Die Ministerin für Wahrheit, Liebe, Familie und neuerdings Arbeit, Ursula von der Leyen, ist es leid, ständig neue Fakten erfinden zu müssen. Das in ihrer Familie schon traditionell kapriziöse Politikverständnis bedarf kreativen Managements, um der Minderleister und ihres Nachwuchses Herr zu werden. Die Chipkarte als elektronischer Bildungsgutschein ist der neueste Schrei, mit dem die Aufstockung der Hartz IV-Sätze von Familien buchhalterisch geleistet werden soll. Da lassen sich locker hundert Euro und mehr pro Kind anrechnen, die man auf der anderen Seite zum Teil sogar einsparen kann. Jemand will von der Leyen neulich gesehen haben, wie sie in ihrem Cabrio durch Karlsruhe kachelte und dem lästigen Gericht ihren Mittelfinger zeigte.
Aus der Not eine Tugend machen will die Bundesregierung, die Kommunen nicht unnötig entlasten und in einem Schlag weitere Anreize für Leistungsempfänger schaffen, sich endlich eine Arbeit zu suchen. Am besten im Ausland.
Wie hinter vorgehaltener Waffe Hand geflüstert wird am Spreebogen, soll’s der Wettbewerb richten, in Form eines nationalen Preisausschreibens um die besten Vorschläge zu einer modernen Sozialpolitik. Der Preis soll nach dem berühmten Kinderfreund Jonathan Swift benannt werden.
In einem Probelauf wurden bereits hervorragende Ideen entwickelt. Als Alternative zur Chipkarte wurde etwa die Kultur-Fußfessel für Schmarotzerkinder in die Diskussion gebracht. Damit von der neuen Ressource auch Gebrauch gemacht wird und die dafür notwenigen finanziellen Mittel abgerufen werden, sind Eltern dazu verpflichtet, ihre Kinder entsprechende Einrichtungen besuchen zu lassen. Leisten sie dies nicht, werden ihnen die Zahlungen gekürzt. Das von namhaften Designern entworfene Accessoir am Kinderfuß bucht automatisch ab, wenn die Kleinen eine Bibliothek, ein Konzert oder eine Musikschule besuchen. Die Bildungspflicht kann natürlich auch in einer christlichen Kirche abgesessen werden. Weitere Vorschläge dieser Art sind hochwillkommen und können in einem der angeschlossenen Ministerien oder beim örtlichen Mobcenter eingereicht werden.
August 13th, 2010 at 00:30
“Die Ministerin für Wahrheit, Liebe, Familie und neuerdings Arbeit, Ursula von der Leyen, ist es leid, ständig neue Fakten erfinden zu müssen. Das in ihrer Familie schon traditionell kapriziöse Politikverständnis bedarf kreativen Managements, um der Minderleister und ihres Nachwuchses Herr zu werden.” Die beste Feststellunge, die man zum Sachverhalt treffen kann – bloß: Wer außer uns versteht die?, zieht die richtigen Schlüsse daraus?
Schon wieder Fragen … *Hmpf* Es iss zum Kotzen! Flora (Riesenschnäuzer, 12 J.) schläft und sägt … wie glücklich! Die drei Affen – wie glücklich! Herr nimm’ Hirn von mir …
August 13th, 2010 at 00:49
Die Idee mit der Fußfessel könnte glatt direkt aus dem Ministerium kommen. “Von namhaften Designern” entworfen – Tipp: Am besten gleich ein Apple-Logo draufklatschen und die ‘Kids’ finden es genauso cool wie ihre Hartz4-Chipkarte.
Bei der ganzen Debatte über Unterschichtenkinder darf man natürlich die Eltern nicht vergessen. Kennt noch jemand diese elektronischen Sprengstoff-Halsbänder aus dem Film “Running-Man”?
Vorschlag: Sollte sich ein gesunder, arbeitsfähiger Hartz4-Empfänger aus dem Zuständigkeitsbereich seiner örtlichen Arge bewegen, sich auch sonst als nicht kooperativ erweisen oder gar einen Spirituosenladen betreten, drückt der zuständige Sachbearbeiter einfach aufs rote Knöpfchen. Die Kosten für die entstehende Sauerei werden selbstverständlich vom Regelsatz abgezogen.
