Man soll nicht denken, die WM beherrschte Nachrichtenmarkt und Tagesablauf schon derart, daß nichts anderes mehr durchdringt. Weit gefehlt! Millionen nahmen Anteil an einem politischen Großereignis und verfolgten gebannt die Einsetzung des schwedischen Prinzen Daniel, der sich vom Fitness-Höfling zur künftigen Majestät hochgeheiratet hat.

operette

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“Märchenhaft” sei das gewesen, salbadert unisono die Regenbogenpresse von SpOn bis Gala, und wer den Bildern nicht entkommen konnte, dem war der Augenherpes sicher: So pompös und verkitscht kommt sonst nur die Barbie-Werbung daher, und da springen wenigstens nicht noch drei, in Worten: 3 goldbewandete Pfaffen herum, um eine einzige Hochzeit abzuwickeln. Der Federhut-, Kutschen- und Scherpenschaum, der da meterdick in rosa und bleu aufgetragen wurde, war für jedes Schützenfest zu billig, wäre er nicht so unerhört kostspielig gewesen.

Die Gernregierten aller Länder folgen solchen Operetten-Parodien freilich mit feuchten Augen und trüber Rührung. Daß sich der Adelsstand, der immerhin Untertanen in sieben europäischen Staaten und zwei Steueroasen bedünkelt, derart ungehemmt inszeniert, liegt voll im Trend. Man trifft sich bei Golf, Segeln und Sylt, trägt wieder Brillanten und Rolex. Keine falsche Scham – was den Emporkömmlingen der Geldelite recht ist, kann den alten Herrscherhäusern nur billig sein. Der Applaus des Fußvolks ist ihnen obdendrein gewiß.

Eines muß man dem “Märchen” allerdings zugute halten: Es trägt unmittelbar unter der dröhnenden Fassade Züge einer unmißverständlichen Realität: Der Aufsteiger, der erst durch tiefes Buckeln vor den Krönchen und geduldiges Ertragen vernehmlichen Standesdünkels den Zugang zum Hofe fand, hat sich am Ende hochgeschlafen. So sehen in diesen Zeiten Karrieren aus. Das sind die Verhältnisse im postmodernen Europa. Von “Demokratie” ist da weder eine Spur noch je die Rede.