Jan Schejbal argumentiert, das Widerstandsrecht sei “wertlos”, weil es de facto vor Gericht keinen Bestand hätte. Diese Perspektive halte ich für kritikwürdig. Sie blendet einen Aspekt des Grundgesetzes aus, den auch Schäuble stets außer acht läßt: Den “Geist” des Grundgesetzes.
Es mag richtig sein, daß man sich auf das Recht auf Widerstand dann nicht berufen kann, wenn es zur Anwendung kommt. Es ist aber dennoch Recht und Gesetz, und wer sich mit dem Grundgesetz auseinandersetzt, muß das berücksichtigen. Gerade das Recht auf Widerstand und gerade die fehlende Möglichkeit, es einzuklagen, ist ein deutlicher Hinweis darauf, daß das Grundgesetz weder Dispositionsmasse noch konkrete Handlungsanleitung ist. Es ist ein Leitfaden, zum Teil aus gutem Grund unveränderlich und zum Teil nur im Konsens und mit 2/3-Mehrheiten zu verändern.
Dies alles schert Schäuble einen Kehricht. Er betrachtet das Grundgesetz eben nicht als das, was es ist, den übergeordneten gesetzlichen Rahmen eines demokratischen Rechtsstaates, sonders als Handlungsanweisung zur Durchsetzung der staatlichen Ordnung per se. Es kratzt ihn dabei nicht, ob er ganz allein dasteht mit seiner Meinung oder wer aus welchen Gründen wie dazu steht. Ihm gilt eine demokratische Mehrheit, zumal der Konsens der Demokraten, nichts. Er wähnt sich im Recht und glaubt, das reiche aus, um am Grundgesetz herumzupfuschen.
Gerade das aber ist die Art des Angriffs auf die Verfassung, die das Recht auf Widerstand meint. Würde sich eine Regierung mit einer solchen Haltung durchsetzen, könnte sie sich nicht mehr auf das Grundgesetz berufen. Sie wäre vielleicht noch an der Macht, sie wäre aber nicht mehr legitimiert. Der Sinn des Grundgesetzes besteht darin, die Freiheit zu schützen, nicht den Staat. Wer das ändert will, will eine andere Staatsordnung. Das ist die unmittelbare Konsequenz aus § 20 GG.