Der “kühle Stratege” nimmt Einsparungen vor, hat “Löhne gekürzt, Schulen und Krankenhäuser geschlossen“, er weiß: “der drastische Schritt ist alternativlos“.
Um wen es sich handelt, um welches Land in welchem Zustand, das ist inzwischen völlig egal. Die Sprüche, Weisheiten und Erfolgsrezepte sind dieselben. Die Zitate beziehen sich übrigens auf Lettland und dessen Premier Valdis Dombrovskis. Ein Anfänger, wie man merkt, denn es heißt weiter:
“Er möchte sich nicht zum Lehrmeister für andere Regierungschefs aufschwingen, doch er gibt einen Rat: ‘Ziehen Sie die Sparmaßnahmen schnell durch.’ ”
Sehr witzig, wir machen das hier seit 30 Jahren. Und die Sueddeutsche tut auch wieder so, als wüsste sie nicht, wo das endet:
“Die Menschen halten ihn für ehrlich und glauben, dass er seine Machtposition nicht ausnutzt, um sich selbst zu bereichern. Damit bildet er eine Ausnahme in der politischen Elite Lettlands, die viele Bürger mit Korruption und Gier verbinden“.
Wessen Rezepte sind das wohl, welche Eliten haben die “Krise” ausgelöst und wer löfffelt das jetzt aus? Wer das System von Korruption, Gier und Bereicherung noch immer nicht duchschaut hat, muss schon Gründe dafür haben. Dass Matthias Kolb dabei von “Einsicht in die Notwendigkeit” spricht, ein Zitat, mit dem die Kommunisten gern jede Unterdrückung zu einem Akt der “Freiheit” erklärt haben, freut mich. Ich habe schon lange das Gefühl, dass die Propaganda sich kaum mehr von der des Politbüros unterscheidet.
November 1st, 2010 at 15:15
“Ich habe schon lange das Gefühl, dass die Propaganda sich kaum mehr von der des Politbüros unterscheidet.”
…oder der der zuständigen Sekretärin für Agitation und Propaganda der FDJ.
November 1st, 2010 at 15:44
Es ist schon verwunderlich, daß im Artikel nicht EIN Bezug zur Politik der vergangenen Jahre hergestellt wird, die Lettland (und viele andere Länder)an den Abgrund geführt hat, z. B. die ruinöse Flat-Tax, in Lettland von 25%,
z. B. Freiststellung von Spekulationsgewinnen (erst JETZT führen sie dort 15 % ein), und alle möglichen anderen neoliberalen Heilsrezepte wurden dort brachial durchgezogen, Spekulanten, Konzerne und alles mögliche Gelichter konnte jahrelang schalten und walten wie es wollte, und das Land ausplündern – aber dazu hätte der “Journalist” einfach mal das Archiv durchstöbern müssen. Die Zeche zahlen immer die gleichen. Übrigens: Erinnern wir uns an die Kirchhoff- und Merz-Bierdeckel-Debatte – Lettland gehörte vor Jahren zu den Ländern, die uns unsere neoliberalen Ober-Gurus mahnend vor die Nase hielten, nach dem Motto: Guckt mal, diese Länder machen Flat-Tax, und deren Wirtschaft brummt. Sowas soll bei UNS nicht möglich sein??? Ergebnis wie immer nach jahrelanger neoliberaler Plünderei: Land und Leute sind am A….
Grüße
November 1st, 2010 at 15:57
“Ich habe schon lange das Gefühl, dass die Propaganda sich kaum mehr von der des Politbüros unterscheidet.”
Der Zeitpunkt, seit dem du das Gefühl hast, scheint etwa der zu sein, zu dem es sich bei mir zur Gewissheit gewandelt hat. Ist aber keine Kunst. Ist etwa so, als ob du Verfolger abgeschüttelt hast, die dir dann an der nächsten Ecke entgegenkommen.
Im übrigen ist alles, was uns als nächstes und übernächstes entgegenkommen wird, tatsächlich (!) ohne jede Alternative. Dass man die Möglichkeiten einer NachTINAzeit zu denken beginnen will, ist zu hoffen, ist aber ein anderes Kapitel.
November 1st, 2010 at 16:07
Letten sind Balten, die schon immer das nachmachten, was Deutsche vormachten. Vor 70 Jahren war ´s grausam…
https://www.youtube.com/watch?v=6YmKq3LgQSE
Wenn wir Deutsche Griechen zu Schnecken machen, bringt der Lette sich selbst zur Strecke.
November 1st, 2010 at 17:06
Die da oben, wir hier unten:
November 1st, 2010 at 21:41
Ich kann es momentan nicht belegen, aber es würde mich nicht wundern, wenn ein Großteil deren Wachstums genau wie das Irlands von den Strategen der eu ‘verursacht’ worden wäre. Endlich der nächste Kandidat, auf den wir zeigen können mit ‘Pfui, die sind ja korrupt!’, wie wir es in den Siebzigern mit Italien machten.
-> Necsolicedit: Mouseland – nett!
