Die Lebensmittelpreise steigen, und es wird prognostiziert, daß dies nur der Anfang einer stetigen Entwicklung sein wird. Nun, so ist der Markt halt, und es war eher verwunderlich, wie quasi über Jahrzehnte sich Lebensmittel stetig, inflationsbereinigt, verbilligt haben. Ein Grund zur Aufregung ist das allerdings, weil es so gar nicht ins Kalkül der Haushalts- und Finanzexperten paßt, für die das “Arbeitslosengeld 2″ eine möglichst feste Größe sein soll. Schon die Diskussion über eine “Anpassung” der Regelsätze fällt ihnen außerordentlich schwer. Bis es wirklich dazu kommt, vergeht skandalös viel Zeit, während der die Empfänger immer noch weniger haben.
Zynisch ist schon das Almosen als Haushaltposten, den man nicht genug drücken kann. Wer nicht arbeitet, soll den Haushalt nicht mehr als unbedingt nötig belasten. Und hinter vorgehaltender Hand heißt es stets: “Wer wirklich arbeit sucht, findet auch welche”.
Gegen letzteren Schwachsinn lohnt sich kein Argument, es reicht, die Lüge “Lüge” zu nennen. Daß sie besonders dreist ist, sollte nicht zu größerer Aufmerksamkeit führen, sonst entsteht nur der Eindruck, das sei noch diskutabel.
Betriebswirtschaftlich betrachtet, ist es nicht nur richtig, die Hartz-Vierer als “Belastung” zu betrachten, es ist alternativlos. Sie kosten Geld und bringen keins ein. Daher ist es in dieser Betrachtung konsequent, den Kostenfaktor so gering wie möglich zu halten. Daraus ergibt sich: Es ist erstrebendwert, so wenig Empfänger wie möglich in der Bilanz zu haben, und es ist richtig, ihnen so wenig wie möglich auszuzahlen. Und genau das sind die Ziele nicht nur der Haushaltsexperten, sondern der Bundesregierung und der meisten im Bundestag vertretenen Fraktionen und ihrer Parteien.
Was dort gemacht wird, ist Betriebswirtschaft, keine Politik. Da der Staat, zumal die “Gesellschaft” aber kein Betrieb ist, führt dieser Dilettantismus zu Elend auf allen Ebenen.
Was wäre die Aufgabe einer Politik, die ernsthaft so bezeichnet werden dürfte?
Wirtschaftlich betrachtet hätte sie die Aufgabe, sich über den Stand der Dinge und sich daraus ergebende Möglichkeiten zu orientieren: Was ist da, wie ist es verteilt, was führt dazu, wie kann man es beeinflussen, was ist dazu notwendig, was kann man erreichen?
Sozial betrachtet, stellt sich die Frage: Wie ist die Versorgungslage, wie steht es um die Möglichkeit zur Teilnahme am gesellschaftlichen Geschehen, was muß sich ändern, was hat dabei Priorität und welche Mittel sind dazu notwendig?
Schließlich muß das Ganze noch zukunftsfähig, also nachhaltig angelegt sein. Das sind die vornehmlichen Aufgaben der Politik.
Anstatt aber auch nur die geringste Mühe aufzuwenden, sich über die soziale Realität im Staate zu orientieren und von dort aus die Probleme zu formulieren und nach Lösungen zu suchen, machen sie “Betriebswirtschaft”. Daß dabei Wählerstimmen flöten gehen, bemerken sie dann und wann. Daß aber keinerlei Lenkungswirkung auf die Wirtschaft zustandekommt, wenn man sich von ihr ein unpassendes Regelwerk aufzwingen läßt, so weit denkt noch kaum einer. Im Gegenteil überbieten sich die Ahnungslosen in pseudo-ökonomischen Phrasen, für die sie von Medien und Mangagern das Etikett “wirtschaftkompetent” aufgepappt bekommen.
Darauf fallen aber immer weniger Leute herein. Und spätestens, wenn der Hunger kommt, rächt sich dieser alberne Mummenschanz. Man muß schon beinahe froh sein, daß sich mit der Linkspartei eine Opposition in rechtsstaatlichem Rahmen anbietet. Tragischerweise ist auch dieser Haufen so visionär wie ein Maulwurf hinter Milchglas.

vauweh