eine große Mehrheit, gleich ob die Leute finanziell gut oder schlecht aufgestellt sind, sieht weder einen Handlungsbedarf innerhalb, noch einen Handlungsspielraum außerhalb der existierenden autoritären Normen, in denen das gemeinsame Ziel der Konsum ist. Die Maxime unserer sogenannten Dienstleistungsgesellschaft sind jedenfalls nicht Selbstbestimmung und -entfaltung, wie ich es mir immer wünschte, sondern eher ‘Ich besitze also bin ich’. Laut Umfragen wünschen sich scheinbar ~10% der Deutschen einen Führer und ~20% halten die Diktatur für das bessere Modell. Da kannst Du lange Zettel in die Briefkästen werfen, wenn es derart bestellt ist. Was soll auch bei den vielen Diskussionen um ‘Veränderungen der Gesellschaft’ hier mit den ganzen Leuten passieren, die mit ihrer Arbeit keine Werte schaffen, sondern in irgendeiner Form Verwaltungsangestellte sind? Die wären doch komplett aufgeschmissen, bräche das hierarchisch gegliederte ‘System’ hier wirklich zusammen.
Grüße und bis demnächst.
November 17th, 2010 at 20:00
Ich denke, dass “Zettel” nur ein Anfang sind von Information, Aktion und Vernetzung. Wir dürfen nicht den Fehler der Politik machen. Veränderung funktioniert nur langsam und nachhaltig und nicht zuletzt mit einem Anfang.
Ein Anfang muss her!
November 17th, 2010 at 21:12
Der Zettel war nur eine Metapher für die von dir vorgeschlagene Verbreitung von Informationen. Damit wollte ich nur ausdrücken, daß man imho den Leuten nichts aufdrücken kann und auch nicht sollte. Das Motto muß eher darin bestehen etwas vorzuleben und offen zu sein. Wer sich anschließen und einbringen will, darf das. Wem es nicht passt, der möge fernbleiben. Du willst ja in deinem Blog auch nicht jeden Tag mit denselben Heinis diskutieren, die am liebsten Kaiser Wilhelm exhumieren möchten.
Wenn man Informationen verbreiten will, kann man tatsächlich auch das Medium Internet verwenden. Z.B. hat diese Seite beachtliche Zugriffszahlen, wie auf der Startseite dokumentiert ist: https://heddesheimblog.de/
Man beachte dabei, daß Heddesheim ein ~12k Einwohner Kaff im Rhein-Neckarkreis ist. Die hohen dort angegebenen Zugriffszahlen sind ein Indiz dafür, daß die Menschen in der Region sich echte Berichterstattung beginnend auf lokaler Ebene wünschen. Ich halte das mal fest: Das bloße Niederschreiben der Wahrheit ist in der heutigen Zeit durchaus ein Publikumsmagnet.
Der Internetauftritt ist inzwischen gewissermaßen Konkurrenz zum großen Lokalblatt, dem ‘Mannheimer Morgen’ geworden. Der kämpft inzwischen auch mit immer mehr Leserkritik hinsichtlich tendenziös verfasster Artikel und ich bin mir nicht einmal sicher, ob deren Site solch regen Zulauf findet.
Wenn Du allerdings ins Impressum schaust, dann wirst Du feststellen, daß die oben angeführte Online-Zeitung längst nicht mehr das Werk eines Einzelnen ist.
Damit gelange ich zu einem weiteren Aspekt: Worin siehst Du dein Heil? Möchtest Du als Aufklärer wirken? Der oben von der Geheimrätin vorgeschlagene Film ‘The Garden’ beinhaltet eine Geschichte, die viele Aspekte miteinander verbindet. Der Film handelt von der Selbstbestimmung und dem Stolz von in der ‘normalen Gesellschaft’ verarmten Menschen, die mit ihrer Hände Arbeit sich ein besseres Leben ermöglichen durften. Plötzlich vertrugen sich auch Amerikaner, Latinos und Afro-Amerikaner, weil sie sich auf gleicher Augenhöhe in derselben Lage wiederfanden. Da geht es ans Eingemachte; Kompetenzen wie Solidarität und Toleranz werden nebenbei erworben, wenn man es wirklich zulässt. Projekte wie dieses finde ich persönlich spannender als eine Zeitung zu ‘machen’, zumal ich den Journalismus nicht im Blut habe. Hängengeblieben ist mir der Satz einer Mexicana: ‘Sin tierra no somos nada.’ (Ohne Erde – also etwas Grund&Boden – sind wir nichts.)
November 18th, 2010 at 08:25
-> Herr Liebreiz: In meinem Sinne interessant ist z.B. auch https://www.soziales-dorf.eu/