Während Journalisten immer angestrengt recherchieren -schließlich legen ihnen die Praktikanten jeden Mittag mindestens drei unterschiedliche Agenturberichte zurecht- können Blogger diese aufreibende Zusatzarbeit gar nicht leisten. Abgesehen davon, daß der Textmarker schon auf dem Röhrenmonitor versagt und beim TFT endgültig die mangelnde Qualifikation der Onlineschmierfinken belegt, sind diese stets mit allem und jedem beschäftigt und verlieren völlig den Blick fürs Wesentliche. Der Kardinalfehler der Blogger: Sie unterschätzen den Aufwand ihres Tuns. Das liegt nicht zuletzt daran, daß sich Blogger quasi per definitionem selbst überschätzen. Sie halten sich für so wichtig, daß sie glauben, ihr Gewäsch sei für andere Menschen von Interesse. Schlimmer noch wird es bei denen, deren Geschwätzigkeit zu täglichem Textauswurf führt. Entweder sie tun nichts anderes, und die Welt hat also mit jemandem zu tun, der dauernd im abgedunkelten Zimmer vor dem Rechner sitzt und den Leuten die Welt erklärt. Oder aber es sind Leute, die noch nebenbei einen Job machen und womöglich Familie haben. Diese denken anfangs, das bißchen Schreiben kostet ja keine Stunde am Tag!
Was der Einstiegsblogger vollkommen übersieht, sind die Kollateralschäden: Mit der Zeit erhöht sich zwangsläufig die Anzahl der Blogs, die er lesen und in denen er seinen Senf in Form von Kommentaren hinterlassen muß. In der nächsten Phase macht er sich vor, er könne das alles kontrollieren. Alle vier Wochen schreibt er einen Beitrag weniger, und wenn er merkt, daß er inzwischen die fünffache Zeit mit Lesen und Kommentieren zubringt, schwört er, das Ganze auf wenige Stunden am Tag zu reduzieren. Die gehen zwangsläufig vom Schlaf ab, und bei “wenigen Stunden täglich” bleibt es auch keine zwei Wochen. Es dauert nicht lange, und er sieht so erbärmlich aus, daß seine Frau, die er eh kaum noch sieht, von sich aus das Liebesleben einstellt. Jedenfalls das unseren Blogger betreffende. Weitere Kollateralschäden wie ständige Erschöpfung, Drogensucht und soziale Isolation treiben ihn immer tiefer in den Sumpf von Bloggerei und manischem Narzißmus. Solche Leute also sollen die Journalisten von morgen sein? Wäre es nicht so absurd, man müßte tatsächlich Angst davor haben.