Stuttgart 21% oder: Wozu überhaupt SPD?
Posted by flatter under Politik[32] Comments
06. Okt 2010 16:18
Sebastian Kemnitzer schreibt für den “Stern”, die SPD tue gut daran, sich auch als Juniorpartner anzubieten – und zwar nicht immer bloß der CDU, sondern ggf. auch den Grünen oder Linken. Er rät den Sozen, “bei zukünftigen Koalitionsverhandlungen strikt auf die Inhalte zu setzen“. Dem könnte man sich anschließen, wäre da noch eine Ahnung davon übrig, was die Inhalte der SPD sind. Vor allem aber ist da das Problem, daß ihre Funktionäre gern mit jedem ins Bett gehen, der Seidenlaken und gute Bezahlung bietet, was wiederum den traditionellen Inhalten nicht so recht entgegenkommt.
Aktuell bekomme ich die Tür auch mit Anlauf nicht zu, in der ein Reinhold Gall herumsteht und den Depp vom Dienst gibt. Mappus und sein Innenminister haben gute Gründe dafür, die Situation um Stuttgart 21 zu verdrehen und zu lügen, daß sich die Balken biegen. Die Grünen empören sich rechts und freuen sich links über den Zuspruch zu ihrer einfachen und realistischen Haltung.
Was aber sagt der Experte der SPD-”Opposition”?
Er habe “nicht den Eindruck, dass Informationen zurückgehalten werden”
von den zuständigen Behörden , ist der Meinung,
“die Fragen seien ausreichend geklärt worden” und stellt sich damit hinter Mappus und seinen Innenminister Rech.
Den Leuten weiszumachen, ein paar Polizeivideos, die ihm gezeigt worden sind, könnten die erwiesenen rechtswidrigen Angriffe von Polizisten auf Bürger widerlegen, ist unfaßbar lächerlich. Die Art und Weise, ohne jeden Anlaß und mit schweren Verletzungen als Folge auf Rentner und u.a. einen ehemaligen Strafrichter loszugehen, ist durch nichts zu rechtfertigen. Diese Leute als “linke Chaoten” abstempeln zu wollen, ist schon kreuzdämlich, wenn man das für christdemokratische Regierungskunst hält.
Was soll man dann aber erst davon halten, wenn ein “Sozialdemokrat” es für Opposition hält, dazu keine Fragen mehr zu haben? Wer will denn solche Leute in der Regierung? Wer wählt denn eine “SPD”, die nicht einmal Ministerposten verlangt, um den Rechtskonservativen die Stiefel zu küssen? Wer sind denn überhaupt diese 21%, die das angeblich immer noch fertigbringen?
Für das Vehalten des SPD-Funktionärs gibt es aber vielleicht eine ganz nachvollziehbare Erklärung: Mappus hat mit seinem Zitat aus dem “Paten” zu seinem “Angebot, das man nicht ablehnen kann” einen quasi Freudschen Hinweis darauf gegeben.
“Heute macht sie in Stuttgart ihre Geschäfte in der Bauindustrie, im Immobilienhandel, in der Gastronomie“, schreibt die FAZ – und meint damit nicht CDU oder SPD, sondern die echte Mafia. Wenn deren Projekte geschützt werden, ist es vielleicht wirklich besser, “keine weiteren Fragen” zu stellen.
Oktober 6th, 2010 at 16:53
sehr trefflich. lese gerade jürgen roth. mafialand deutschland. darin berichtet er von einer alten mafia-weisheit: wer lange leben will, muss schweigen.
Oktober 6th, 2010 at 17:06
[...] https://archiv.feynsinn.org/?p=5102 [...]
Oktober 6th, 2010 at 17:14
vom wähler abgestraft und ohne pöstchen im politcircus ist übel, aber mit betonschuhen versenkt ist eben tödlich.
Oktober 6th, 2010 at 18:24
Das ist schon erstaunlich, wenn unbeirrt und mit Empörung eingefordert wird, Funktionseinheiten innerhalb eines dynamischen Systems sollten Funktionen ausüben, die irgendwann einmal mit ihrem ursprünglichen Namen in einer wahrnehmbaren Verbindung standen. Von einem hölzernen Kochlöffel im Feuer unter dem Grill kann nicht erwartet werden, dass er noch weiter zum Rühren in der Goulaschsuppe tauglich ist.
Folglich findet man in der ersten Zeile des Artikels die Bezeichnung SPD, in der zweiten CDU, in der dritten Grüne, Linke. Als seien sie in alle Anfänge und Enden aller Zeilen eingemeißelt. Und als sei das nicht mehr als genug für einen Besuch im Politikmuseum geht´s auch noch zu der Vitrine, die den Schriftzug Koalitionsverhandlung trägt.
