Sie sind ein lustiges Völkchen: Sogenannte “Terrorexperten”. Schon einfaches Hinterfragen, das freilich nicht zum Handwerkszeug jedes Journalisten gehört, reicht eigentlich aus, um den Etikettenschwindel aufzudecken: Was zur Hölle ist ein “Terrorexperte”? Kann man das studieren? Ist jemand “Experte”, der die Namen aller ehemaligen RAF-Angehörigen auswendig kennt? Oder vielleicht jemand, der mindestens tausend mal vor Anschlägen “gewarnt” hat, die dann nicht stattfanden? Letzteres dürfte den landläufigen Begriff wohl am ehesten treffen.
Wie finde ich einen Terrorexperten? Ganz einfach: Einen Artikel suchen, etwa beim Focus oder einem ähnlichen Qualitätsblatt und bis zu der Stelle lesen, wo er zitiert wird. Im gegebenen Beispiel etwa ein Rolf Tophoven, wichtiger Direktor eines uiuiui “Instituts für Terrorismusforschung und Sicherheitspolitik”. Beispiele für Wortmeldungen von Tophoven und seinem Vize Kai Hirschmann: hier und hier etwa.
Die Beispiele sind beliebig gewählt, weil austauschbar. Es gibt seit 2003 immer nur Warnungen, Hinweise auf Gefährlichkeit, Schüren von Ängsten, vor allem viel Spekulation, Assoziationsbildungen und Konjunktive (Briefbomber “könnten von Al Qaida gelernt haben”, Islamisten “könnten in die Terroszene abrutschen”) und Binsenweisheiten (“Die Terroristen greifen nie an, wenn es Polizei und der Verfassungsschutz erwarten.”). Die zwei sind schwer auf Draht. Daß noch irgendwer sonst zu diesem Institut gehört, ist übrigens nicht zu erkennen, vielleicht ja eine Sekretärin oder der Pförtner. Der Webauftritt dieser Informationsexperten ist jedenfalls äußerst diskret, läßt aber unfreiwillig tief blicken.
Dort heißt es:
>>Die Idee zum Institut für Terrorismusforschung & Sicherheitspolitik erwächst aus der Notwendigkeit und dem Bedürfnis heraus, einer breiten Öffentlichkeit Informationen, Hintergründe und Analysen zu bieten, die über die tagespolitischen und tagesaktuellen Meldungen hinausgehen und dort ansetzen, “wo viele aufhören”.<<
Die Anführungszeichen machen mich grübeln. Nehmen wir sie als Hervorhebung, so stellt sich die Frage, womit “viele” da “aufhören“. Vielleicht mit den haltlosen Spekulationen? Ich habe mich durch mehr als ein Dutzend Äußerungen dieser Experten gewälzt, aber es waren keinerlei Informationen oder Analysen dabei. Spannend wird es daher, wenn man einmal ganz traditionell Anspruch und Wirklichkeit abgleicht.
Iftus:
>>Das Institut arbeitet als unabhängige [sic!] Analyse- und Beratungseinrichtung mit kompetenten Partnern.<<
Wenn man sich so anschaut, wo Iftus auftritt, fällt man schnell vom Glauben ab. Nicht nur die üblichen Sicherheitsforen und -konferenzen, wie etwa Simedia sie veranstaltet, und die Bundeswehr gehören zu den Kunden der “unabhängigen” Experten. Für die Extremus-Terrorversicherung besorgen die kritischen Analysten von Iftus gleich den Newsletter und verdienen damit quasi unmittelbar an der Panik, die sie selbst verbreiten.
Iftus sei dieses Treiben zugebilligt, die Geschäftsidee ist nicht die schlechteste, und wer drauf reinfällt, ist selbst schuld. Aber wer diese Cleverles zu innenpolitischen Themen interviewt und sie ernsthaft “Terrorexperten” nennt, gehört sofort ins Archiv versetzt.
Mai 16th, 2007 at 14:00
Das ist eine Zitatenquelle von interessierter Seite (whoever that is), die Journalisten das erwünschte Ergebnis zu liefern hat. Ein bisschen Zahlenhokuspokus werden sie wohl auch drumherum veranstalten. Wenn dann in einem Artikel steht ‘…sagt auch das renommierte Institut für Dit und Dat …’, dann fragt doch bei dem wissenschaftlichen Titel kein Leser mehr nach.
Mai 18th, 2007 at 13:00
Aha, so funktioniert Journalismus!
p.s.: Jetzt ist mir genau das passiert, was ich befürchtet hatte: Der Kommentar war im Spamfilter hängengeblieben. Aber über Captchas meckern hier alle :-(