WDR2 meldet: “Die Bayer AG strukturiert ihre Sportförderung um.
Vom Sommer 2008 an will sich der Leverkusener Konzern ausschließlich auf den Fußball-Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen sowie auf das Sponsoring des Breitensports konzentrieren. Aus der Sportwerbung für Basketball, Handball, Volleyball und Leichtathletik wird sich Bayer zurückziehen.”
Diese unscheinbare Meldung ist eine echte Zäsur für eine ganze Region.
Schon 1995 gab es ein ähnliches Ereignis, als der Bayer-Konzern den Fußballclub Uerdingen05 fallen ließ, der 42 Jahre lang “Bayer” Uerdingen gewesen war. Die Geschichte der Bayer-Sportabteilungen ist die konsequente Fortsetzung der Entwicklung des Verhältnisses eines Konzerns zu “seinen” Menschen. Bayer war in der Mitarbeiterschaft wie in den Kommunen rund um die Werke extrem beliebt. Die Niederrheiner waren stolz auf “ihr” Bayer wie die Menschen im Pott auf ihre Zechen. Es war eine Ehre, Jahrzehnte im Betrieb geblieben zu sein und etwas geleistet zu haben.
Wie aber die Kostenfaktoren aus den Werken entlassen und gegen Leiharbeiter ausgetauscht wurden, so werden jetzt die unrentablen Sportvereine abgestoßen. Die AG interessiert sich nicht mehr für die Region. Die Menschen sind ihr egal. Daß sie zu Zeiten, als zuverlässige Arbeitnehmer noch etwas wert waren, von diesen gut profitiert haben, ist Geschichte. Daß die Bayer-Vereine dem Konzern ein Image eintrugen, das keine PR der Welt zusammenlügen könnte, haben die globalisierten Profithanseln vergessen. Bayer hinterläßt verbrannte Erde. Und die Söldnertruppe aus Leverkusen wird niemals Deutscher Meister.
Mai 22nd, 2007 at 02:54
Oh, ja. Wie die große Krupp-Familie, oder Thyssen-Familie. Es hat die Konzerne noch nie wirklich interessiert… die kennen so was wie Anstand, Heimatgefühl, Verpflichtung usw. doch gar nicht. Und die “Malocher” (ich komme aus einer solchen Familie) belügen sich eh selbst mit ihrem Lokalpatriotismus, der im Übrigen total unecht ist.
Also, was solls?! Letztendlich doch nur eine folgerichtige Konsequenz in der Kette der neoliberalen Globalisierung (die man auch vereinfacht “grenzenlose Raffgier” nennen kann).
Mai 22nd, 2007 at 02:54
Oh, ja. Wie die große Krupp-Familie, oder Thyssen-Familie. Es hat die Konzerne noch nie wirklich interessiert… die kennen so was wie Anstand, Heimatgefühl, Verpflichtung usw. doch gar nicht. Und die “Malocher” (ich komme aus einer solchen Familie) belügen sich eh selbst mit ihrem Lokalpatriotismus, der im Übrigen total unecht ist.
Also, was solls?! Letztendlich doch nur eine folgerichtige Konsequenz in der Kette der neoliberalen Globalisierung (die man auch vereinfacht “grenzenlose Raffgier” nennen kann).
Mai 22nd, 2007 at 11:45
“Es hat die Konzerne noch nie wirklich interessiert…”
Das widerspricht absolut meiner Erfahrung. Man mag noch darüber streiten, ob die Anbindung der Angestellten an den Betrieb “nur” eine Variante auf der Jagd nach Mehrwert ist, die ebenfalls dem Profit dient. (Und auch das wäre mit zu simpel). Und eben weil heute die Raffgier regiert, ändern sich auch die Zustände in den Betrieben. Bedenke: Die “Lüge” des Lokalpatriotismus funktioniert nicht, wenn die Menschen nur ausgeplündert und wie Stückvieh behandelt werden. Daher ist die schwindende Identifikation der Menschen mit ihrem Arbeitsplatz ein Indikator für die Verschlechterung der Lage. Die Ansicht, Arbeitgeber/Kapitaleigner würden sich nie für die Menschen interessieren, halte ich für eine grobe Vereinfachung, die nicht hilfreich ist bei dem Versuch, Wirtschaft und Gesellschaft zu verstehen.