August 13th, 2010 at 04:19
Beim Besuch von Bibliotheken wird aber sicherlich auch darauf geachtet werden, welche Literatur da entliehen wird. Sollte es subversive sein, wie z.B. die Schriften von Tucholsky, Brecht, Kästner, Becher oder vielen anderen, wird der Leistungsbezug natürlich auch gekürzt bzw. eingestellt. In Überwachungszeiten wie den unseren bleibt der allmächtigen Behörde des “schlanken Staates” natürlich nichts verborgen.
Heutzutage muss man keine Bücher mehr verbrennen, um sie zu brandmarken. Und man kann auch frank und frei den “schlanken Staat” propagieren, während man gleichzeitig das größte, ineffizienteste, teuerste und inkompetenteste Bürokratiemonster der Republik aufbaut und es “ARGE” oder wahlweise “JobCenter” nennt, obwohl es dort keine Jobs zu vergeben gibt. “Kafkaesk” ist noch das harmloseste Wort, das einem dazu einfällt.
Und was die Kinder betrifft: Dazu möchte ich gerne auf einen Artikel verweisen, der sich mit dem neoliberalen “Neusprech”-Begriff der “Chancengerechtigkeit” auseinandersetzt und folgenden Absatz enthält (bezugnehmend auf ein Papier der “Jungen Liberalen” in Baden Württemberg):
“Wir haben es hier mit nichts weniger als mit faschistoidem Denken auf dem Gebiet von Erziehung und Chancengleichheit zu tun. Diese FDP-Denke ist menschenverachtende Abkehr von jeglicher Solidarität: selbst völlig unschuldigen Kindern gegenüber.”
(Quelle: https://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=15411 )
August 13th, 2010 at 05:58
wenn die vdL die gleichen absichten hätte wie weiland swift, würd ich sagen, recht so ursel.aber die olle meints ernst mit der ausgrenzung.
August 13th, 2010 at 09:56
““Von namhaften Designern” entworfen – Tipp: Am besten gleich ein Apple-Logo draufklatschen und die ‘Kids’ finden es genauso cool wie ihre Hartz4-Chipkarte.” Luigi Colani? Das mit dem Apple-Logo ginge auch.
August 13th, 2010 at 11:25
Die Nachdenkseiten verweisen heute auf ein Fernsehkritik an Jauchs SternTV-Sendung, die unter anderem die Unfähigkeit privater Nachhilfelehrern anprangert. Diese öffentliche Blamage zeitgleich mit der Ankündigung des „Bildungs-Chips“ für Hartz-IV-Kinder ist sicher kein Zufall, sondern Kalkül: Denn natürlich sollen nun Junglehrer, Oberstufenschüler und Studenten, die über diese Karten ja nicht mal abrechnen könnten, aus dem Geschäft gedrängt werden.
Bertelsmann (…übrigens, wem gehört eigentlich Stern TV?) plant zweifellos bereits eine gigantische „GEMEINNÜTZIGE“ Nachhilfeagentur, bei der 1-Euro-Jobber oder Hartz-IV-Aufstocker (arbeitslose Akademiker gibt es ja inzwischen mehr als genug!) gegen ein anrechnungsfreies Almosen den SchülerInnen normierte und zertifizierte Nachhilfe-Module aus dem – na??? Richtig: Bertelsmann-Verlag einbimsen, wobei die Bertelsmannstiftung den Löwenanteil als Provision einstreicht.
August 13th, 2010 at 13:21
Je länger Uschi vdL politisch aktiv ist, desto mehr gewinne ich den persönlichen Eindruck, dass sie sich zu einer Kombination des Goebbelschen Progandaministeriums und des ostdeutschen Wahrheitsministeriums entwickelt hat.
Noch sind die Zustände zwischen faschistoid und faschistisch, das kann aber bis zum Ende der aktuellen Legislaturperiode noch vollends in Richtung Faschismus kippen. Und die einzigen, die hier Widerstand eisten könnten und müsten, das Volk, sitzt lieber vor den Fernsehern oder im Billigjob und läßt sich einlullen.