November 2nd, 2010 at 01:32
Manno, was geht bloß nur immer schief in den ehemaligen kapitalistischen Musterländern, die regelmäßig als Tiger starten, um dann kurze Zeit später als Bettvorleger zu landen?
Man könnte fast den Eindruck haben, als funktioniere der allmächtige Kapitalismus um so schlechter je mehr man ihn lässt.
Aber es wäre sicher ganz falsch das System in Frage zu stellen, mal ganz davon abgesehen, dass die Frage natürlich rein akademisch ist, weil das Verfahren ohnehin alternativlos.
Also weiter so: Hypen-Investieren-Verschulden-Gewinn mitnehmen und auf zum Nächsten. Für’s reparieren sind dann die Staaten zuständig.
November 2nd, 2010 at 06:00
Wohin sollen Alternativen denn führen? Aus Sicht der Reichen und Mächtigen, sowie jene die zu ihnen unterwegs sind, doch nur weg vom schnellen Geld, und das ist doch definitiv die falsche Richtung, oder? Also wird weiter gemacht wie bisher. Vergünstigungen, Bestechungen und Korruptionen funktionieren doch nur deshalb so gut, weil Angebot und Nachfrage ständig zueinander finden. Moral und Gewissen füllt schliesslich keine Bäuche, zahlt keine Miete und bezahlt auch nicht all die liebgewordenen Annehmlichkeiten, die den Alltag bereichern können. Eher das Gegenteil ist der Fall, Gefühlsduseleien und weinerliche Skrupel sind keine profitablen Gehilfen auf der Karriereleiter nach oben.
Die von solch einer politisch motivierten Ideologie betroffenen Menschen, werden sich damit abfinden müssen. Sie können sich entweder anpassen, eine stärkere Gegenbewegung motivieren oder dazwischen herumeiern. Einige haben sich für dieses Leben nun mal entschieden und dazu die entsprechende Regierungsform in freier Form gewählt. Also: Weiterhin viel Spass damit.
November 2nd, 2010 at 09:05
Hab jetzt noch mal nachgefasst. Ergebnis: Ich möchte ein neues Spiel.
‘Latvia, Lithuania, and the IMF’: https://www.iie.com/realtime/?p=1003
“In the international media, however, Dombrovskis is abused as an incompetent lightweight, while few write about Lithuania. The reason is that Latvia obtained an IMF/EU loan package of nearly $10.5 billion in December 2008 (of which the IMF contributed only one-third), while Lithuania borrows on the eurobond market. Lithuania’s yields peaked at 9.5 percent per annum last June, but have now fallen to 6.8 percent per annum.”
‘The IMF Destroys Iceland and Latvia’:
https://www.huffingtonpost.com/nathan-lewis/the-imf-destroys-iceland_b_276193.html
Soll keiner sagen, die Letten hätten das nicht gewußt. Zumindest hatten sie die imf Mitarbeiter mit einer Drohung aus dem Land gejagt: ‘IMF experts fled from Latvia in 2008 after receiving threats’: https://www.baltic-course.com/eng/finances/?doc=32551
Die HSH Nordbank, die von uns durch die HRE-Rettung ebenfalls vor Schlimmerem bewahrt wurde, spielt auch mit: ‘HSH Nordbank gets €3-billion state bailout’: https://www.thelocal.de/money/20090224-17639.html
Have a nice day.
November 2nd, 2010 at 10:25
@ Katze aus dem Sack
https://www.youtube.com/watch?v=f20k9YvWcz8
@ R@iner -schöne Recherche!
November 2nd, 2010 at 10:44
@Rainer: Da hast du mich auch noch was gelernt.
Ich stutze allerdings ein wenig, wenn ich sehe, dass Dombrovskis “Erfolg” offenbar darin besteht, beim Sparen eine Brutalität an den Tag zu legen, die selbst dem IWF deutlich zu weit geht. Was das für Kumpel von Zeche vor Ort bedeutet, kann man ja nur ahnen.
November 2nd, 2010 at 11:03
Die Katze aus dem Sack meint:
November 2nd, 2010 at 06:00
“Wohin sollen Alternativen denn führen? Aus Sicht der Reichen und Mächtigen, sowie jene die zu ihnen unterwegs sind,….”
Im ganzen weiteren Kommentar die Sache ganz und gar nüchtern und sachlich auf den Punkt gebracht, meine volle Zustimmung!
Alle Jammerei, Stöhnerei, eitle moralische “Entrüstung” ist und bleibt doch nur Theater, wenn man nicht gewillt ist zu sehen, in wessen Interesse alles veranstaltet wird, wer davon profitiert, wer es wegen eines kleinen Spatzes (noch) in der Hand weiterhin duldet, bei “freien Wahlen” ALLES absegnet.
Widerstand muss und kann nur von denen kommen, welche NICHT profitieren, sich noch NICHT auf den Weg zu den Reichen und Mächtigen begeben haben, dies auch zukünftig nicht vorhaben.