Die Tageskritik bezeichnet dann den Mann, der einen Experten der Opposition gibt, als Deppen, und schreibt etwas später über ihn: Was soll man dann aber erst davon halten, wenn ein “Sozialdemokrat” es für Opposition hält, dazu keine Fragen mehr zu haben?
Das ist kein Depp, sondern einer, der den Anforderungen der Regie und seiner Rolle gerecht wird! Aber das wiederum, verehrter Theaterkritiker, ist beileibe nicht alles; es gilt zu erkennen, dass all diese Szenen nicht mehr so oder anders gespielt werden können, sondern genau so stereotyp gespielt werden müssen, bis die Feuerwehr kommt oder zu spät kommt oder aber im Stau stecken geblieben ist.
Oktober 6th, 2010 at 19:10
@snozin: Ach, diese Szenen können nicht anders gespielt werden? Haben sie also recht, wenn sie das “alternativlos” nennen? Oder ist es vielmehr verwunderlich, wenn sich jemand im Auftrag einer Partei genau so verhält, daß der doch so sehr erwünschte (Wahl-)Erfolg ganz sicher ausbleibt?
Oktober 6th, 2010 at 19:54
jo, die schwobe möget ihre Spaggos. kenne da noch eine kleinstadt die ihre steuereinnahmen vornehml. einigen wenigen gastronomen zu verdanken haben. in einer solchen war ich mal zum essen eingeladen, als ich selbst zahlen und die berlusconti verlangte, haute der einlader mir fast eine aufs maul. die kellner dagegen bekamen einen lachanfall…
Oktober 6th, 2010 at 20:27
Cool, meinte Tochter lernte das heute in der Schule, also dass es bei Stuttgart 21 um Immobilienspekulationen geht, in die auch die Mafia verstrickt ist! Ich sag jetz nicht auf welcher Schule sie ist;-)
Zudem wollte er von ihr alle infos über die totgeschwiegene tote Frau aus dem Schlossgarten – ausgedruckt aus dem internetz – die es entweder gar nicht gibt, oder aber eben doch.
Oktober 6th, 2010 at 21:05
einen faktenreichen Artikel gibts übrigens da:
https://www.eurotrib.com/story/2010/10/3/85520/1242
Nett das im Manger-Magazin:
…
Knipper erwartet, dass sich die deutsche Baubranche angesichts des Ärgers um Stuttgart 21 weiter vom Heimatland abwenden wird. “Wenn es hierzulande immer weniger Großprojekte gibt, werden die größeren deutschen Bauunternehmen ihr Geschäft noch stärker im Ausland – vor allem Asien – suchen müssen.”
Damit gehe möglicherweise auch Wissen verloren – ein Prozess, der in den Augen von Zynikern angesichts der Pannen beim Bau der Kölner U-Bahn (Bilfinger Berger Chart zeigen) und der Hamburger Elbphilharmonie (Hochtief) bereits begonnen haben könnte. Knipper malt ein schwarzes Bild von der Zukunft der Bauindustrie in Deutschland. “Wenn wir nur noch den Bestand pflegen, wird es schwer das Know-how für komplexe Großprojekte im Land zu halten.”
…
https://www.manager-magazin.de/politik/artikel/0,2828,719102-2,00.html
“Know-How für komplexe Großprojekte.”
Ähem.
Und wo manifestierte das sich gleich letztens?
‘Nach dem Kölner U-Bahn-Desaster zieht der Hoch-Tiefbau-Zirkus weiter nach Stuttgart.’
Und da gibts ja auch die Brücke nach Sizilien:
Schlappe 6Mia Euro.
(28. Mai 2008) https://www.n-tv.de/panorama/Milliarden-Bruecke-nach-Sizilien-article28400.html
…
“”Sizilianische Mafia steht schon bereit”
“Wie auch immer es jetzt kommt, die sizilianische Mafia steht schon bereit und die kalabrische ‘Ndrangheta auch”, so schrieb die römische Tageszeitung “La Repubblica”. Es gibt viel Arbeit, wie sie in Süditalien vor allem vom organisierten Verbrechen “koordiniert” wird – erst in den Steinbrüchen, dann die Erdbewegungen, Transporte oder das Mischen von Beton.”
Klingt echt nach Know-How.
——-
„Stuttgart ist seit Jahrzehnten eine Hochburg der Mafia“
War mir noch garnicht klar.
Die Schwaben: Das sind doch lauter Erbsenzähler und Häuslebauer!
Die Mafia und ihre Kompagneros haben offenbar eine andere ‘Bedarfsrechnung’ als der -ähem-gemeine- Bürger.
