Christoph Seils wirft in der ZEIT die mutige Frage auf, ob es richtig sei, Das Leugnen des Holocaust unter Strafe zu stellen. Er bewertet die Meinungsfreiheit höher als die Gefahr, die von ein paar “irren” Neonazis ausgeht und meint, daß auch das unerträgliche Geschwafel der Braunen straffrei bleiben solle. Auf der ethischen Ebene stellt sich hier die Frage, ob es richtig ist, wenn der deutsche (!) Rechtsstaat darauf verzichten soll, ein Tabu zu bewahren, gegen das zu verstoßen nur Menschen einfällt, die fest entschlossen sind, den Boden der Zivilisation zu verlassen. Vor allem stellt sich die Frage, ob das Strafrecht die richtige Weise des Umgangs damit ist. Bis hierhin würde ich Chrsitoph Seils zustimmen, mehr noch: Ausgerechnet § 130 StGB, der vormals als “Anreizung zum Klassenkampf” und im Appendix, dem 130 a, als Keule gegen jede oppositionelle politische Äußerung und Bewegung dienen kann, ist ein denkbar ungeeignetes Mittel, auf überzeugende Weise den Rechtsstaat zu schützen. Dem Gedenken der Opfer nützt das sicher nicht.
Eine Einschränkung stellt allerdings der genaue Wortlaut des Volksverhetzungsparagraphen dar, der nicht das reine Leugnen unter Strafe stellt, sondern das Leugnen in in einer Weise, “die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung“. Sensibel angewandt, könnte diese Rechtsvorschrift also dafür sorgen, daß jemand, der erfolgreich braunen Mob rekrutiert und aufhetzt, dafür bestraft wird, und daß ein Indikator für solche Hetze das Leugnen der NS-Verbrechen ist. Es entspricht nicht der Wirklichkeit, darüber zu diskutieren, ob das Leugnen des Holocaust durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist bzw. ob letztere ein zu hohes Gut ist, um derart eingeschränkt werden zu dürfen. Diese Diskussion könnte man um den § 130, insbesondere um den 130 a, durchaus führen. Aber es wird nach dem Wort des Gesetzes niemand dafür bestraft, daß er wirres Zeug redet. Nicht einmal, wenn er braunes Zeug redet.
Daß ein Nazi wie Zündel, der die Hetze zu seiner Lebensaufgabe gemacht hat, durch eine Verurteilung nach § 130 StGB zum “Märtyrer” wird, halte ich ebenfalls für eine unzutreffende Behauptung. Solche tumben Schreihälse sind immer die Helden der Bewegung, egal, ob sie ihren Mist vor einem Gericht oder sonstwo auskippen. Daß ein Rechtsstaat schließlich eine Grenze zieht, deren Überschreitung er sich nicht bieten läßt, weil sie eben nicht nur gegen jeden Rest von Anstand verstößt, sondern auch genau in der Weise den Pöbel aufhetzt wie es dereinst die echten Braunen taten, ist keine Einschränkung der Meinungsfreiheit.

Nachtrag: Daß das Urteil gegen Zündel auch ohne den Passus betreffs “Leugnen” auskäme, sieht die Sueddeutsche(Heribert Prantl) ebenso.