Mai 22nd, 2007 at 11:45
“Es hat die Konzerne noch nie wirklich interessiert…”
Das widerspricht absolut meiner Erfahrung. Man mag noch darüber streiten, ob die Anbindung der Angestellten an den Betrieb “nur” eine Variante auf der Jagd nach Mehrwert ist, die ebenfalls dem Profit dient. (Und auch das wäre mit zu simpel). Und eben weil heute die Raffgier regiert, ändern sich auch die Zustände in den Betrieben. Bedenke: Die “Lüge” des Lokalpatriotismus funktioniert nicht, wenn die Menschen nur ausgeplündert und wie Stückvieh behandelt werden. Daher ist die schwindende Identifikation der Menschen mit ihrem Arbeitsplatz ein Indikator für die Verschlechterung der Lage. Die Ansicht, Arbeitgeber/Kapitaleigner würden sich nie für die Menschen interessieren, halte ich für eine grobe Vereinfachung, die nicht hilfreich ist bei dem Versuch, Wirtschaft und Gesellschaft zu verstehen.
Mai 22nd, 2007 at 14:45
Ich habe bis 1981 bei Thyssen als Sachbearbeiter gearbeitet. Ich habe bereits die Anfänge miterleben dürfen, wie sehr sich der Konzern für seine Mitarbeiter interessierte. Also, über 25 Jahre her. Mag sein, daß es in den 60ern und 70ern noch anders war. Aber ich sehe nicht, daß die heutige Einstellung der Konzerne erst vor 5 oder 10 Jahren begonnen hätte.
Mai 22nd, 2007 at 14:45
Ich habe bis 1981 bei Thyssen als Sachbearbeiter gearbeitet. Ich habe bereits die Anfänge miterleben dürfen, wie sehr sich der Konzern für seine Mitarbeiter interessierte. Also, über 25 Jahre her. Mag sein, daß es in den 60ern und 70ern noch anders war. Aber ich sehe nicht, daß die heutige Einstellung der Konzerne erst vor 5 oder 10 Jahren begonnen hätte.
Mai 22nd, 2007 at 14:49
Noch ein nachtrag: Mannesmann im Duisburger Süden setzte in den Röhrenwerken ab 1982 verstärkt Subunternehmer ein, um Betriebsrat und Gewerkschaften handlungsunfähig zu machen. Gleichzeitig wurde massiv abgebaut, die Werkswohnungen wurden teils verscherbelt/privatisiert – oder es wurden neue Wohnungsgesellschaften aus dem Boden gestampft, und ruckzuck waren die Werkswohnungen keine mehr, bei Thyssen und Krupp lief das ganze ebenfalls bereits Mitte der 80er an. Von der Schließung Krupp-Rheinhausen rede ich erst gar nicht…
Im Ruhrgebiet interessieren sich die großen Konzerne definitiv seit Mitte der 80er NICHT mehr für ihre Mitarbeiter und deren Angehörigen. Und das ist Fakt, kein Geblubber meinerseits.
Mai 22nd, 2007 at 14:49
Noch ein nachtrag: Mannesmann im Duisburger Süden setzte in den Röhrenwerken ab 1982 verstärkt Subunternehmer ein, um Betriebsrat und Gewerkschaften handlungsunfähig zu machen. Gleichzeitig wurde massiv abgebaut, die Werkswohnungen wurden teils verscherbelt/privatisiert – oder es wurden neue Wohnungsgesellschaften aus dem Boden gestampft, und ruckzuck waren die Werkswohnungen keine mehr, bei Thyssen und Krupp lief das ganze ebenfalls bereits Mitte der 80er an. Von der Schließung Krupp-Rheinhausen rede ich erst gar nicht…
Im Ruhrgebiet interessieren sich die großen Konzerne definitiv seit Mitte der 80er NICHT mehr für ihre Mitarbeiter und deren Angehörigen. Und das ist Fakt, kein Geblubber meinerseits.