An alle anderen aber zu appellieren, auf deren “Einsichten” im… “eigenen Interesse”(!!!) zu hoffen ist Narretei, so intellektuell abgehoben und verquast diese auch immer daherkommen mag!
November 2nd, 2010 at 12:09
Danke für die Blumen. Das hat mich schließlich auch ganze 20 Minuten gekostet. Ergo: Wir sollten darüber nachdenken, (teure) Internetkurse für Journalisten auf Teneriffa anzubieten. Möglicherweise – und das wäre fast noch schlimmer – ist nicht alles, was man uns serviert als Propaganda intendiert, sondern die pure Unfähigkeit der Grund, warum es bei vielen Artikeln der Lohnschreiber in den Medien einfach nur ‘Schoad ums Göld’ (Gerhard Polt in “Man spricht Deutsh”) ist.
Nie werde ich vergessen, als Reich-Ranicki ein Buch vorstellte, indem er zu Anfang sagte: “Es liest sich flüssig. Es ist gar überflüssig.”
November 2nd, 2010 at 14:05
Apropos Journalismus. Nachdem u.a. der spon uns seit dem 30.10. tagelang mit Lach- und Sachgeschichten rund um die zwei Pakete aus dem Jemen auf der Titelseite beglückt hatte (Gruß von hier an fefe: Oh Gott – Wir werden alle s t e r b e n!), ist die Story heute vormittag von der ersten Seite völlig getilgt worden. Die Süddeutsche und andere haben sie noch. Dieses Video – eingestellt am 31.10. – weiß anderes zu berichten: https://www.youtube.com/watch?v=XNXb9NWPtcw
Müssen wir uns jetzt jedesmal, wenn irgendwo Wahlen anstehen auf so etwas gefaßt machen? (1)
Da hätten Adolf und sein Kumpel Dr. Paul Joseph echt noch was lernen können. Man sieht sehr deutlich, ich setze jetzt voraus, daß es sich tatsächlich um einen Hoax handelt, wie verwundbar die Gesellschaften durch das Internet geworden sind. Ein paar Meldung hier und da plaziert bestimmen über Börsenkurse und die nächsten Kriege. Da bleibt einem nur das solide Hackerhandwerk zu erlernen.
Nachtrag: (1) Heureka! Es nennt sich ‘October surprise’: https://www.heise.de/tp/blogs/foren/S-Hier-die-umfassende-Antwort/forum-188384/msg-19369807/read/
November 2nd, 2010 at 22:01
Naja, das ehemaliger Ostblock Syndrom.
Es wird erwartet, dass das Land boomen wird, weil billig, unterentwickelt, gute Statistiker und zumindest auf dem Papier gut qualifizierte Arbeitskräfte. Also wird viel investiert, denn die boomene Wirtschaft braucht ja allerhand Infrastruktur und Dienstleistungen.
Natürlich alles auf der Basis nicht gesicherter Kredite, was auch sonst, da dort keiner wirklich Gewinn macht und bis auf die Boomwirtschaft nichts geboomt hat.
Am Ende hat es dann, wie absehbar, tatsächlich Boom gemacht.
Bezahlt werden soll dafür jetzt, wie auch global, mit sinkenden Einkommen bei weiterhin steigenden Preisen, was durchaus gut gehen kann, wenn durch die dadurch sinkende Kaufkraft mehr gekauft und wegen der geringeren Kreditwürdigkeit mehr und billigere Kredite vergeben werden – dies muss dann nur noch zu mehr Investitionen der Wirtschaft führen, was uns schlußendlich alle retten wird ;)
November 3rd, 2010 at 01:49
@ Bakunin
“Widerstand muss und kann nur von denen kommen, welche NICHT profitieren, sich noch NICHT auf den Weg zu den Reichen und Mächtigen begeben haben, dies auch zukünftig nicht vorhaben.”
Von denen geht kein nennenswerter Widerstand aus. Wieso sollten die sich auch um fremde Profite gedanken machen? Die sind doch insgesamt viel zu sehr damit beschäftigt, bei sich selbst und bei denen, die sie unter sich glauben, das nächste Loch zu suchen, mit dem sie dann den Gürtel enger schnallen können, während sie sich selbst die Taschen mit fremder Lebensleistung füllen.
Nein, es gibt keinen Widerstand. Keinen der den herrschenden Verhältnissen hier wie dort gefährlich werden könnte. Es ist für alle Beteiligten also besser, sich weiterhin zu fügen, dem monetären Wirtschaftsmodell eifrig zu dienen und sich den herrschenden Mächten unterzuordnen, statt vergebens zu versuchen Menschen zu bewegen, die dabei behilflich sind den Reichen und Mächtigen ihren Spielplatz zu verschmutzen. Die Reichen und Mächtigen entscheiden hier wie dort selbst, wann das Spiel gewechselt wird und wer dabei mitmachen darf und niemand sonst.
Widerstand ist zwecklos!
November 3rd, 2010 at 14:24
Wer hat denn Kredite aufgenommen ohne Ende und das Geld anschließend versoffen?