Ein wunderbares Beispiel für die absurden Argumente der Überwachungsfetischisten gibt Gero von Randow bei ZEIT.de. Die ZEIT hat dem Thema eine ganze Sparte gewidmet, in der sich fast durchgängig kritische Äußerungen finden. Das beste Argument gegen die Überwachung sind aber die Argumente dafür.
Einige Highlights aus dem genannten Artikel:
Zwar könne sich ein Internetuser der Überwachung durch Gegenmaßnahmen entziehen, dies aber “bringt Aufwand mit sich und verleitet zu Fehlern“; “Kommunikation via Internet ist der Lebensnerv des organisierten Terrorismus“. Hä? Wer eine Firewall nicht nur einrichtet, sondern auch versteht, was sie meldet, macht Fehler? Wer anonym surft, macht Fehler? Vor allem aber: Man wird dieser Menschen Herr, indem man sie heimlich beobachtet? Ist es nicht vielmehr so, daß Informationen von einem Verdächtigen zuverlässig nur abgegriffen werden können, wenn man wie bislang auch in seine Wohnung marschiert und den Rechner mitnimmt? Ist es nicht absolut so, daß heimliches Beobachten nicht kontrollierbar ist? Wird so das Argument entkräftet, daß die Möglichkeit einer heimlichen Überwachung nicht eingerichtet werden darf, weil sie jederzeit unbemerkt zu verfassungswidrigen Aktionen befähigt und verleitet?
Und dann dieses Terrorinternet! Gab es Terror nicht schon vor dem Internet? Reicht nicht ein ordinäres Telefon, um sich zu Anschlägen zu verabreden? Und wenn es “das Internet” wäre. Weiß Herr von Randow, wo das ist, dieses Internet? Auf der Festplatte eines Terroristen, die man überwachen kann?
Das Kernargunment dabei ist: “Eine Vielzahl von Maßnahmen kann bewirken, dass den Verbrechern Fehler unterlaufen“, es soll Druck erzeugt werden. Hier wird also ohne Rücksicht auf Verluste propagiert, eine Vielzahl von Überwachungsmaßnahmen zu installieren, um Terroristen zu Fehlern zu verleiten. Ja, das ist das Verständnis von Rechtsstaat, das dahinter steht! Wir scheren uns nicht lange darum, welche Folgen Eingriffe in die Bürgerrechte haben, wenn es nur die Chance gibt, eventuell irgendwann irgendeinen Terroristen zu fangen. Daß die Sicherheit vor dem Staat zu den Grundpfeilern einer Demokratie gehört, ist ihm nicht bekannt. Dazu fällt Herrn von Radow nur ein: “fragt sich nur, ob die Kameras mehr Schaden anrichten als Nutzen. Da empfiehlt sich ein Besuch in London. Lebt dort eine duckmäuserische, angepasste Stadtbevölkerung im Schatten des Generalverdachts?” Nonchalant werden alle Zweifel mit solchen Plattitüden beiseite gewischt. Das ist der Respekt, den solche Leute vor der Privatsphäre der Bürger haben.
Dazu paßt auch der Stil:
Wie soll die Forderung des Bundesverfassungsgerichts erfüllt werden, dass der „Kernbereich privater Lebensgestaltung“ vor Überwachung geschützt wird?” Als gäbe es einige Richter, die da mal ihre Meinung gesagt hätten. Das ist eine unumstößliche Forderung des Grundgesetztes und kein Argument unter vielen!
Es kommt noch besser: “Da muss man auch ein bisschen auf die soziale Wirklichkeit gucken: Wer, der ins Netz geht, weiß denn nicht, dass darin letztlich alles öffentlich ist?” Ein bißchen gucken! Es geht um die Grundrechte, und der guckt ein bißchen! Es geht um die Unverletzlichkeit der Privatsphäre, und dieser Mensch erklärt alles für öffentlich, was jemand auf seinem PC speichert.
En passant wird dann auch gleich für die Aufhebung der Trennung von Polizei und Geheimdiensten votiert. Dieser Berserker hat nichts gelernt und will da weitermachen, wo Stasi und Gestapo aufgehört haben, und er kapiert nicht, daß deren Befugnisse Teil der Unrechtsregime war, in denen sie ihr Unwesen trieben. Ernsthaft verkauft er das so:
Man könnte argumentieren, dass der deutsche Rechtsstaat gefestigt genug sei, eine solche Zentralisierung der Gewalt nicht zu missbrauchen“. Unfaßbar!
Da hilft auch nicht das letzte verzweifelte Argument, das unter dem Deckmantel der Gewaltenkontrolle daherkommt, daß nämlich “Überwacher überwacht werden sollen“. Das ist nicht nur deshalb ein miserables Alibi, weil es absurd ist, die Geheimpolizei erst mit der Macht auszustatten, heimlich und unkontrollierbar zu walten, um sie hernach kontrollieren zu wollen. Wenn man ein bißchen guckt, wie es um die Überwachung der bestehenden Geheimdienste heute schon bestellt ist, erkennt man das Augenzwinkern. Was Gero von Randow da zusammenlamentiert, ist eine Anleitung zur Überführung des Rechtsstaats in einen Polizeistaat.