Ich habe in meiner Jugend so einige Abende verbracht, an die ich nicht gern erinnert werden möchte. Auch gab es Aktivitäten, auf die ich heute weniger stolz wäre. Das eine oder andere hat durchaus mit dem Gebrauch von Drogen zu tun, wobei sich vor allem die Wirkung des Alkohols gern als äußerst unvorteilhaft erwies.
Die Kommentare nach vollbrachter Fehlleistung fielen demnach unterschiedlich aus. Meist blieb es bei einem “War hart gestern”. Ich persönlich hatte nie das Mißvergnügen fragen zu müssen: “Das Habe ich getan?!”, ein Filmriß ist mir erspart geblieben. Es gibt allerdings durchaus auch in der Vorstufe Vorkommnisse, die man gern schneller verdrängen möchte, als die holde Psyche dies zu leisten imstande ist. Fazit: “Erinner’ mich nicht dran!”
Die Fehlbarkeit der anderen
Nun gibt es Menschen, die sich für irre wichtig halten, für generell unfehlbar oder die aus einem anderen Grund nicht den Arsch in der Hose haben, zu ihren Taten zu stehen. Denen keine Ausrede zu schal ist und die völlig immun sind gegen das Gefühl des Fremdschämens, weil sie selbst sich durch eine Schamlosigkeit auszeichnen, die sie der Moral enthebt. Der Moral nämlich, die für den Pöbel gedacht ist und eben nicht für die Besserträger und Leistungsverdiener.
Wenn der Herr einen Furz läßt, hat das Gesinde sich zu entschuldigen, weiß der Adelssproß und der, welcher sich für einen hält. Ganz bemerkenswert hebt diese Haltung auf eine Weise alte Klassengegensätze auf. Ob Staatsrealsozialismus oder Westkapitalismus, den Funktionär an sich adelt seine gesellschaftliche Stellung. Er ist der Gleichere unter Gleichen. Und weil das so ist, weiß er stets, wo alle Fehlbarkeit entspringt und wieder mündet: Bei den anderen.
Beton im Weltbild
Hier ist in der Tat etwas zusammengewachsen. Mit der FDJ-Funktionärin Angela “Erika” Merkel als Vorbild läßt sich noch die Gesäßfalte ausbügeln, die mitten durchs Gesicht läuft. War der DDR-Führung jederzeit bewußt, daß Konterrevolutionäre und westliche Ultra-Provokateure für jeden Mißstand, das schlechte Wetter und fehlendes Obst verantwortlich waren, so ist auch den “Jungen” in der Union schon klar, wer da nur auf den Teppich gekotzt haben kann: Der “Gegner”! Die “Stimmungsmache der Gegner” ist besoffen Auto gefahren und hat randaliert.
Daß man den unsichtbaren Feind selbst noch für die eigenen Saufgelage und die unappetitlichen Begleiterscheinungen verantwortlich machen kann, muß einem erst mal einfallen. Das betoniert bornierte Weltbild macht’s möglich. Respekt!
Oktober 21st, 2010 at 12:51
Auch Roland Koch ist jungeuniongestählt.
Nee, die Skandale sind andere, nämlich die der “erwachsenen” Politiker. Etwa, wenn Mutti kurz vor Bush´ Abwahl diesem ein Spanferkel brät und dazu die halbe Uckermark mit Millionensteuergelderaufwand absperren lässt. Etwas später lässt sich dann eine Aachener Abgeordnete, die Ministerin ist, von ihrem Fahrer in die Ferien kutschieren, was ihr erlaubt ist, und die Republik empört sich über die Unkosten. Bush kann und darf mensch mit Fug und Recht einen Massenmörder nennen, auch wenn deutsches Strafrecht für Straftaten, die Ausländer an Ausländern im Ausland begehen, nicht anwendbar ist. Darauf verwies der promovierte Jurist und ehemalige Richter Todenhöfer, der lange für die CDU im Bundestag saß. Ein oberstes Gericht widerrief nämlich die Verurteilung eines Bundeswehroffiziers, der Befehle verweigert hatte, die auf eine Unterstützung der USA im Irakkrieg hinausliefen, wegen Befehlsverweigerung, weil der Irakkrieg ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg gewesen sei. Demnach war es vielmehr sogar soldatische Pflicht, Befehle zu verweigern, demnach ist der Kriegsgrundfälscher Bush ein Massenmörder, demnach hat Dr. Merkel einen Massenmörder gepowidelt, kurz bevor unvermeidlicherweise ein Neger US-Präsident wurde. Ein Skandal? Nicht dass ich gehört hätte..