Erwachet!
August 13th, 2010 at 14:24
Saby meint:
August 13th, 2010 at 11:25
“Die Nachdenkseiten verweisen heute auf ein Fernsehkritik an Jauchs”….
Wozu da noch eine weitere überflüssige Kritik?
NOMEN EST OMEN ! JAUCH = TV/Medien- JAUCHE !
August 13th, 2010 at 14:39
Ich verstehe nicht die Aufregung! Ich finde es gut, daß Mittel zweckgebunden ausgegeben werden sollen, damit das für die Bildung der Kinder vorgesehene Geld nicht in Zigarettenautomaten verschwindet oder für überteuerte Fertiggerichte genutzt wird, sondern wirklich für die Kinder ausgegeben wird.
Einziges Problem: Sind die mit einer Bildungskarte abrechenbaren Angebote wirklich vielfältig?
Ich würde sogar noch weiter gehen: Wer an Bildungsveranstaltungen teilnimmt oder sich sozial engagiert bekommt einen Bonus!
Und hier rede ich nicht von “Schmarotzertum”, denn solange wir die (geratenen) 90% leistungswilliger H-4ler nicht in Arbeit haben, brauchen wir uns nicht mit den (vielleicht) 10% Schmarotzern beschäftigen.
Es geht rein im einen Kampf gegen Lethargie und Selbstaufgabe.
Dazu gehört aber dann auch, einen Großteil des TV-Mistes vom Bildschirm zu verbannen. Und da wird es wieder grenzwertig, weil das Zensur bedeutet.
Es bleibt also immer eine Gratwanderung, wenn man sich gegen progrediente Volksverdummung stemmen will.
Denn “Verordente Bildung” (TM) kann ein Weg zur Mündigkeit sein, ist aber auch eine Art der Entmündigung.
Bleibt also nur der mühsame Weg, Überzeugungsarbeit zu leisten und Angebote zu unterbreiten?
Da, wo Geld für Bildung von den Steuerzahlern gezahlt wird, halte ich es für angemessen, sicherzustellen, daß es auch bei der Bildung ankommt.
Alles andere ist schwer zu entscheiden.
August 13th, 2010 at 15:00
Ist es nicht sonderbar, wie sich der offizielle Politbetrieb und die auf allen Sendern und Frequenzen und an allen Standorten angeschlossenen Medien sich “Sorgen” um das “WOHL” von Hartz 4 Kindern und Jugendlichen machen, aber sich keine Minute darüber, wie man die mindestens 9 Millionen Arbeitslosen und Unterbeschäftigten wieder in Arbeitsverhältnisse bringen könnte, welche diesen Menschen es erlauben würden, von den Einkünften dieser Arbeit ganz OHNE staatliche “Stütze” ihren Verpflichtungen als Eltern und Bürgern nachzukommen?
Man gibt vor an der Armut herumzukurieren ohne die eigentlichen Ursachen dieser Armut zu benennen und vor allem anzugehen.
Großen Teilen unserer “Mittelschichten” sind solche “Diskussionen” natürlich auf den Leib geschnitten, erlauben sie es doch gerade ihnen, sich wieder oder noch ein wenig mehr von den “Unterschichten”, den Prekären, den offiziell gesellschaftlich mehr und mehr verächtlich gemachten Menschen abzugrenzen, “zum Glück” (noch) nicht dazuzugehören.
Ja, wenn Ober- und “Mittelschichten” sich um das “Wohl” von “Unterschichten”- Kindern sorgen machen, dann droht diesen Geschöpfen ganz gewiss nichts Gutes!
August 13th, 2010 at 15:08
@mk: Es gibt viele Argumente gegen Bildungsgutscheine. Vor allem, daß damit Bildung nicht gefördert wird. Es ist doch schon abenteuerlich, Bildungsreparaturmaßnahmen über Hartz-IV-Pseudoleistungen zu finanzieren – und damit ein Bildungssystem aufrecht zu erhalten, daß erst für die Benachteiligung sorgt, die damit ein Feigenblatt erhält. Dasselbe hängt man dann vor die ALG II-Sätze, Hauptsache, es wird an den Ärmsten gespart.
