Humor ist, wenn der Stammtisch lacht
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28. Apr 2007 18:17
Wie auch der Öffinger feststellt, gibt es Bestürzung, Empörung, ja “Entsetzen” über eine satirische Aktion von Stefan Raab. Er stellt den Musiker Buskohl dar, wie ehedem Schleyer von der RAF abgebildet wurde. Das Thema “RAF aktuell” ist mir in dem Zusammenhang zu blöd, dazu wurde genug geschrieben. Was aber die Deutschen und den Humor anbetrifft, fällt mir einiges ein. Vorab: Ich mag Raab nicht. Sein Humor geht zu oft auf Kosten anderer, er ist flach, beliebig und proletenhaft. Gerade aber weil das nicht my cup of tea ist, liegt mir etwas an der Feststellung, daß auch solcher Humor zulässig und sicher nicht politischen Gesichtspunkten zu unterwerfen ist.
Der Öffinger stellt zurecht fest, daß sogar der Nationalsozialismus veralbert wird, hierüber ist die Empörung in der Tat übersichtlich. Auch dazu habe ich meine Meinung: Ich kann nicht darüber lachen, daß jemand wie Hitler herumschreit, sich ein Chaplin-Bärtchen anklebt und dann Belanglosigkeiten von sich gibt. Ich bin der Ansicht, daß derartiger Blödsinn verkennt, wo Satire aufhört und dumme Ignoranz beginnt. Letztere finde ich überflüssig, gelegentlich verdammenswert, aber für Empörung reicht das nicht aus.
Nun lag ich ganz zufällig gestern im Wachkoma vor dem Fernseher und durchlitt eine ungemein stumpfsinnige Rankingshow, in der demonstriert wurde, warum der deutsche Humor selbst dann todernst ist, wenn er gut ist. Da saß ein Freak wie Pocher auf einer Couch mit Loriot und Dieter Nuhr, da wurde jeder, über den jemals im TV gelacht wurde, gerankt, geränkt, gerenkt, und am Ende gewann Loriot vor Heinz Erhardt, wen interessiert das schon? Das Beste aber war die für das ZDF unerläßliche Moderation durch Johannes Baptist Kerner. Tiefsinnig und doch offenherzig, freundlich, aber gern auch sarkastisch, voller Selbstironie und Souveränität. So kennen wir den Deutschen Humor, so kennen wir auch die Sportreportagen und die Talkshow Kerners leider nicht. [edit] Und so hat er die Granden und Sternchen des Deutschen Humors denn in seiner bekannt desinteressierten Art öffentlich verwaltet. Fragen ohne Sinn und Verstand, ein Abfertigen der Befragten, das Zuhören nicht vorsieht, schleimiges Getue, mit dem ein hellwacher alter Mann wie ein Schwachsinniger angesprochen wurde, und überhaupt: Völlig humorfrei zog der Talkinator das Ding bis zum bitteren Ende durch.
Was lernen wir daraus? Es gibt durchaus witzige Deutsche und sogar eine Menge mit Humor. Aber das geht nur gut, solange alle, die Lachen, über dasselbe lachen. Man ist gern unter sich und pflegt den reinrassigen Humor. Wer es hingegen wagt, mit seinen abartigen Vorstellungen eines abweichenden Humors an die große Öffentlichkeit zu gehen, kann sich des Zorns und der Verachtung aller anderen sicher sein.