Oktober 21st, 2010 at 14:27
Feine Merkel-Analyse, der ich sofort zustimme. Im Kern ist die Dame FDJ-Funktionärin geblieben – was sich nicht nur in ihren verquasten, geradezu empörend lieblos verfertigten Reden, sondern vor allem in raren Momenten der Wahrheit manifestiert: Etwa als sie während einer BPK einem holländischen Journalisten mit einer sehr berechtigten Frage (Schäubles 100 000 DM!) barsch über den Mund fuhr. Der habe ihr Vertrauen, so FDJ-jargonte es hilflos-dreist aus ihr heraus, “weil er mein Vertrauen hat.” Damit sei alles gesagt. Diesen (Be-)Ton kenne ich noch von früher, aus FDJ-Versammlungen.
Oktober 21st, 2010 at 15:26
Wenn man sich die Strategie-, Grundsatz-, Positions- oder Eckpunktepapiere der JU anguckt, vielleicht haben die ja selbst noch andere Bezeichnungen für ihr Geschreibsel, dann kommt man zu der Erkenntnis, dass das der übelste braune Sumpf ist. Bin mal auf den Nachdenkseiten auf so was gestossen und dachte, oho, verschollene Dokumente aus den späten Dreissigern des letzten Jahrhunderts von der damaligen Volkspartei. Irgendwas ist bei diesen jungen Leuten offensichtlich schief gelaufen. Wahrscheinlich waren die schon auf der Schule unbeliebt, hatten keine Freunde und schliessen sich jetzt mit Gleichgesinnten zusammen. Leider belästigen sie den Rest der Bevölkerung mit ihren kruden Ansichten, anstatt sich irgendwo ein stilles Kämmerlein zu suchen und einfach den Mund zu halten.
Oktober 21st, 2010 at 15:45
@ Rosenkranz
Verquaste Reden. Diesen Ton …aus FDJ-Versammlungen.
Sichern richtig, deine Beobachtung, deine Empfindung.
Aber du könntest dir auch bewusst sein, dass es nach Lage der Dinge nicht anders geht als (ich versuche mal eine Wortschöpfung): autoritär-verquast.
Oktober 21st, 2010 at 17:28
Nicht auszudenken, welcher Aufschrei durch alle Medien gegangen wäre, hätte es sich um ein paar Jung-Linke auf steuerlich geförderter Bildungsreise gehandelt.
Oktober 21st, 2010 at 21:42
“Besserträger und Leistungsverdiener”
Den muss ich mir merken :D
…und schamlos klauen ;)
Oktober 21st, 2010 at 22:07
Ich hatte nicht das Vergnügen, in der FDJ der DDR organisiert gewesen zu sein.
Wenn aber solche “junge Sozialisten” wie eben z.B. Fräulein/”Genossin” Angela einst dort die großen Zampanos waren, dann wundert es mich nicht mehr, dass nicht mal die in der FDJ organisierte Jugend der DDR 1989 das geringste Interesse zeigte, diesen Staat gegen den lange vorbereiteten Angriff von innen und außen zu verteidigen.
Wann mag wohl Fräulein bzw. FDJ- “Genossin” Angela ihre BLAUE Bluse für immer im Keller verstaut haben?