Vielleicht erzeugt das eine gewisse Wut bei den gemeinen Stuttgartern, ohne dass ihnen das so richtig bewusst ist, woher die kommt.
Oktober 6th, 2010 at 21:25
Die SPD mal beiseite gelassen, freu ich mich ganz besonders, dass die Stuttgarter dieser Tage ihre CDU mal so richtig kennen lernen.
“Bilder können auch machtvoll sein und vor allen Dingen auch eine manipulierende Wirkung entfalten. Wer das Bild dieses älteren Mannes gesehen hat, der mit blutenden Augen weggeführt wurde, anschliessend den selben Mann sieht, wie er sich offenbar absichtlich mit nackter Brust und ausgebreiteten Armen vor den Wasserwerfer stellt und nun liesst, er habe andere schützen wollen, der lernt eines – nämlich auf eine saubere Aufarbeitung der Ereignisse zu warten.
Ärger, Wut und vor allem Hass machen blind und sind schlechte Ratgeber. Ich habe Vertrauen in unseren Rechtsstaat.”
Zitat Karin Maag, CDU Abgeordnete bezügl des Mannes, der gerade operiert wurde und um sein Augenlicht bangen muss
https://stuttgart21.blog.de/2010/10/06/cdu-abgeordnete-karin-maag-verhoehnt-erblindeten-9539955/
Oktober 6th, 2010 at 22:03
@geheimrätin #9
ich würde mir wünschen, dass sich das nicht nur auf Bilder reduziert, sondern das ALLGEMEINE sichtbar wird!
Du erdest zwar aus guten Gründen die falsche Abstraktion der Frau Maag, ABER:
So sehr ich die weibliche Logik schätze — manchmal läuft sie in die Irre.
Die Frage, ob das Perfidie oder schiere Dummheit ist, die die Gutste da äussert, lasse ich mal offen.
Sorry. (Die Schläge dafür wirst Du mir gleich verpassen!)
————
Deshalb das: (habe ich vorher geschrieben, und zielt auf etwas anderes, aber passt schon–das Muster dürfte doch mittlerweile klar sein:.)
————
Ob Pharmalobby, Energiekonzerne, Bau-Industrie, Finanz-’Industrie’, Mediziner, Hoteliers…:
JEDER bekommt seinen ‘fairen share’ am Leichnam ‘Gesellschaft’, den sie kannibalisieren und bis auf die Knochen abnagen.
Und halluzinieren, dass sie im luftleeren Raum leben könnten, wenn sie ihn –und nicht nur ihn, sondern auch noch die Restnatur– schliesslich verspeist haben.
DAS ist doch die Absurdität!
Das AUSZUSITZEN und zu warten, bis dieses absurde Theater in sich zusammenfällt, halte ich für suizidal!
Nicht, dass ich jetzt eine Antwort wüsste.
Aber dass ‘wir’ drauf und dran sind, unsere Zukunft zu verspielen, sollte doch klar sein!
(–Hier habe ich was gestrichen, weil ichs auf die Schnelle nicht erklären kann–
Sorry.)
Vielleicht gibt es ja ‘faire’ Aliens, die solang abwarten, bis wir LOGISCH UNSERE Welt verspielt haben, und SIE dann mit gutem Recht reklamieren können, dass die Restwelt IHNEN gehört, weil WIR sie/es versiebt haben.
Das nur als Gedankenspiel für die Gamer unter Euch.
Ich gehöre definitiv nicht zu denen(Gamern), aber ich merke, dass diese Denke immer mehr um sich greift.
Amen.
Oktober 6th, 2010 at 22:14
@ Groo
ja diese weibliche CDU Logik ist wirklich erstklassig ;-)schön dass auch du das gemerkt hast!
glotze grade hart aber leer – man könnte meinen Özdemir arbeitet undercover für die CDU – kein einziges schlagkräftiges Argument bringt der ein, keine Aufkläfung, niente.
Oktober 6th, 2010 at 22:28
Also, Groo, das gr0ße Ganze, halten wir es fest an kleinen Details am Beispiel Stuttgart 21
Wir sehen hier einen Mann, der offenen Auges in die Blindheit rennt, sich feiwillig die Augen rauspusten lässt, um endlich mal in aller Ruhe ein paar Tage Urlaub im Krankenhaus machen zu können und den Ärzten teure Operationen finanziert, während die Öffentlichkeit auf intrigante Weise dahingehend manipuliert wird, dass Polizisten Gewaltäter seien, während die Demokratie im Auftrag der Daimlers, Mafiosis, Immobilienspekulaten und gekaufter Abgeordnete ein Projekt durchsetzen muss, ich betone muss, denn dieses Projekt entscheidet über die Zukunft unserer Demokratie!