April 29th, 2007 at 10:32
“Der meisten anderen”, würde ich sagen. Aber gut, die BILD gibt doch gern (und versteht sich auch so) das Zentralorgan für volksgemeinschaftliches Empfinden, vgl. etwa “Post von Wagner”, also fühlt sie sich auch berufen in Fragen des politisch korrekten Volkshumors ein Wörtchen mitzureden. Was Raab angeht: natürlich ist das ein armseliger Prolet ohne Witz und Verstand. Trotzdem: ich bin nicht für Raab, aber für ein Recht auf Raab. Bei Kerner hört der Spaß jedoch wirklich auf. Schon erstaunlich, was für Pappnasen im “Öffentlich-rechtlichen” Karriere machen – und das gilt nicht nur fürs Fernsehen. Und da wir hier gerade bei Volkskunde sind, das Thema RAF auch kurz anklang, und Du ja neuerdings unter die FAZ-Leser gegangen bist, gibt’s hier noch ein Schmankerl ganz besonderen Humors: die Ex-RAF-Aktivistin Silke Maier-Witt outet sich als typische Vertreterin deutscher Tätermentalität: “Ich war wie so ein Schaf, das macht, was man ihm sagt.” Ja, das kennt man, freilich wohlfeiler formuliert, von einigen Ex-SS-Aktivisten auch. “Sich nach mehr als zwanzig Jahren Haft einzugestehen, dass man für nichts gemordet hat, ist natürlich schwer.” Mit dieser Einsicht, immerhin, scheint die Diplompsychologin viele ihre geistigen Ahnherren überholt zu haben, denn nicht wenige Nazis hielten ihre Verbrechen das ganze Leben für richtig. “Scheint”, denn die vorsorgliche Entlastungsposition ist schon bezogen: “Ich habe wirklich niemanden umgebracht.” – darin nun wieder verachtenswerten Alt-Nazis nicht ganz unähnlich. Und ernsthafte Zweifel an der Authentizität der Maier-Wittschen Abjuratio sind angesagt, wenn sie die RAF-Prozesse als eine “Art Kollektivbestrafung” geißelt, bei denen es gar nicht um die Feststellung der jeweils individuellen Schuld gegangen wäre.
Fazit: Manche lernen’s nie. “Die ewig Unbelehrbaren” – war das nicht ein Feindbild der RAF?
https://www.faz.net/s/Rub28FC768942F34C5B8297CC6E16FFC8B4/Doc~E4DC543F9DFC44146831CF80CC86C9391~ATpl~Ecommon~Scontent.html
April 29th, 2007 at 10:32
“Der meisten anderen”, würde ich sagen. Aber gut, die BILD gibt doch gern (und versteht sich auch so) das Zentralorgan für volksgemeinschaftliches Empfinden, vgl. etwa “Post von Wagner”, also fühlt sie sich auch berufen in Fragen des politisch korrekten Volkshumors ein Wörtchen mitzureden. Was Raab angeht: natürlich ist das ein armseliger Prolet ohne Witz und Verstand. Trotzdem: ich bin nicht für Raab, aber für ein Recht auf Raab. Bei Kerner hört der Spaß jedoch wirklich auf. Schon erstaunlich, was für Pappnasen im “Öffentlich-rechtlichen” Karriere machen – und das gilt nicht nur fürs Fernsehen. Und da wir hier gerade bei Volkskunde sind, das Thema RAF auch kurz anklang, und Du ja neuerdings unter die FAZ-Leser gegangen bist, gibt’s hier noch ein Schmankerl ganz besonderen Humors: die Ex-RAF-Aktivistin Silke Maier-Witt outet sich als typische Vertreterin deutscher Tätermentalität: “Ich war wie so ein Schaf, das macht, was man ihm sagt.” Ja, das kennt man, freilich wohlfeiler formuliert, von einigen Ex-SS-Aktivisten auch. “Sich nach mehr als zwanzig Jahren Haft einzugestehen, dass man für nichts gemordet hat, ist natürlich schwer.” Mit dieser Einsicht, immerhin, scheint die Diplompsychologin viele ihre geistigen Ahnherren überholt zu haben, denn nicht wenige Nazis hielten ihre Verbrechen das ganze Leben für richtig. “Scheint”, denn die vorsorgliche Entlastungsposition ist schon bezogen: “Ich habe wirklich niemanden umgebracht.” – darin nun wieder verachtenswerten Alt-Nazis nicht ganz unähnlich. Und ernsthafte Zweifel an der Authentizität der Maier-Wittschen Abjuratio sind angesagt, wenn sie die RAF-Prozesse als eine “Art Kollektivbestrafung” geißelt, bei denen es gar nicht um die Feststellung der jeweils individuellen Schuld gegangen wäre.
Fazit: Manche lernen’s nie. “Die ewig Unbelehrbaren” – war das nicht ein Feindbild der RAF?
https://www.faz.net/s/Rub28FC768942F34C5B8297CC6E16FFC8B4/Doc~E4DC543F9DFC44146831CF80CC86C9391~ATpl~Ecommon~Scontent.html
April 29th, 2007 at 14:05
“und Du ja neuerdings unter die FAZ-Leser gegangen bist,” – Wie tief der Mensch doch sinken kann!