Das Gelaber vom Geld, das in Zigarettenautomat verschwindet, ist genauso erbärmlich wie das von den Schmarotzern. Es dient einzig der Diskriminierung und brandmarkt pauschal Leistungsempfänger als unwürdiger süchtiger Menschenmüll. Als ob die mehr rauchen, wenn es mehr Geld gibt – wie behämmert ist das denn?
August 13th, 2010 at 16:54
Verehrter Flatter,
es ist ein großer Segen, nur dafür verantwortlich zu sein, was ich gesagt und geschrieben habe, nicht für das, was andere daraus “hindrehen”.
1) Ich spreche mich ausdrücklich gegen eine “Schmarotzertumdebatte” aus, indem ich darlege, daß ich vor einer Debatte über Leistungsmisbraucher (“Schmarotzer”) von der Gesellschaft verlange, all diese Menschen in Lohn und Brot zu bringen, die leistungswillig sind, aber an der Arbeitsteilung nicht teilhaben dürfen. Ich postuliere hier eine Quote von 90% Leistungwilliger. Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis und unterstellen Sie mir keine Neiddebatte oder ähnlich unwürdiges.
2)Die Denkansätze eines anderen als “behämmert”, “Gelaber” und “erbärmlich” zu titulieren, nur weil sie nicht zu den eigenen Meinungen passen, ist unter Diskursgesichtspunkten wenig hilfreich und in einer Demokratie “etwas aus der Mode gekommen”. Es passt eher ein eine Zeit, als Richter politisch Angeklagte mit Tiraden der Beschimpfungen überzogen.
Die Kritikpunkte an meinem Denkansatz habe ich bereits zum Teil selbst formuliert, da ich mir der Zweischneidigkeit der Problematik durchaus bewußt bin.
3) Sie postulieren, die Leistungen aus Bildungsgutscheinen kämen nicht der Bildung zu gute. Worauf gründet diese Annahme? Wie sonst kann man bildungsbezogene Leistungen gegen Fremdverwendung sichern? Schließlich hat das Bundesverfassungsgericht der Regierung aufgegeben, die Bildung bei Kindern von h-4-Empfängern durch entsprechende Anhebung der Sätze mit Geldmitteln auszustatten. Die Zweckbindung ist hier also Teil der Aufgabenstellung.
4) Daß das Bildungssystem für Benachteiligung sorge, kann man sicher Diskutieren.
Als Vater von 4 Kindern zw 4 und 17 erlebe ich aber vordringlich eine andere Problematik: Die mangelnde Ausstattung der Kindergartenkinder und Schüler mit einer grundlegenden Erziehung zu gesellschaftsverträglichem Verhalten. (Nicht “Gesellschaftskonform”).
Wenn meine 4-Jährige mit Steinwürfen gegen den Kopf von gleichaltrigen angegriffen wird, bekomme ich seitens der Erzieher nur einen Hinweis auf “schwierige soziale Verhältnisse” des Täters. Es kostet sehr viel Kraft, angesichts latent tödlicher Angriffe nicht die Fassung zu verlieren.
Wenn ich von meinen Schulkindern durchweg erzählt bekomme, wie schwer es ist, dem Unterricht angesichts all der Störungen und des heillosen Chaos zu folgen, und daß die Lehrer mit Masse machtlos sind, wirft das zunächst ein sehr schlechtes Bild auf die Eltern dieser Kinder.
Von Chancengleichheit zu reden, mag populistisch sein. Aber Kinder, die in der 5ten Klasse noch nicht die Verwendung der Modalverben begriffen haben, werden nie dieselben Chancen haben wie Kinder, die in der 4ten Klasse schon Platons Höhlengleichnis mit den Eltern durchdiskutiert haben.
Und die sprachliche Ausbildung gehört eindeutig in das Elternhaus! (Zumindest bei Muttersprachlern. Bei Zuwanderern braucht es sicher da mehr Unterstüzung.)
Vielleicht ist ja die soziale Stellung nicht Grund für die Bildungsferne einer Familie, sondern die Bildungsferne ein Grund der sozialen Stellung.