nochmal die wichtigsten Punkte zitiert, um was es bei Stutgart 21 geht:
Ebene zwei – die der guten und schlechten Argumente
Grube, Ramsauer, Drexler, Schuster und Mappus argumentieren: Die Bevölkerung rafft es nicht. Unsere Argumente sind an sich ausgezeichnet., sie dringen bisher nur nicht ausreichend durch. Wir schaffen in Stuttgart den Anschluss an die Moderne. All die Lapptopper, die Handy-men, die Eurokraten und die Bürokraten, die täglich auf der Magistrale Paris – Stuttgart -Bratislava – Budapest pendeln, wollen in Zukunft partout per Eisenbahn und Maulwürfen gleich unter Stuttgart hindurch fahren und gegebenenfalls einen kurzen Blick durch Glupschaugen hoch auf den Daimler-Stern auf dem Bonatz-Bau werfen.
Wir alle wissen: Das ist hanebüchen. Sollte es Stuttgart21 je geben, dann werden keine zehn Leute am Tag von Paris über Stuttgart nach Budapest mit der Eisenbahn fahren. Doch es werden Tag für Tag viele Zehntausende sein, die hier vor Ort im S-Bahn- und im Nahverkehr Stress mit dem neuen Nadelöhr im Keller der Stadt haben.
Von Zügen, die es nicht gibt, die es nicht geben kann
Apropos gute Argumente: Das gilt ja auch für die Neubaustrecke Wendlingen – Ulm, ohne die S21 sinnlos wäre und wogegen wir gute und wofür die S21-Befürworter schlechte Argumente haben. Ja, die Geislinger Steig´ ist steil. Doch die Neubaustrecke wird noch steiler – anstelle von 2,5 Prozent werden es 3,1 Prozent Steigung sein. Ja, 250 Meter Höhendifferenz, die bei der Fahrt über die Schwäbische Alb zu bewältigen sind, sind verdammt viel. Doch die Neubaustrecke will deutlich höher hinaus und eine Höhendifferenz von 450 Metern bewältigen. Das sind 80 Prozent mehr. Ja, Güterzüge quälen sich auf der heutigen Strecke. Doch auf der Neubaustrecke kann es keine herkömmlichen Güterzüge mit 1500 Tonnen Gewicht und einer Lok mehr geben. Das ist dann schlicht nicht mehr zu bewältigten. Und um das zu vertuschen, haben die Befürworter von S21 einfach neue Züge, die sogenannten leichten Kaufmannszüge, erfunden. Züge, die es nicht gibt und die es nicht geben kann, da der Trend in Richtung immer längerer und schwererer Güterzüge geht und da es ja eine andere Güterverkehrsroute Richtung München gibt, die über Donauwörth und Nördlingen.
Selbst die behauptete Zeitersparnis, die es bei der Neubaustrecke geben soll, ist manipuliert. 1995 dauerte die Zugfahrt zwischen Stuttgart und München – laut Fahrplan, wohlgemerkt – 121 Minuten. Heute sind es 144 Minuten oder 23 Minuten mehr. Das soll jetzt mit einer Neubaustrecke wieder herein geholt und darüber hinaus die Strecke noch etwas verkürzt werden. Da fragen wir doch die selbst ernannten Freunde der Schiene: Warum habt ihr bloß die Infrastruktur 15 Jahre lang so verlottern lassen? Warum ist es nicht das allererste Anliegen, die bestehende Strecke wieder in Schuss zu bringen und dann durch kleinteilige, deutlich preiswertere Verbesserungen diese Verbindung zu ertüchtigen und meinetwegen auch noch um ein paar Minuten über den Stand von 1995 hinaus zeitlich zu verkürzen?
Ebene drei – die der Wirtschaftlichkeit
Sind die Milliarden für S21 und die Neubaustrecke gut investiertes Geld? Tatsachen sind doch
Die Kosten für S21und die Neubaustrecke explodieren, noch bevor der Bau begonnen hat. Allein seit 2007 erhöhten sich die offiziellen Kosten für beide Projekte zusammen von 4,8 auf 7 Milliarden Euro. Die jüngsten Einsparungen, mit denen S21 als wirtschaftlich schön gerechnet wird – also dünnere Tunnelwände, weniger Querstollen als Rettungsgänge, der Einsatz von 3900 Bauarbeitern aus Osteuropa, zusammengefasst in einer eigenen Containerstadt – sind extrem riskant und baurechtlich unter Umständen schlicht kriminell.