Bezüglich Maier-Witt: Hätte sie doch das Manual gelesen! Die RAF hat sich selbst immer als Kollektiv beschrieben, und ihre Kommandos haben ja auch so gehandelt. Sie haben sich explizit dagegen verwahrt, es gebe Hierarchien oder abhängige Kommandostrukturen. Was woanders der Befehlshaber ist, war bei ihnen der “Kader”, der quasi organisch aus dem Kollektiv heraustritt, kurzum: Während die Nazis immerhin noch Befehle bekamen, wußten die RAF-Mitglieder, daß sie Teil eines Kollektives waren, das die Tötung von Menschen als Mittel zum Zweck befürwortete. Erbärmlich, so auf halbem Wege stehen zu bleiben und sich nunmehr ganz bürgerlich eine Teilunschuld zu basteln. Immerhin ist das aber menschlich und gibt zu erkennen, daß Maier-Witt kein Revolutionsroboter mehr ist und erkannt hat, daß Mord nicht zu rechtfertigen ist.
April 29th, 2007 at 14:05
“und Du ja neuerdings unter die FAZ-Leser gegangen bist,” – Wie tief der Mensch doch sinken kann!
Bezüglich Maier-Witt: Hätte sie doch das Manual gelesen! Die RAF hat sich selbst immer als Kollektiv beschrieben, und ihre Kommandos haben ja auch so gehandelt. Sie haben sich explizit dagegen verwahrt, es gebe Hierarchien oder abhängige Kommandostrukturen. Was woanders der Befehlshaber ist, war bei ihnen der “Kader”, der quasi organisch aus dem Kollektiv heraustritt, kurzum: Während die Nazis immerhin noch Befehle bekamen, wußten die RAF-Mitglieder, daß sie Teil eines Kollektives waren, das die Tötung von Menschen als Mittel zum Zweck befürwortete. Erbärmlich, so auf halbem Wege stehen zu bleiben und sich nunmehr ganz bürgerlich eine Teilunschuld zu basteln. Immerhin ist das aber menschlich und gibt zu erkennen, daß Maier-Witt kein Revolutionsroboter mehr ist und erkannt hat, daß Mord nicht zu rechtfertigen ist.
April 29th, 2007 at 19:16
Die Sendung habe ich leider auch gesehen und sie offenbarte die Kluft im deutschen Humor, da gab es die großen (Loriot,Erhardt) die unterhalten konnten OHNE andere zu demütigen oder bloßzustellen. Daneben dann solche Flachpfeifen wie Pocher, bei denen es ausschließlich darum geht. Deshalb boykottiere ich auch diese Sat1/Pro7/RTL2 und sonstiges 25€-Spaßformate. Die haben ja nichts mit Komik zu tun, nur zur Unterhaltung der Proles.
April 29th, 2007 at 19:16
Die Sendung habe ich leider auch gesehen und sie offenbarte die Kluft im deutschen Humor, da gab es die großen (Loriot,Erhardt) die unterhalten konnten OHNE andere zu demütigen oder bloßzustellen. Daneben dann solche Flachpfeifen wie Pocher, bei denen es ausschließlich darum geht. Deshalb boykottiere ich auch diese Sat1/Pro7/RTL2 und sonstiges 25€-Spaßformate. Die haben ja nichts mit Komik zu tun, nur zur Unterhaltung der Proles.