Mai 22nd, 2007 at 15:51
Natürlich kann ein privatwirtschaftliches Unternehmen sein Geld ausgeben, wo es sich positive Effekte verspricht. Sportförderung ist nirgens altruistisch, und wenn die Unterstützung von Spitzensportlern im Interesse des Landes ist, muss sie zunächst vom Staat und nicht von den Unternehmen geleistet werden.
Im Kontext anderer Investitionsentscheidungen des Unternehmens mutet das Zurückfahren der Sportförderung jedoch merkwürdig an.
Pünktlich zur Klimadebatte und zur Diskussion von LED’s beim StandBy-betrieb von elektronischen Geräten hatte Bayer nämlich Mitte April bekannt gegeben, wofür man die Werbe-Millionen auszugeben gedenkt. Am Bayer-Hochhaus in Leverkusen soll eine giantische 122 m hohe Leuchtreklame aus 3,5 Millionen LED-Leuchten entstehen.
So ein weithin sichtbarer Energiefresser bringt natürlich mehr Aufmerksamkeit in Übersee und Asien als eine Diskuswerferin oder ein Stabhochspringer.
Mai 22nd, 2007 at 15:51
Natürlich kann ein privatwirtschaftliches Unternehmen sein Geld ausgeben, wo es sich positive Effekte verspricht. Sportförderung ist nirgens altruistisch, und wenn die Unterstützung von Spitzensportlern im Interesse des Landes ist, muss sie zunächst vom Staat und nicht von den Unternehmen geleistet werden.
Im Kontext anderer Investitionsentscheidungen des Unternehmens mutet das Zurückfahren der Sportförderung jedoch merkwürdig an.
Pünktlich zur Klimadebatte und zur Diskussion von LED’s beim StandBy-betrieb von elektronischen Geräten hatte Bayer nämlich Mitte April bekannt gegeben, wofür man die Werbe-Millionen auszugeben gedenkt. Am Bayer-Hochhaus in Leverkusen soll eine giantische 122 m hohe Leuchtreklame aus 3,5 Millionen LED-Leuchten entstehen.
So ein weithin sichtbarer Energiefresser bringt natürlich mehr Aufmerksamkeit in Übersee und Asien als eine Diskuswerferin oder ein Stabhochspringer.
Mai 22nd, 2007 at 19:09
@Frank: Sicher ist die Entwicklung nicht neu. Und mir liegt auch nichts daran, die “gute alte Zeit” zu glorifizieren. Vielmehr betrachte ich die aktuellen Vorgänge als Abschluß eines Prozesses, der in den 80ern begonnen hat. Die Entwicklung der ökonomischen Ideologie hin zur Kostensenkungsmentalität und zu schnellen Gewinnen hat nicht erst vor 10 Jahren eingesetzt. Hier wäre Diskursanalyse gefragt, um die Spur aufzunehmen, die zu dem Irrglauben geführt hat, ein reduzierter Gewinn sei ein Verlust und “Investition” als Realisierung langfristiger Entwürfe sei Geldverschwendung.
Mai 22nd, 2007 at 19:09
@Frank: Sicher ist die Entwicklung nicht neu. Und mir liegt auch nichts daran, die “gute alte Zeit” zu glorifizieren. Vielmehr betrachte ich die aktuellen Vorgänge als Abschluß eines Prozesses, der in den 80ern begonnen hat. Die Entwicklung der ökonomischen Ideologie hin zur Kostensenkungsmentalität und zu schnellen Gewinnen hat nicht erst vor 10 Jahren eingesetzt. Hier wäre Diskursanalyse gefragt, um die Spur aufzunehmen, die zu dem Irrglauben geführt hat, ein reduzierter Gewinn sei ein Verlust und “Investition” als Realisierung langfristiger Entwürfe sei Geldverschwendung.