Es ist hier auch zu fragen: Für was, für welche Zwecke wird denn dieses Geld eingesetzt? Oder: Wie könnte das anderweitig sinnvoll eingesetzt werden? Aktuell werden diese Milliarden eingesetzt gegen die Fahrgäste, gegen den Schienenverkehr, gegen die Stadt, die verwüstet wird, mit erheblichen Gefahren für die Mineralquellen und die Bebauung – weswegen ja auch der wichtigste S21-Preisträger, Frei Otto, aus dem Projekt ausstieg und vor kaum beherrschbaren Gefahren warnt.
Nun wissen wir: Bei einer Realisierung unserer Alternativen würden Bund, Land und Stadt zwischen sechs und acht Milliarden Euro einsparen. Ein Vergleich: Am 1. September beschloss das Kabinett Merkel-Westerwelle ein Sparpaket. Teil desselben sind 30 Milliarden Euro an Einsparungen bei den sozial Schwachen, bei Hartz-IV-Empfängern, bei allein erziehenden Müttern. Allein das genannte Einsparpotential bei S21 und der Neubaustrecke macht ein Fünftel bis ein Drittel des gesamten asozialen Spar-Wut-Volumens aus. Es ist doch politisch aufschlussreich, wie beim Sparprogramm auf dem Rücken von Menschen, für die jeder Euro wichtig ist, gespart wird, während gleichzeitig Milliarden Euro dafür ausgegeben werden, dass Fahrgäste geschädigt, eine Stadt geschunden und ein Baudenkmal zerbaggert wird.
Wenn es denn so ist, dass wir die Mehrheit sind, dass wir die besseren Argumente haben, dann stellt sich doch die Frage: Warum bloß kann sich bisher diese Grube-Schuster-Drexler-Mappus-Show durchsetzen? Natürlich fällt da einem die eine und andere Antwort ein. Da gibt es Leute, die wollen sich ein Denkmal setzen. Da gibt es Leute, die sind gekauft oder die kaufen sich ein.
Ihr Ziel ist die autogerechte Stadt
Doch wir sollten auch eine große Linie im Auge behalten, die letzten Endes in erheblichem Maß alle diese Pläne bestimmt. Es geht seit einem Dreivierteljahrhundert um das Ziel der autogerechten Stadt, der auf Auto und schnellen Kommerz zugerichteten Stadt. Es ist keine Stadt für die Menschen. Keine Stadt für unsere Kinder. Keine Stadt, in der Kultur, Lebensfreude und Erholung ihren Stellenwert, die großen Plätze, den öffentlichen Raum bestimmen. Nein – da wird Platz geraubt, werden Plätze und öffentlicher Raum zweckentfremdet für Straßen, für Banken, für Kommerz.
Es ist doch kein Zufall, dass von vier Bahnchefs drei, nämlich Heinz Dürr, Hartmut Mehdorn und Rüdiger Grube aus dem Hause Daimler gestellt wurden. Dass sie alle drei das Projekt Stuttgart21 vorantrieben. Und dass es dann einen Bahnchef namens Johannes Ludewig gab, der nicht so eng an ein Autoimperium angebunden war. Der ließ Stuttgart21 durchrechnen. Der stellte fest, dass sich das nicht rechnet. Der beschloss den Ausstieg aus dem Projekt. Und der war dann weg vom Bahnchef-Fenster. Der Autokanzler holte den nächsten Daimler-Mann, Mehdorn.
Es geht um Immobilien-Deals
Lasst mich das mit der „großen Linie“, die hinter S21 steht, noch genauer belegen. Im Jahr 1993 erschien im Münchner Wochenmagazin „Focus“ ein Artikel mit der Überschrift: „Das Mega-Milliarden-Ding“. Es ging in dem Beitrag allein um die sogenannten 21er Projekte, mit denen Schienenverkehr unter die Erde verlegt werden sollte. Zum Auftakt des Artikels wurde ein Blick auf das „Vorbild USA“ und das „Beispiel New York“ geworfen. Es gab zwei Fotos im Stil von „vorher-nachher“. Das erste zeigte New York City in den 1920er Jahren. Ein Bild mit breit gefächerten Schienensträngen und einem imposanten Kopfbahnhof. Penn Central Station – der damals größte Bahnhof der Welt. Daneben ein Foto von derselben Stelle heute: dichte Bebauung; Hochhäuser. Im Text hieß es: „Die New Yorker (…) überbauten diese hässliche Gleisschneise samt Bahnhof mit Hochhäusern und Straßen.“ Dass in der Folge der Schienenverkehr in den USA und in New York auf weniger als ein Zehntel reduziert wurde, verschwieg „Focus“.