April 30th, 2007 at 10:15
Nachtrag:
Habe gestern in gedruckten Ausgabe die ungekürzte Version des Interviews gelesen (dass die FAZ aber auch immer ihre eigenen Beiträge online zensieren muss!). Dort gibt Maier-Witt zu Protokoll, dass ihr Vater in der SS gewesen sei und sie bisweilen der Eindruck überkomme, lediglich die Geschichte ihres Vaters wiederholt zu haben – bezogen auf die Verbreitung von Terror. Wirklich erstaunlich. Jetzt wundert es mich auch nicht mehr, dass die Gute Psychologie studiert hat. Es drängte sie zu wissen, warum sie wurde, wie sie war (und hoffentlich nicht mehr ist). Leider sagt sie indem FAZ-Interview nicht, ob ihr Vater den Krieg überlebte, ob sie ihn also auch als Vater kennengelernt hat. Gesetzt, das sei der Fall gewesen, stellt sich einmal mehr die Frage, ob es zutrifft, was von großen Teilen der Entwicklungspsychologie und -soziologie behauptet wird: dass nämlich frühkindliche Traumata, respektive deren Verarbeitung, prägend sind für das ganze Leben und Erlebnisse erniedrigender Behandlung und/oder Gewaltanwendung vom späteren Heranwachsenden und Erwachsenen in dann strafrechtlich relevanter Weise unbewußt abgewandelt reinszeniert werden. Unschwer läßt sich eine autoritäre, gefühlskalte Atmosphäre im Haushalt eines ehemaligen SS-Angehörigen denken, in der degradierende Erlebnisse an der Tagesordnung sind. Worauf ich aber hinaus will: wenn das, was wir als Kinder erleben, so zwingend relevant für unser späteres Leben ist: wo bleibt dann die Willensfreiheit? Die wird ja neuerdings auch von ganz anderer Warte heftig in Zweifel gezogen: und zwar von der Hirnforschung, die – empirisch gut belegt – teilweise so weit geht, die individuelle Vorwerfbarkeit, d.h. die Möglichkeit, sich in einer konkreten Situation auch anders als deliktisch verhalten zu können, mithin die strafrechtliche Schuld im engeren Sinne, als bloße Fiktion abzutun.
Insoweit empfinde ich das Maier-Wittsche Bemühen – wenn es denn echt ist! -, die eigene Verantwortlichkeit herauszuarbeiten, gerade nicht als “erbärmlich”, sondern als notwendigen Akt der Auseinandersetzung mit sich und Distanzierung von sich selbst, der darauf zielt, irgendwann doch noch – spät freilich! – autonom zu werden im ganzen Sinne des Wortes: selbstbestimmt und frei von den “Dämonen” ihrer Kindheit, der Bürde des SS-Vaters (dass die SS-Mitgliedschaft des Vaters als Bürde empfunden wird, scheint bei deren Kindern in irgendeiner Form immer der Fall zu sein, vgl. nur – als besonders drastisches Beispiel – Niklas Frank) und der eigenen kriminellen Vergangenheit. Bedauerlich nur, dass erst ein komplett verfehltes Leben gelebt werden muss, um all das “los werden” zu können, was in früher Kindheit an verfehltem Input dem Menschen zuteil geworden ist.
Oder bin da jetzt zu “romantizistisch”?
April 30th, 2007 at 10:15
Nachtrag:
Habe gestern in gedruckten Ausgabe die ungekürzte Version des Interviews gelesen (dass die FAZ aber auch immer ihre eigenen Beiträge online zensieren muss!). Dort gibt Maier-Witt zu Protokoll, dass ihr Vater in der SS gewesen sei und sie bisweilen der Eindruck überkomme, lediglich die Geschichte ihres Vaters wiederholt zu haben – bezogen auf die Verbreitung von Terror. Wirklich erstaunlich. Jetzt wundert es mich auch nicht mehr, dass die Gute Psychologie studiert hat. Es drängte sie zu wissen, warum sie wurde, wie sie war (und hoffentlich nicht mehr ist). Leider sagt sie indem FAZ-Interview nicht, ob ihr Vater den Krieg überlebte, ob sie ihn also auch als Vater kennengelernt hat. Gesetzt, das sei der Fall gewesen, stellt sich einmal mehr die Frage, ob es zutrifft, was von großen Teilen der Entwicklungspsychologie und -soziologie behauptet wird: dass nämlich frühkindliche Traumata, respektive deren Verarbeitung, prägend sind für das ganze Leben und Erlebnisse erniedrigender Behandlung und/oder Gewaltanwendung vom späteren Heranwachsenden und Erwachsenen in dann strafrechtlich relevanter Weise unbewußt abgewandelt reinszeniert werden. Unschwer läßt sich eine autoritäre, gefühlskalte Atmosphäre im Haushalt eines ehemaligen SS-Angehörigen denken, in der degradierende Erlebnisse an der Tagesordnung sind. Worauf ich aber hinaus will: wenn das, was wir als Kinder erleben, so zwingend relevant für unser späteres Leben ist: wo bleibt dann die Willensfreiheit? Die wird ja neuerdings auch von ganz anderer Warte heftig in Zweifel gezogen: und zwar von der Hirnforschung, die – empirisch gut belegt – teilweise so weit geht, die individuelle Vorwerfbarkeit, d.h. die Möglichkeit, sich in einer konkreten Situation auch anders als deliktisch verhalten zu können, mithin die strafrechtliche Schuld im engeren Sinne, als bloße Fiktion abzutun.