Bevor wir also die Klassenkampfdebatte über die angebliche Benachteiligung der “Unterschicht” (was immer das sein soll) zu führen beginnen, sollten wir uns darüber unterhalten, ob die “Werteneutralität” des Staates nicht zu einer “Wertenegierung” geführt hat, was in einem Verfall des Wertekonsenz über bestimmte “Anstandsregeln” und den Gemeinsinn resultiert.
Sicher muß man dann die Überlegung anstellen, ob eine Entsolidarisierung nicht im Interesse einer rein Kapitalgesteuerten und den Großkonzernen verpflichteten Politik liegt. Aber das ist weit von dem Thema der Zweckbindung von Bildungsfördermitteln entfernt.
Vielleich sollte man auch einmal untersuchen, wie die Familienchroniken in Bevölkerungskreisen verlaufen, in denen aus übergeordneten Gründen Bildung ein Grundwert ist.
Ich denke, mit Plattitüden werden wir dieses Themas nicht Herr. Ganz gleich, ob sie aus Berlin oder aus irgendwelchen Klassenkampfparolen stammen.
August 13th, 2010 at 17:48
[...] Die Bildungspflicht kann natürlich auch in einer christlichen Kirche abgesessen werden. « [...]
August 13th, 2010 at 18:19
@ mk: Jaja, meine deutliche Replik erweist mich einmal mehr als Faschisten, diesmal ist’s der Freisler. Darfs noch ein Scheibchen mehr sein?
Die herabwürdigende implizite Behauptung, Bildungsmittel flössen in Zigaretten, ist mit “behämmert” noch freundlich apostrophiert. Eine Einschränkung auf der einen Seite macht die Diskriminierung auf der anderen nicht besser. Der Nazivergleich ist so lächerlich, daß ich an der Stelle das Fragezeichen nich mehr benötige: Das ist definitiv behämmert.
Zur Frage:
Wie sonst kann man bildungsbezogene Leistungen gegen Fremdverwendung sichern?
Gar nicht. Auch nicht durch Terror oder Sicherungsverwahrung. Man kann sie eindämmen durch eine bessere Betreuung in Kindergarten, Schule, Stadtteil. Durch dringend nötige Änderungen am Schulsystem, durch viel (!) mehr Geld für Bildung und Erziehung. Dazu gehört auch die Elternschulung. Für die braucht man ebenfalls keine Gutscheine, sondern zuerst einmal Angebote.
Wer aber 24/7 darüber nachdenkt, wie man durch noch mehr Kontrolle, noch mehr Druck und noch mehr Beleidigungen Hartz IV-Empfänger schikanieren kann, kommt natürlich nicht auf solche Ideen. Dabei ist diese Kontrollwut im konkreten Fall auch noch vorgeschoben, um – wie es da oben steht – an den Ärmsten zu sparen.
August 13th, 2010 at 19:43
Ich finde, kritisieren reicht nicht, sondern man soll auch sagen, wie es besser gehen kann. Und da fällt mir (ohne mich mit den ganzen sicher wichtigen Detailfragen zu beschäftigen) nur dies ein: Bildung muß kostenlos sein. Und Theaterbesuch und Museum und Schwimmbad und Bücherei und Musikschule auch, zumindest erstmal für alle Kinder. Punkt. Die ganze Überwachungsbürokratie wird eingespart. (Übrigens war das ja früher schon so, und zwar im Westen.)
Ich habe heute morgen irgendwo beim Umschalten mit halbem Ohr mitgekriegt, daß die Lügnerin als Nachfolgerin für Merkel (als BK, nehme ich mal an) im Gespräch sei. (und nicht Guttenberg.)
August 13th, 2010 at 20:02
@rausgucker: Ich finde, kritisieren ‘reicht’ sehr wohl. Schön, wenn man dann noch weiß, wie es besser geht, aber das ist nicht notwendig, um Kritik zu rechtfertigen.
Ein Satire muß darüberhinaus beinahe zwangsläufig mißlingen, wenn sie mit ironiefreien Besserungsvorschlägen aufwartet.