Mai 23rd, 2007 at 02:08
@ flatter: da sind wir uns ja dann durchaus einig. Aber so ein Versuch der Analyse ist natürlich fast eine Lebensaufgabe. Da sind einfach zu viele Faktoren im Spiel. Ich versuche mal, ein paar zu nennen:
EU-Vorgaben (gerade die Stahlindustrie betreffend) seit Ende 70er; die traditionelle Kundenbindung ist flöten gegangen, teils wurde sie selbst von den Unternehmen zerstört durch eine Ex-und-Hopp-Mentalität und schlechtem Service, Vertrauensverlust; Globalisierung und Monopolbildung; geändertes Angebot-und Nachfrage-Verhalten (Überangebot, Unübersichtlichkeit, zu rasche Veraltung von z.B. elektronischen Geräten); dann eine von allen Bundesregierung leider geförderten Tendenz der Selbstregulierung des Marktes (immer weiter weg von der sozialen Marktwirtschaft), Geldgier (wieviele Unternehmen haben mit Hilfe von Zecken = Unternehmensberater einfach nur entlassen und es Gesundschrumpfung genannt), Produktionsauslagerungen wegen angeblich zu hoher Kosten in D; das waren jetzt nur ein paar Anmerkungen. Zum Schluß möchte ich noch die geänderte Mentalität festhalten – Manager, die keine echte Bindung mehr zu ihren Firmen haben, sondern einfach nur wandern und kassieren). Da sehe ich insgesamt echte Schwierigkeiten, zu versuchen, zu analysieren, was alles wie und warum dazu geführt hat, daß die Unternehmen/Konzerne heute so sind, wie sie sind.
Mai 23rd, 2007 at 02:08
@ flatter: da sind wir uns ja dann durchaus einig. Aber so ein Versuch der Analyse ist natürlich fast eine Lebensaufgabe. Da sind einfach zu viele Faktoren im Spiel. Ich versuche mal, ein paar zu nennen:
EU-Vorgaben (gerade die Stahlindustrie betreffend) seit Ende 70er; die traditionelle Kundenbindung ist flöten gegangen, teils wurde sie selbst von den Unternehmen zerstört durch eine Ex-und-Hopp-Mentalität und schlechtem Service, Vertrauensverlust; Globalisierung und Monopolbildung; geändertes Angebot-und Nachfrage-Verhalten (Überangebot, Unübersichtlichkeit, zu rasche Veraltung von z.B. elektronischen Geräten); dann eine von allen Bundesregierung leider geförderten Tendenz der Selbstregulierung des Marktes (immer weiter weg von der sozialen Marktwirtschaft), Geldgier (wieviele Unternehmen haben mit Hilfe von Zecken = Unternehmensberater einfach nur entlassen und es Gesundschrumpfung genannt), Produktionsauslagerungen wegen angeblich zu hoher Kosten in D; das waren jetzt nur ein paar Anmerkungen. Zum Schluß möchte ich noch die geänderte Mentalität festhalten – Manager, die keine echte Bindung mehr zu ihren Firmen haben, sondern einfach nur wandern und kassieren). Da sehe ich insgesamt echte Schwierigkeiten, zu versuchen, zu analysieren, was alles wie und warum dazu geführt hat, daß die Unternehmen/Konzerne heute so sind, wie sie sind.
Mai 23rd, 2007 at 19:00
Da gibt es einige Erklärungsansätze, zum Beispiel die Managerausbildung.
(Ein Lob der “Zeit”; der in meinem Beitrag verlinkte Artikel von 12/2005 ist noch aufrufbar!)
Mai 23rd, 2007 at 19:00
Da gibt es einige Erklärungsansätze, zum Beispiel die Managerausbildung.
(Ein Lob der “Zeit”; der in meinem Beitrag verlinkte Artikel von 12/2005 ist noch aufrufbar!)