Insoweit empfinde ich das Maier-Wittsche Bemühen – wenn es denn echt ist! -, die eigene Verantwortlichkeit herauszuarbeiten, gerade nicht als “erbärmlich”, sondern als notwendigen Akt der Auseinandersetzung mit sich und Distanzierung von sich selbst, der darauf zielt, irgendwann doch noch – spät freilich! – autonom zu werden im ganzen Sinne des Wortes: selbstbestimmt und frei von den “Dämonen” ihrer Kindheit, der Bürde des SS-Vaters (dass die SS-Mitgliedschaft des Vaters als Bürde empfunden wird, scheint bei deren Kindern in irgendeiner Form immer der Fall zu sein, vgl. nur – als besonders drastisches Beispiel – Niklas Frank) und der eigenen kriminellen Vergangenheit. Bedauerlich nur, dass erst ein komplett verfehltes Leben gelebt werden muss, um all das “los werden” zu können, was in früher Kindheit an verfehltem Input dem Menschen zuteil geworden ist.
Oder bin da jetzt zu “romantizistisch”?
April 30th, 2007 at 11:40
Ein weites Feld…
Natürlich bleibt es “erbärmlich”, sich ein Inselchen der Unschuld aufzublasen, wenn man an Morden beteiligt war. Aber so ist das eben mit der Verdrängung, deshalb eben auch “menschlich”.
Mit dem freien Willen halte ich es als Philosoph nicht so streng. Er ist, wie die Menschenrechte, nichts, das man mit einem Apparat nachweisen könnte, man muß darum kämpfen, und ganz im Sinne der alten Aufklärung etwas, das sich das Subjekt abringen muß. Dazu ist es nicht das Schlechteste, wenn man Gedanken darüber macht, wie man selbst funktioniert, und zwar am besten vor der Tat, die unwiderrufliche Fakten schafft. Traumatisierte Menschen haben es da schwerer, ebenso solche mit einer Ich-Schwäche. In Kollektiven verrühren sich derartige Schwächen gern zu einem Furchterregenden “wir”, dem zu mißtrauen nur gesund sein kann. Oder, wie eine liebe Freundin zu sagen pflegt: “Never underestimate the power of stupid people in large groups”. Nun war die RAF zwar nicht so large, aber ihre Mittel haben sie dennoch groß gemacht, während die “Theorie”, die ihr Geballer rechtfertigte, extremely stupid war.
April 30th, 2007 at 11:40
Ein weites Feld…
Natürlich bleibt es “erbärmlich”, sich ein Inselchen der Unschuld aufzublasen, wenn man an Morden beteiligt war. Aber so ist das eben mit der Verdrängung, deshalb eben auch “menschlich”.
Mit dem freien Willen halte ich es als Philosoph nicht so streng. Er ist, wie die Menschenrechte, nichts, das man mit einem Apparat nachweisen könnte, man muß darum kämpfen, und ganz im Sinne der alten Aufklärung etwas, das sich das Subjekt abringen muß. Dazu ist es nicht das Schlechteste, wenn man Gedanken darüber macht, wie man selbst funktioniert, und zwar am besten vor der Tat, die unwiderrufliche Fakten schafft. Traumatisierte Menschen haben es da schwerer, ebenso solche mit einer Ich-Schwäche. In Kollektiven verrühren sich derartige Schwächen gern zu einem Furchterregenden “wir”, dem zu mißtrauen nur gesund sein kann. Oder, wie eine liebe Freundin zu sagen pflegt: “Never underestimate the power of stupid people in large groups”. Nun war die RAF zwar nicht so large, aber ihre Mittel haben sie dennoch groß gemacht, während die “Theorie”, die ihr Geballer rechtfertigte, extremely stupid war.