August 13th, 2010 at 21:39
Herr MK,
zum einen kommt eine ausgelobte Summe X nicht tatsächlich einem nominalen Bildungsdilema der Penäler zu gute. Machen wir uns nichts vor. Das ganze wird keine unbeürokratische Nummer. Man wird die Anbieter wie Bildungsträger prüfen, die werden sich wie üblich einrichten. Bildungsträger wollen ja schließlich auch leben und verdienen. Der damit einhergehende Verwaltungsapperat wird einiges schlucken.
Zum anderen. Wenn es denn ein Bildungsproblem gibt, das auch ich verorte, dann ist das weder durch Chipkarten und schon gar nicht durch 200.- Euro im Jahr und pro Person zu beheben. Denn dieses Bildungsproblem ist primär an den Schulen entstanden. Wo sonst, als an den Schulen sollte es zu beheben sein? Genauso ist musische o.a. Bildung perfekt an Schulen einzurichten. Man müßte eben nur die Mittel für Quantität und Qualität an Personal bereitstellen.
Weiterhin. Wenn Sie 90% Anteil an leistungswilligen Empfängern des ALG-II vermuten, frage ich mich, warum sie einleiten, dass dies ein probater Weg wäre zu verhindern, dass das Geld in Zigarettenautomaten verschwindet? Doch zu lange an der Populismuspumpe gehangen? Entweder Sie wissen nicht was Sie reden, was ich Ihnen schlicht nicht unterstellen will. Oder ein solcher Balanceakt verfolgt einen Zweck.
Diese Karte ist ein zynistisches Eingeständnis an das Versagen diesen Landes. Wir haben in der Bildungspolitik geschludert, wir haben die Arbeitsmarktpolitik aus Angst vor der Abwanderung der Wirtschaft vernachlässigt. Und gesellschaftspolitisch haben wir gar nichts getan.
Diese Schichte rast in einer Abwärtsspirale. Es wird nach der herrschenden Wirtschaftsdoktrin keine Arbeitsplätze für ungelernte Arbeiter mehr geben, mit denen man unalimentiert überhaupt noch leben kann. Es wird in einer heterogenen Gesellschaft aber immer ungelernte Arbeiter geben. Damit müssen wir leben und für diese müssen wir sorgen. WIR sind eine Gesellschaft, WIR sind füreinander verantwortlich. Ansonsten ist auf dieses ganze Gerede von Gesellschaft und Demokratie nämlich – der Hausherr möge mir verzeihen – geschissen. Und damit muss eine Gesellschaft auch dafür sorgen, dass wir in einem Land leben in dem auch diese Menschen eine Arbeit erhalten mit der sie ausreichend am gesellschaftlichen Leben partizipieren und ihre Kinder mit größeren Chancen fördern können.
Ich bin ein Arbeiterkind! Ich bin 41. Meine Chancen hat heute leider kein Kind dieser Schicht mehr.
Falls mich einer der rechtskonservativen, die neoliberalen spielen ja mittlerweile auch schon mit diesen idiotischen Fragestellungen, nochmal fragen sollte, warum ich ein Problem habe, einen Stolz auf das Deutschsein zu postulieren, ich kann nur fragen: ja worauf denn bitte?
August 13th, 2010 at 21:42
Das stimmt. Ich meinte vermutlich auch eher die Diskussion hier in den Kommentaren. Oder die ganze Diskussion allgemein. Nicht nur zu diesem Detailthema.
August 13th, 2010 at 22:03
Türlich gibt es ganz einfache Lösungen für das Problem.
Ein Staat ist nichts anderes als ein Wirtschaftsunternehmen, das bestimmte Faktoren beachten und füttern muss. Bei uns sind an vorderster Stelle die Menschen die in einem Staat leben. Alles andere ist nachrangig und völlig unwichtig. Da gibt es auch kein Gerede von Balance oder ähnlichem. Wenn dabei Menschen unter die Räder kommen, ist der Staat an sich nichts wert.
Fest steht, dass ein solches Dilema entsteht, wenn nicht ausreichend Arbeitsplätze und nicht ausreichend bezahlte Arbeitsplätze vorhanden sind, die es allen ermöglichen, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben bzw. der Staat sich einer hierfür ausreichenden Alimentierung der Bedürftigen verweigert. Also irgendwo muss das Geld herkommen. Das gilt es zu besorgen. Zur Not muss eben umverteilt werden.