Aber das Blatt war ehrlich genug, die grundsätzliche Stoßrichtung der 21er Projekte offen zu legen. Dort hieß es: „Heinz Dürr, der Führer der zukünftigen Deutschen Bahn AG (…) gibt sich entschlossen, mit Bahnhöfen und Brachland gutes Geld zu verdienen. (…) Für das Geschäft mit Immobilien wird im Vorstand der neuen DB AG eigens ein neues Ressort geschaffen.“ Die gewissermaßen focussierte Bilanz: „Das 41.000 Kilometer lange Schienennetz ist als Immobilie pures Gold. Die Gleisschneisen der Städte können raffiniert umbaut werden.“
Darum und nur darum geht es: Um Immobilien-Deals. Um gewaltige Bauaufträge. Um die Privatisierung von Volksvermögen. Um die Zerstörung des klimaverträglichen Bahnverkehrs zugunsten des Straßen- und Luftverkehrs.
Uns wird in diesen Wochen und Tagen immer wieder gesagt, da sei doch alles eingetütet, es gebe eben „unumkehrbare Beschlüsse“. Das soll uns auch Tag für Tag eingehämmert, mit Bagger- und Brachialgewalt demonstriert werden. Zunächst einmal gilt bereits rein formal: Bei Stuttgart21 und der Neubaustrecke wurden Beschlüsse wider Treu und Glauben gefasst. Es erfüllt den Tatbestand der Sittenwidrigkeit, wenn Entscheidungen zustande kommen, bei denen die Entscheider Gutachten nicht kennen, von einem Güterverkehr ausgehen, den es nicht geben kann und vom Ausstieg des wichtigsten Architekten aus dem Projekts – Frei Otto – und seinen Warnrufen nicht informiert wurden.
link
Oktober 6th, 2010 at 22:56
@geheimrätin #12,
ich habe jetzt nicht jeden einzelnen Satz, den Du geschrieben hast, auf die Waage gelegt.
Würde aber sagen: stimmt so.
Bissel Dialektik muss ja sein.
Die erste Frage, die ich gerne stellen möchte, wäre die:
Burschen: seid ihr vielleicht korrupt?
Wenn nein: beweist das!
Wie?
Indem IHR die Daten auf den Tisch legt, und WIR die durchforsten.
Keine Geheimverträge.
Keine Gutachten ohne Gegengutachten und schliesslich Öffentlichkeit.
Dann keine Mafia,keine Polit-Vorwärts/Rückwärts-Korruption, keine falschen Gutachten, keine unanständigen Gewinne durch falsche Zahlen … .
Alles auf den Tisch, bitteschön!
Oktober 6th, 2010 at 23:05
-> flatter: Das die spd sich so blöd anstellt, muß Gründe haben. Interessanter Aspekt.
-> Geheimrätin: Was man meiner Meinung nach auf keinen Fall vergessen darf, ist die geplante Privatisierung der Bahn, die meines Informationsstandes nach immer noch in den Schubladen auf ihre Wiedererweckung wartet. Der eigentliche Skandal ist für mich damit die durch die Allgemeinheit finanzierte Wertsteigerung des Objekts, was dann in Einzelteile zerkloppt meistbietend versteigert werden soll. Wir werden nicht umhin kommen über Rückzahlungsforderungen derart veruntreuter Steuergelder nachdenken zu müssen.
Nachgeschwätzt: Ihr erinnert euch alle noch an die ‘Volksaktie’, die als gewinnbringender Rentenzusatz gepriesen wurde, nicht wahr?
Oktober 6th, 2010 at 23:08
-> Groo: Früher gab es mal den Bundesrechnungshof. Sind die inzwischen alle im Kinderpuff in Thailand oder sonstwo versackt?
Nachtrag: In den usa, die nach neuester Berichterstattung der letzten Jahre sich etwas von ihrer demokratischen Situierung entfernt haben soll, werden nach x Jahren Dokumente offen gelegt. Bei uns nie.
Oktober 6th, 2010 at 23:20
@R@iner
In der letzten Runde sollte die Bahn als Betriebsgesellschaft verkloppt werden mit einem Aktien-Erlös von ca 10Mia€.
Wenden wir das mal auf Stuttgart21 an:
Realistisch 10-12Mia€ aus Staatsaufkommen, so sieht man, wo der Hase läuft.
Sozialisierung der Kosten, Privatisierung der Gewinne.
Schlawiner Mehdorn hat sich längst auf lukrativere Weiden zurückgezogen, da er merkte, dass es da Schwierigkeiten geben würde.
Same as ist ever was!
Der Pseudo-Profit der Öffentlichkeit ist eine Farce.
Reine Augenwischerei.
Und da geht es um Faktoren ca 10 zu-ungunsten der Öffentlichkeit!
Amen.
Oktober 6th, 2010 at 23:22
-> Groo: Sag ich doch. Woher Du den Faktor 10 hast, weiß ich jetzt nicht. Ich hätte den höher angesetzt.
