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Es wird weiterhin würdelos gewurschtelt. Die hektische Kandidatenkür hat begonnen, und schon stellt sich heraus, daß die “Würde des Amtes” ein Mythos ist, dessen inhaltlicher Kern lange vor der Inauguration bereits zertrampelt wird. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn sich berwahrheitete, was eine Binsenweishelt der öffentlichen Vorabmeldungen besagt: Wer zuerst genannt wird, ist aus dem Rennen. Insofern ist zu hoffen, daß Frau von der Leyen nicht wirklich Kandidatin ist, sondern, Verzeihung, die “Sau”, die gerade “durchs Dorf getrieben” wird. Zur Qualifikation der höheren Tochter hat Jens Berger alles Wichtige gesagt.

CDU und FDP, die es für das Recht ihrer Macht halten, den Posten zu besetzen, sind wohl noch vom letzten Wahlgang beleidigt, weil es die SPD wiederum für ihr Recht hielt, eine Gegenkandidatin zu präsentieren. Diese frei von Demokratieverständnis gepflegte Haltung wurde zwar kurzfristig durch einige preiswerte Äußerungen zu einem “parteiübergeifenden Konsens” relativiert. Durch die Benennung von Ursula von der Leyen wäre dieser allerdings unter der Hand wieder aufgekündigt worden. Stockkonservativ, Vetreterin des Establishments, populistische Bürgerrechts-Gegnerin, das sind nur einige Attribute, die der Opposition nicht schmecken können. Auch der inneren übrigens: Sofern es in der FDP noch Bürgerrechtler gibt, sei es auch nur pro forma, dürfen diese sich geohrfeigt fühlen.

Öffentlich hat Volker Kauder bereits dem immer zum kooperativen Kotau bereiten Dieter Wiefelspütz deutlich gemacht, wie die CDU sich einen “Konsens” vorstellt. Bei den Gesprächen über mögliche Kandidaten sei Frank Walter Steinmeier der Ansprechpartner, nicht etwa Sigmar Gabriel. Wiefelspütz, der aus seiner devoten Zuarbeit für Schäubles Innenpolitik zu Zeiten der Großen Koalition offenbar wenig gelernt hat, echauffierte sich daraufhin, es sei nicht die Entscheidung der CDU, wer für die SPD spräche.

Ob das so stimmt oder nicht, ist eine Frage, die schon in den Tiefen der “Würde” taucht, die dem Amt wirklich zugebilligt wird. Es wird eine Lösung gesucht, die dem Volk verhökert wird, als sei sie dessen eigene Wahl, die tatsächlich aber die aktuellen Machtkonstellationen widerspiegelt. Gesprächsbereitschaft wird ebenso bloß simuliert wie anschließend Popularität produziert. Daß die angebliche Beliebtheit Köhlers keiner simplen Nachfrage standhält, daß die Deutschen auch nach seiner Wiederwahl keine Ahnung hatten, wer der Mann eigentlich ist (und was etwa der IWF ist), läßt ahnen, wieviel “Respekt vor dem Amt” inhaltlich besteht. Das Ganze ist eine blasse Show.

Man leistet sich halt ein “Staatsoberhaupt” von Gnaden der politischen Administration. Das Profil des Bundespräsidenten in der aktuellen Stellenbeschreibung sieht daher jemanden vor, der in dieser Administration verankert ist. Er repräsentiert in keiner Weise das Volk und ist schon gar nicht der Chef im Ring. Es soll jemand sein, der weiß, was er zu sagen hat und ein publikumswirksames Auftreten mitbringt. Wer auch immer unter diesen Bedingungen das Amt antritt und sich nicht ganz schnell aus dieser Handlangerrolle befreit, hat jedenfalls einen Grund weniger, im Falle des Falles zurückzutreten. Die “Würde” seines Amtes ist nicht mehr zu beschädigen. Sie wurde bereits vorab entsorgt.

Bildquelle: Michael Panse / Wikimedia