Weiterhin ist es ein Bildungsdilema, dass sich aber weder durch n Freifahrtschein für die Teilnahme am Sportverein, noch durch Unterschichtklavierunterricht lösen lässt. Dieses Dilema muss an den Schulen gelöst werden und das erfordert das Anerkenntnis, dass hier jahrelang geschludert wurde. Und es erfordert das Einsehen, dass auch hier viel Geld benötigt wird.
Und es ist mittlerweile ein soziales Dilema. Wir haben die Menschen verelenden lassen. Das erfordert eine sachliche, unpolemische Sicht, ohne die Menschen dauernd zu Schmarotzern zu stempeln und viel Durchhaltevermögen. Was in zwei Jahrzehnten zerstört wurde, lässt sich nicht in einer Legislaturperiode korrigieren.
Unterm Strich benötigt es viel Geld. Das ist im Übrigen da. Nur traut sich der Haufen wirtschaftshöriger Politiker nicht dran.
August 13th, 2010 at 22:42
Werter Herr Liebreiz,
ich stimme zu, daß eine verfehle Schulpolitik sicher nicht mit einem Bildungschipgkartensystem zu beheben ist.
Aber nennen wir die Eckpunkte doch beim Namen:
1) Die ökonomisierung des gesamtem Lebens ordnet dem “Geldmachen” alles unter. Eben auch die humanistische Bildung an Schulen.
2) Die mangelnde Werteorientierung einer ganzen Gesellschaft. Und das sind WIR. Also können und müssen WIR den Wertediskurs neu beleben.
3) Aber eben auch das Einfordern eines gesellschaftsverträglichen Verhaltens und der hierzu notwendigen Erziehung durch die Eltern. Wer seinen Kindern nicht beibringt, ohne Gewalt und verbalem Störfeuer dem Unterricht beizuwohnen, der sollte nicht über mangelnde Chancen seiner Kinder klagen.
4) Ein Neuüberdenken des Kommerzfernsehens. Aber ich hege den Verdacht, diese Verblödungsmaschinerie ist gewollt.
August 13th, 2010 at 23:19
ich habe auch schon eine ship-card.
August 13th, 2010 at 23:19
mk meint:
August 13th, 2010 at 22:42
Werter Herr Liebreiz,
“ich stimme zu, daß eine verfehle Schulpolitik …”…
Leider ist die Schulpolitik dieses Landes keinesfalls “verfehlt” sondern hat System, ist so gewollt.
Unseren “Bildungspolitikern”… “Versäumnisse”(wie immer zu hören und zu lesen) vorzuwerfen kommt praktisch einer ENTSCHULDIGUNG dieses Gesindels gleich!
August 13th, 2010 at 23:58
Fußfesseln für Alle.
“RM: Die evangelische Kirche schlägt vor, Chipkarten etwa für Bildung einzuführen, um zusätzliche staatliche Transfers an einen Zweck zu binden. Die katholischen Bischöfe fürchten jedoch eine Stigmatisierung …
Grabka: Wir halten das für sehr sinnvoll, weil damit der staatliche Transfer tatsächlich denjenigen zugutekommt, die ihn benötigen. Das ist bei einem direkten monetären Transfer nicht immer gewährleistet. Der Vorwurf, dass von der Erhöhung des Kindergelds eher der neue Flachbildschirm als die Kinderausbildung finanziert wird, ist nicht unberechtigt. Deswegen wäre denkbar, das Konzept nicht nur für Bildung, sondern auch etwa für Freizeitaktivitäten umzusetzen. Das hat nichts mit Diskriminierung zu tun – im Gegenteil könnte das gesamte Kindergeld, unabhängig vom Elterneinkommen, so organisiert werden, um staatliche Transfers zielgenauer zu verteilen, ohne sozial Schwächere zu stigmatisieren.”
https://www.merkur.de/2010_32_Wo_die_Armut_begi.44008.0.html?&no_cache=1
August 14th, 2010 at 06:57
@flatter
Alles Klasse, besonders Deine #14 hat mir sehr gefallen: “Wie verhindern … Gar nicht!” … es sei denn durch umfassende Bildungs- (Nachschulungs?-)maßnahmen für alle (letzters meine Zusammenfassung).