Oktober 6th, 2010 at 23:33
@R@iner #17
Bin halt konservativ. ;)
Oktober 6th, 2010 at 23:35
-> Groo: Gute Antwort. *lach*
Oktober 6th, 2010 at 23:45
Wieder ein Fall für NH4NO3. Ich war nicht der Erste, zumal ich mehr zu den Chloraten tendiere.
Oktober 6th, 2010 at 23:49
@R@iner #15
Was die Veröffentlichung von Dokumenten betrifft, bin ich etwas skeptisch.
GB-David Kelly? 70 Jahre.
In D. kenne ich keine verbindlichen limits.
Wir sind ja hier in der dollen situatuion, dass in PPP-Verträge sogar die Vertragsgspartner auf gemeidlicher Seite nicht einsehen dürfen.
Sagen wir mal so:
Irgendwann dürfen die Vertragspartner auf gemeindlicher Seite die Verträge einsehen.
Aber erst dann, wenn sie sich ausgezahlt haben.
Und das gilt ganz allgemeinfür Verträge/Daten von öffentlichem Interesse.
Damit WÄRE der Forderung nach öffentlicher Einsichtnahme genüge getan.
Die Idee, dass öffentliche Information zur schnellen Korrektur demokratisch/öffentlicher Entscheidungen –als feedback– führen würde, ist damit erledigt.
Q.E.D.
Oktober 6th, 2010 at 23:54
Um die Korrektur geht es selbstverständlich auch dort nicht. Dem Demokratiegefühl ist mit einem ‘Arrgh, ich wußte es immer schon’ Genüge getan.
Wir sind einfach zu dumm, um die Zusammenhänge zu verstehen. Wir brauchen unbedingt Führer. Je mehr, desto besser.
Oktober 6th, 2010 at 23:58
@R@iner #22
verstehe ich jetzt nicht.
Was meinst Du?
–gehe jetzt ins Bett–also morgen früh eine Antwort, wenns genehm ist.
Grüsse.
Oktober 7th, 2010 at 00:00
Gute Nacht!
Oktober 7th, 2010 at 01:38
@#12
“…Die jüngsten Einsparungen, mit denen S21 als wirtschaftlich schön gerechnet wird – also dünnere Tunnelwände, weniger Querstollen als Rettungsgänge, der Einsatz von 3900 Bauarbeitern aus Osteuropa, zusammengefasst in einer eigenen Containerstadt…”
Na bitte.
Und wenn die Ostarbeiter dann eh schon im Ländle behelfskonzentriert sind, können die auch eben noch das geplante ECE hochziehen.
Nach Feierabend auch gerne noch die ein oder andere schwäbische Terrasse sanieren.
Mal sehen was Heiner Geisler da noch aushandeln kann.
Ich bin da optimistisch.
Vielleicht kann man die Osteuropäer durch billigere Chinesen ersetzen, die sind ja derzeit eine Autobahn in Polen am bauen.
Das könnte man natürlich auch in anderen Bereichen staatlicher Aufgaben umsetzen, z.B. das notwendige Personal für die Hundertschaften aus asiatischen Hungerlöhnern zu rekrutieren.
So könnte man vielleicht endlich mal die ausufernden Staatsfinanzen sanieren.
Aber nochmal kurz zurück zu der Immobiliengeschichte:
Was macht die DB AG denn mit den daraus entstehenden Gewinn, der Grundstücksverkauf überwiegt ja offenbar die Ausgaben der DB AG für das Bauprojekt, welche vorwiegend durch die diversen staatlichen/überstaatlichen Fördertöpfe finanziert wird.
Wird das in andere Infrastrukturprojekte reinvestiert, als Boni verprasst oder sind die als Rückstellungen geplant, damit bei der zukünftigen Privatisierung der Investor den Kauf aus dem erstandenen Firmenvermögen bezahlen kann?
Oktober 7th, 2010 at 08:24
@Halvar:
wenn die Arbeiter dann schon in einem Ghetto^W^Win einer Sondersiedlung wohnen, kann man sie auch viel leichter drangsalieren^Wintegrieren. So wird ein Schuh draus.
Und ja, ich wette, daß die übrigbleibende Kohle der Braut als Mitgift mitgegeben wird. Und wenn dann zum Kaufpreis noch was fehlt, nimmt die Bahn AG einen Kredit auf, denn sie auch dann noch abzahlt, wenn der “Investor” den Laden längst wieder abgestoßen hat. So funktioniert Private Equity. Ach halt, nicht ganz: der Kredit wird so dimensioniert, daß der “Investor” sich gleich noch einen fetten Gewinn auszahlen kann. Jetzt paßt’s aber.
