Zum vorläufigen Abschluß meines unfreiwilligen Zyklus’ zum deutschen Liberalismus erlaube ich mir einen Blick auf die Parteienlandschaft und die ängstliche Frage, welche Alternative es gibt zur Großen Koalition. Kurze Rückblende: Rund um die letzte Bundestagswahl wurde den Wählern folgendes erklärt:
Die CDU blieb bei ihrer Aussage, daß einzig die F.D.P. als quasi natürlicher Koalitionspartner in Frage käme. Daß niemand Werbung für eine Große Koalition machen wollte, war genau so klar, wie daß sie im Falle des Falles eben doch geschmiedet würde. An dieser Haltung hat sich bis heute nichts geändert, und die CDU hat politisch wenig Grund dazu, ihre Haltung zu ändern.
Die Grünen waren zu mancher Schandtat bereit, hatten und haben aber Probleme mit der Aussicht, die Linkspartei ins Boot zu holen. Das hat unterschiedliche Gründe: Die “Linken” gelten als verpönt und kosten Wählerstimmen. Sowohl eine gute als auch eine schlechte Zusammenarbeit kann die Grünen einiges kosten, denn sie würden schnell für viele Wähler als zu wenig “links” dastehen, während sie von anderen in die linksradikale Ecke gestellt würden. So unsinnig beides wäre, es wäre je ein großer Imageverlust. Bleiben also “Jamaica”- oder Ampelkoalition (an eine Mehrheit von SPD und Grünen kann man vernünftigerweise derzeit nicht denken). Jamaica ist für viele Grüne denkbar, sie können das aber nicht ihren Wählern verkaufen. Außerdem sind die Gemeinsamkeiten in einer derart liberal-konservativ geprägten Regierung rasch aufgebraucht. So bürgerlich können und wollen die Grünen nicht sein, die CDU will sich die Grünen überdies schon gar nicht ans Bein binden.
Die Aussagen der SPD sind mit großer Vorsicht zu genießen, denn sie sind vom Schröderismus und ihrem Namensgeber geprägt. Der war nicht immer auf Höhe der Realität und hat sich wahltaktisch festgelegt. Im Nachhinein kam zwar auch eine “Ampel” ins Gespräch, aber nach der deutlichen Absage durch die F.D.P., respektive ihres Vorsitzenden, war die Idee schnell vom Tisch. Eine “linke” Koalition traut sich die SPD nicht. Sie würde zerrieben zwischen der je schärfer konturierten Konkurrenz, Einheitsparteivorwürfen von rechts und der schlichten Abneigung gegen Lafontaine, der für die verbliebenen Schröderisten Persona non grata ist. Einer Ampel wäre die SPD politisch nicht abgeneigt, sie gilt aber als zu instabil. Andererseits ist die Partei derart auf eine Große Koalition festgelegt, in der sie vermutlich immer Juniorpartner wäre.
Die F.D.P. schließlich hat sich nach der Wahl in die Fundamentalopposition geflüchtet und wartet auf die nächste Wahl und ein schwarzgelbes Revival. Das wird vermutlich an der Schwäche der SPD scheitern, die durch ihren Zerfall eine linke, aber regierungsunfähige Mehrheit geschaffen hat. Eine Jamaica-Koalition fände die F.D.P. womöglich nicht schlecht, andererseits siehe oben. Außerdem paßt eine auf die Konservativen ausgerichtete F.D.P. nicht zu den Grünen.
Bliebe die Ampel. Aus Sicht der bisherigen Parteiführungen und unter den bis zur letzten Wahl gegebenen Machtkonstellationen kam sie für die F.D.P. nicht in Frage. Sie wäre zu “links”, und Westerwelle hätte ohne große Gewinnaussicht wortbrüchig werden müssen. Das hat sich inzwischen geändert.
Erstens: Selbst die SPD ist nicht mehr “links”. Sie ist vielmehr ein wenig desorientiert und kapriziert sich auf das, was auch ohne Inhalte geht: Verwalten, Parolen dreschen und Seilschaften pflegen.
Zweitens: Die Grünen sind als Partei der Nachhaltigkeit zwar auf manches festgelegt, das der merkantilen F.D.P. nicht paßt, aber sie sind die flexibelste Partei überhaupt. Mit der Aussicht auf einen großen Umweltmarkt läßt sich mittelfristig hervorragend arbeiten, und es gibt eine große gemeinsame Idee: Die der Freiheit und der Bürgerrechte.
Drittens: Gerade die F.D.P. hat in einer Ampelkoalition nicht viel zu verlieren. Ihr Profil verliert sie sicher nicht, und sollte das Projekt scheitern, kann sie jederzeit die rein bürgerlich Alternative anpreisen.
Viertens: Eine Ampel wäre eine win-win-win-Konstellation, denn die Gemeinsamkeiten reichen aus, jede der Parteien könnte ihr Profil schärfen und die “Mitte” in einer solchen Koalition wäre in etwa auch die Mitte der Gesellschaft.
Das Projekt , eine sozialliberale Koalition mit einer wirklich modernen Umwelt-und Wirtschaftspolitik, wäre in sich schlüssig und würde die aktuellen politischen Diskurse sämtlich abdecken. Auch und vor allem die Fragen von Arbeitsmarkt und Gesundheitssystem, in der die Konstellation ganz besonders effizient sein könnte. Da es nämlich keine Lobbyisten gibt, die alle drei Parteien im Griff haben, wäre eine Ampelkoalition gezwungen, auf diese keine Rücksicht mehr zu nehmen. Es liegt also nicht zuletzt an den Liberalen, ob sie sich bewegen oder das Gewurschtel in Berlin weiter dulden.
April 9th, 2007 at 22:08
Das ist wahr. Ich gehe aber davon aus, dass die FDP nicht in Richtung Ampel gehen wird. Zum Thema empfehle ich auch meine Parteienessays:
https://oeffingerfreidenker.blogspot.com/2006/12/das-dilemma-der-liberalen.html
https://oeffingerfreidenker.blogspot.com/2006/12/bumchen-wechsel-dich-bndnis90die-grnen.html
https://oeffingerfreidenker.blogspot.com/2007/01/sozialdemokratie-ohne-sozialdemokraten.html
https://oeffingerfreidenker.blogspot.com/2007/02/brgerliche-konservative-in-einer-zeit.html
https://oeffingerfreidenker.blogspot.com/2007/03/das-niemandsland-links-der-mitte.html
April 9th, 2007 at 22:08
Das ist wahr. Ich gehe aber davon aus, dass die FDP nicht in Richtung Ampel gehen wird. Zum Thema empfehle ich auch meine Parteienessays:
https://oeffingerfreidenker.blogspot.com/2006/12/das-dilemma-der-liberalen.html
https://oeffingerfreidenker.blogspot.com/2006/12/bumchen-wechsel-dich-bndnis90die-grnen.html
https://oeffingerfreidenker.blogspot.com/2007/01/sozialdemokratie-ohne-sozialdemokraten.html
https://oeffingerfreidenker.blogspot.com/2007/02/brgerliche-konservative-in-einer-zeit.html
https://oeffingerfreidenker.blogspot.com/2007/03/das-niemandsland-links-der-mitte.html