Das Geschenk ist die Uridee der Investition. Zwar kann niemand darauf beharren, für ein Geschenk ein Gegengeschenk zu bekommen, und schon gar nicht ist damit ein Gewinnanspruch verbunden. Aber in Sozialen Systemen sind Geschenke Investitionen, die win-win-Situationen erzeugen können und Netzwerke entstehen lassen.
“Wirtschaft” ist ursprünglich soziales Handeln. Es handelt sich um die gemeinschaftliche Anpassung an die Umwelt, fürsorgliches Beschaffen und Überlebensstrategie für die Gemeinschaft.
Davon hat sich in den Restgemeinschaften, in denen ökonomischer Gewinn nicht unmittelbar die Beziehungen bestimmt, einiges Erhalten. Ein Grundelement solchen sozialen Wirtschaftens ist das Geschenk. Es stellt im Optimalfall den Beschenkten in den Mittelpunkt, seine Interessen, sein Wohlbefinden und seine Person. Schenken ist, wirtschaftlich betrachtet, purer Kundendienst. Und es zahlt sich aus, wenn es wirklich sozial ist. Jemand, der die Erfahrung gemacht hat, beschenkt worden zu sein, der daran gefallen findet, wird die schenkende Person schätzen. Es entsteht eine dauerhaft erinnerte Bindung zwischen Schenkendem und Beschenktem. Dies funktioniert freilich nicht, wenn die Schenkung ganz offensichtlich zweckgebunden ist oder eine Täuschung. Wird wertloser Plunder mit großer Geste verschenkt, womöglich im Anschein eines höheren Wertes, führt dies zur Verärgerung und zu nachhaltig erinnerter Ablehnung. Darin besteht der Unterschied zwischen Werbegeschenken oder “PR” und einer ehrlichen Gabe.
Im Wirtschaften kann dieser Sachverhalt noch heute eine Rolle spielen. Der Unterschied zwischen dem täuschenden Werbegeschenk, das auf Tausch und Gewinn aus ist, und dem echten Geschenk, liegt zuerst in der Absicht des Schenkenden. Genau diese Ebene der Absichten findet sich auch im wirtschaftlichen “Investieren”. Eine echte Investition wäre demnach ein wirtschaftlich-sozialer Akt, der darauf abzielt, nachhaltige Beziehungen zu etablieren, von denen ein möglichst stabiles Netzwerk profitiert. In Zeiten sogenannter “Globalisierung” bedeutet das immer öfter, daß ein Investor die Entwicklung der Weltwirtschaft und der Weltgemeinschaft im Blick haben sollte, wenn er die Entwicklung stabiler Strukturen im Sinn hat.
Dem diametral entgegensetzt ist das Handeln der Profiteure. Ihre Absichten gelten stets der Selbstsorge, der optimierten Aneignung. Ihre Sorge geht nicht dahin, daß stabile Netzwerke entstehen oder vergehen, sie zielen auf möglichst große Gewinne. Dadurch werden sie zu Getriebenen des Kapitals, denn mit dieser Zielsetzung geraten sie unmittelbar in den zeitlichen Druck stets aktueller Gewinne. Was heute nicht gewonnen wird, kann morgen nicht vermehrt werden.
Dem entsprechend wird der Sachzwang zur allein bestimmenden Handlungsanleitung. Soziales Handeln als solches wird zersetzt. Bindungen werden nur im Rahmen von Gewinnerwartungen eingegangen, Kommunikation vermittelt keine wahren Inhalte und zielt nicht mehr darauf ab, soziale Bindungen zu ermöglichen. Im Gegenteil ist”Wirtschaftskommunikation” PR. Sie ist ausschließlich auf Wirkung angelegt. Jeder Anspruch an soziale Kommunikation ist hier unerwünscht: Wahrhaftigkeit, Nachvollziehbarkeit, Zuverlässigkeit, Gelehrsamkeit etc. spielen keine Rolle.
Dem entspricht schließlich auch das “Menschenbild” dieser Sphäre. Es gibt keins. Man findet Konsumenten, Rezipienten, Produzenten, Auftraggeber, Human Ressources, Key ManagementAccountLoserAssistants, Shareholder, Wettbewerber und Raubkopierer, aber keine realen Menschen. Die sind immer nur bedauerliche Kollateralerscheinungen. Die Beziehung der Verantwortlichen zu solchen Individuen kennt nur zwei Formulierungen: “Mir sind die Hände gebunden” und “Mach ich’s nicht, macht’s ein anderer.”.
Der Sachzwang aber ist hausgemacht. Soziales Wirtschaften ist nach wie vor möglich, verspricht allerdings keine 25% Gewinnmarge. Jeder, der Geld “investiert” hat jederzeit die Möglichkeit zu entscheiden. Will er abgrasen oder säen? Und ist es nicht witzig: Dieselben Helden, die uns vormachen, eine Investition müßte sich mindesten soundsohoch amortisieren, stehen einmal im Jahr mit den teuren Blumen auf Mutters Türschwelle!