Oktober 7th, 2010 at 08:34
Hallo, schaut einfach mal da rein:
https://www.stern.de/politik/deutschland/stuttgart-21-fahrt-auf-schwaebischem-filz-1611232.html
“Fahrt auf schwäbischem Filz”
Oktober 7th, 2010 at 09:51
Die Frage “Wozu überhaupt SPD” beantwortet sich bei realistischer nüchterner Betrachtung dieser Gesellschaft, seiner Menschen, insbesondere aber seiner Wähler beinahe schon von selbst.
SPD und praktisch A L L E ihre Funktionäre, Wähler, offenen und weniger offenen Unterstützer wollen, dass in dieser Gesellschaft alles so bleibt wie es ist.
Ob gerade Stuttgart 21, Hartz 4, Riesengeschenke an das Groß-u.Finanzkapital, die Reichen und Wohlhabenden, immer größerer Niedriglohnsektor, Hartz 4 in allen Facetten des Sozialterrors gegen Arbeitslose, D A S ist das “Wofür” dieser SPD.
Und wer es einfach nicht schnallen WILL, mag weiter seine angenehme Schlafmütze fest über Augen und Ohren ziehen und weiter von einer “eigentlich doch”….. “sozialen” SPD halluzinieren, wenn gerade nicht heute, dann eben erst zum Jüngsten Gericht!
Stuttgart 21 zeigt wieder einmal ganz klar, wofür SPD und auch die “Grünen” in dieser Gesellschaft stehen, was ihre Rolle ist, wessen Interessen von ihnen gegen aufkommenden Unmut von Teilen der Gesellschaft abgesichert werden sollen.
Oktober 7th, 2010 at 12:05
Servus Flattermann!
Ich weiß, geht ein Hauchle (Häuchle?) am eigentlichen Thema vorbei,
aber ich muss meinen TV-Tip doch loswerden:
Heute im ZDF Infokanal, 1630 live von der Frankfurter Buchmesse auf dem Blauen Sofa, erhellt uns der Finanzmessias und Säulenheilige (WiWo) der Finanzwelt,wie er Schland “UNTERM STRICH” ganz alleine vor den apokalyptischen Reitern gerettet hat.Peer Steinbrück himself.Live.
Sekundiert vom ewigen ZDF-Oberschüler Wolfgang Herles.
Liebe Grüße
Hagnum
Oktober 7th, 2010 at 16:02
@Groo / 13 Zitiere: “Die erste Frage, die ich gerne stellen möchte, wäre die:
Burschen: seid ihr vielleicht korrupt?
Wenn nein: beweist das!
Wie?”
Angeblich sollen die ja ein eingeritztes Kreuz auf dem Daumen tragen :-)
Man sollte vielleicht diesen hier mal auf die Finger schauen:
https://www.stern.de/politik/deutschland/2-medien-und-stuttgart-21-fahrt-auf-schwaebischem-filz-1611232.html
(Ach sehe gerade universal1909 hat auch schon verlinkt)
Oktober 7th, 2010 at 16:35
-> Groo (23): Ich meinte gestern den FOIA mit von vornherein definierten Ausschlüssen.
In diesem Dokument heißt es dann auch z.B.: “Citizens deprived of relevant information cannot participate in their government’s decisions or hold their leaders accountable. Without this check, government officials are more likely to make decisions contrary to the public interest, abuse their authority, and engage in corrupt activities. In words that ring prophetic today, James Madison warned in 1822, ‘A popular Government, without popular information, or the means of acquiring it, is but a Prologue to a Farce or a Tragedy; or, perhaps both.’”
Wenn wir hier also ein Mitspracherecht nach schweizer Vorbild forderten, müßte auch der Informationsfluß sichergestellt werden. Dagegen werden sich aber alle Firmen wehren, die staatliche Projekte ausführen. Aus den geleakten Maut-Verträgen geht direkt hervor, daß es sich bei dem System um eine einträgliche Gelddruckmaschine handelt. Kleinere Firmen hätten für bestimmte Posten mit Sicherheit wesentlich weniger Kosten veranschlagt als dem Konsortium von der Regierungsseite zugebilligt wurde.
Ich habe keine Hoffnung, daß es hierzulande in naher Zukunft demokratischer zugehen wird. Eher werden die Wörterbücher geändert.
Oktober 7th, 2010 at 16:52
@ R@iner”Wenn wir hier also ein Mitspracherecht nach schweizer Vorbild forderten, müßte auch der Informationsfluß sichergestellt werden. Dagegen werden sich aber alle Firmen wehren, die staatliche Projekte ausführen.”
Das und außerdem müssten wir zuvor noch das von Karlsruhe beschlagnahmte Grundgesetz aus den Klauen der Rechtsverdreher befreien!
https://grundrechteforum.de/