Helmut Schmidt räsonniert über die fehlende Kontrolle von Fonds in den Finanzmärkten. Bei Sabine Christiansen schreien sie wie immer durcheinander, heute sollte es um so etwas wie “Rentengerechtigkeit” gehen, und ich frage mich, wie es gelingen kann, die entscheidende Frage noch immer und überall zu umgehen. Die Rentendiskussion zeigt deutlich, daß das vorgebliche Dilemma längst ein Selbstläufer ist: Die Jüngeren werden weniger aus den Rentenkassen zurückbekommen als sie einzahlen, gleichzeitig wird das Rentenalter zunhemend angehoben, einhergehend mit dem Problem, daß immer weniger Arbeitnehmer gebraucht werden, was vor allem die Älteren trifft, womit sie noch weniger von ihrem eingezahlten Geld haben werden. Währenddessen steigt die Produktivität ebenso wie die entscheidende Größe, der absolute Produktausstoß. Es werden mehr Güter produziert, es könnten vor allem noch mehr Güter produziert werden, stieße man nicht irgendwo auf eine Grenze in Form mangelnden Absatzes, gleichzeitig werden aber weniger Menschen am Produktionsprozeß beteiligt. Dieses Problem interessiert die Ökonomen in Form des Problems stagnierender oder gar rückläufiger Absätze – immerhin. Es interessiert sie allerdings nur am äußeren Rande, betrachtet man die Attraktivität parasitären Marktverhaltens, wie es große Fondgesellschaften so sehr lieben. Daß nämlich mit kurzfristigen Gewinnen auf Kosten von Infrastruktur die Basis erodiert, muß langfristig dazu führen, daß ganze Wirtschaftssysteme zusammenbrechen. Wenn die konsumfähige Minderheit weiter schrumpft, wer soll dann noch Gewinne erzeugen?
Aber das ist nur ein blasser Hinweis auf die Frage, um die es eigentlich geht. Die Psychose der Geldwirtschaft, die sich von Absatz, materieller Produktion und deren Bedingungen unabhängig wähnt, ist derart in die Ökonomie eingesickert, daß die Wahnsinnigen in den Marmoranzügen glauben, nur Kommunisten könnten die Frage nach der Verteilung von Gütern im 21. Jahrhundert noch ernsthaft stellen. Wie der Derivatehandel in den Märkten, von denen sie glauben, es handele sich um substanzielle Geschäfte, ist auch Geld selbst nur Funktion und Sediment des Handels mit Waren. So selbstverständlich wie das ist, wird es geleugnet. Die große Maschinerie von Produktion und Verteilung hat jegliche soziale und gesetzliche Korrespondenz verloren. Im Klartext heißt das: Was heute als “Wirtschaft” bezeichnet wird, hat mit der Versorgung der Menschen und der Verteilung von Gütern immer weniger zu tun. Das eine ist unabhängig vom anderen.
Daraus folgen einige wichtige Konsequenzen:
- Nachfrage und Bedarf sind unabhängig voneinander. Die Entwicklung der Nachfrage und die Befriedigung essenzieller Bedürfnisse sind zerfallen.
- Die Märkte können also durch Angebot und Nachfrage soziales Gleichgewicht nicht mehr herstellen, im Gegenteil wird letzteres allein dem Reststaat überlassen.
- Arbeit und Eigentum sind nur noch äußerst schwach aneinander gebunden. Wer es zu etwas bringen will, kann sich Erwerbsarbeit nicht leisten.
Unter diesen Bedingungen und eingedenk des Produktionspotentials ist die entscheidende Frage der Ökonomie von heute die nach den Möglichkeiten einer Verteilung von Gütern unabhängig von den bislang bekannten Mechanismen der Geld- und Marktwirtschaft. Warum wird das nirgends wirksam diskutiert?

p.s.: Es gibt einen dahingerotzten Ansatz zu einer Theorie der Fürsorge, zu dessen Ausarbeitung ich nie gekommen bin. Wer sich das antun will (60 Manuskriptseiten), kann sich HIER einen runterladen.