August 14th, 2010 at 07:02
@Hans Baum #21
YMMD – shiff-card ginge dann auch (Erlaubnis zum schiffen :-D)
August 14th, 2010 at 07:07
Betreffend Zweckbindung von Mitteln per Chip-Karte – aus Kommentar im DLF, 2.08.:
“Macht die Regierung also alles richtig? Nein. Denn sie regiert anhand eines erschreckenden Menschenbildes.
Zum Vergleich: Unternehmer sollen nicht mit allzu vielen Regelungen gegängelt werden, weil Bürokratie ihre Produktivität dämpft. Spitzenverdienern soll nur wenig genommen werden, um ihre Freiheit, ihre Initiative nicht einzuschränken. Die finanzielle Elite kann sich eben ohne Vorschriften am besten entfalten.
Der mündige Bürger ist in diesem Weltbild jener, der sich privat Krankenversichern und seine Kinder auf eine Privatschule schicken kann.
Die armen Leute dagegen, die können offenbar nicht mit Geld umgehen. Und wer mit Geld nicht umgehen kann – wer weiß, vielleicht ist er ja selbst schuld, dass er ganz da unten steht.
All das spricht nicht gegen ein Gutscheinsystem. Aber es wird deutlich: Hier offenbart sich keine Fürsorge, sondern Willkür und Doppelzüngigkeit.
Wer Hartz-IV-Empfängern misstraut, der sollte allen gleichermaßen misstrauen: den Armen, der Mittelschicht, den Reichen, den Unternehmern und Konzernen. Und das würde bedeuten: zweckgebundene Gutscheine statt Steuererleichterungen; lückenlose Vorschriften statt freiwilliger Selbstverpflichtungen.
Auf alle angewandt würde schnell klar: Mit einem freiheitlichen Menschenbild hat diese Politik nicht viel zu tun.”
Also: Entweder kein Plastik – oder Plastik für alle?!
August 14th, 2010 at 10:38
@mk
“Ich finde es gut, daß Mittel zweckgebunden ausgegeben werden sollen, damit das für die Bildung der Kinder vorgesehene Geld nicht in Zigarettenautomaten verschwindet oder für überteuerte Fertiggerichte genutzt wird, sondern wirklich für die Kinder ausgegeben wird.
[...]
Und hier rede ich nicht von “Schmarotzertum”, denn solange wir die (geratenen) 90% leistungswilliger H-4ler nicht in Arbeit haben, brauchen wir uns nicht mit den (vielleicht) 10% Schmarotzern beschäftigen.”
Genau das machst du aber. Oder wieviel % unterstellst du jetzt, dass “das für die Bildung der Kinder vorgesehene Geld [...] in Zigarettenautomaten verschwindet oder für überteuerte Fertiggerichte genutzt wird”? Da möchte ich dir schon gar nicht mehr zumuten, über Adjektive wie ‘leistungswillig’ nachzudenken…
August 14th, 2010 at 11:30
kleinbürger überwachen kleinbürger. immer mit einer rechenmaschine im kopf, um genauestens mitzukriegen, wer für was wieviel geld ausgibt. widerlich.
August 15th, 2010 at 00:39
@Hans Baum
“kleinbürger überwachen kleinbürger” ungenau?! Kleinbürger überwachen Kleinstbürger! Genauer?
August 15th, 2010 at 03:03
so oder auch anders wird “nazi-uschi”(j. hoff, duckhome) ihren schwarzen wimpel für HIVler bekommen
die elektronische fußfessel hätte auch den praktischen vorteil, die oberstadt, die gated comunity, vor marodierenden minderleistern zu schützen. – wer kein geld hat braucht nicht in die shopping mall, kommt also auch gar nicht rein. die tür bleibt einfach zu. wär auch irgendwie sozial begründbar. wenn der pöbel sieht, was er sich nicht leisten kann, wird er unwillig und fühlt sich mieß. da könnte verantwortungsvolle sozialpolitik nicht drüberwegsehen.