Die Geburtenraten in der BRD brechen weiter ein. SpOn stellt dazu fest, daß das Elterngeld diesen Trend auch nicht habe umkehren können. Das erinnert mich an einen alten Schlager von Udo Lindenberg, in dem es heißt: “Sie wollte Wärme, und die Heizung wurde angestellt”. Deutschland ist noch immer kein armes Land – wenn es nach Euro und Cent geht. Es ist aber erstaunlich, wie wenig Komfort man hier für seinen Euro bekommt, ganz abgesehen von grotesken Einkommensunterschieden.
Der Mensch ist hier nicht Mensch. Er ist Kostenfaktor, Minderleister, Leistungsträger, Gering- oder Gut- “Verdiener”. Sein Daseinszweck liegt in der Reproduktion, allerdings nicht der der Spezies, sondern der der Wirtschaft. Wer hier nicht zu doof ist zu verhüten und ernsthaft über die Zukunft nachdenkt, bleibt lieber kinderlos. Ein gemütliches Zuhause, ein entspanntes Leben mit glücklichen Kindern – in Deutschland? Da braucht es wohl keine Lacher vom Band.
Obendrein ist zur Rettung des Euros, zur endgültigen Rettung der Banken also, ernsthaft in der Diskussion, bei der Bildung zu sparen. Und das ausgerechnet in der Partei der christlichen Familie. War in den 80ern das Motto der Punks “No Future”, ist in diesen Tagen die Abschaffung der Gegenwart das Programm der Bürgerlichen. Gehen wir aussterben!
Daß der Mensch eine einzusparende Ressource ist in diesem Land, ist nur konsequent, denn es kann kommen, was will: zu leben bedeutet hier grundsätzlich, “über die Verhältnisse” zu leben. Entweder ist es Krise und es gibt nichts zu verteilen oder es ist Aufschwung, der nicht gefährdet werden darf. Dieses angesichts unfaßbarer Vermögen und Zugewinne auf Seiten der Reichen skurrile Programm ist dabei keines, das allein von rechten Zynikern und Arbeitgeberverbänden verfolgt wird. Nein, es sind immer wieder die Gewerkschaften und ihre “erfolgreichen” Funktionäre, die um die Erniedrigung der Lohanbhängigen bitten.
DGB-Chef Sommer hat einige merkwürdige Vorschläge wie etwa Mindestlöhne zu vertreten, von denen jeder weiß, daß sie nicht realisiert werden. Dabei hat er selbst eine Losung ausgegeben, die von vornherein jede Verbesserung der Situation seiner eigentlichen Klientel ausschließt: “Es wird sehr harte Einschnitte geben“. Funktionäre und Überläufer ins Management freilich ausgeschlossen. Da ist auf die großmäuligen Arbeiterverführer stets Verlaß gewesen. Es gibt halt Weintrinker und solche, denen noch das Wasser mißgönnt wird. Wer soll in einem solchen Land eine Familie gründen wollen?
Mai 17th, 2010 at 18:22
Auf den Punkt gebracht, flatter.
Ich kann auch nicht nachvollziehen, wie jemand den genannten Figuren noch Beifall klatschen kann.
Mai 17th, 2010 at 18:23
“Der Mensch ist hier nicht Mensch. Er ist Kostenfaktor, Minderleister, Leistungsträger, Gering- oder Gut- “Verdiener”. Sein Daseinszweck liegt in der Reproduktion, allerdings nicht der der Spezies, sondern der der Wirtschaft.”
Ich liebe Sarkasmus. Danke.
Mai 17th, 2010 at 20:13
Die Aussage des Spiegel-Artikels steht im Widerspruch zur Grafik. Einerseits heißt es, die meisten Kinder hätten die Zuwanderer, die ja viel depperter sind als die hehren teutschen Weibsbilder, andererseits liegen in der Grafik die roten Bereiche, also die mit dem meisten Zuwachs, in den Speckgürteln um die Ballungsräume (Lieblingsheimat von Akademikern) und in Landstrichen konservativer Prägung mit ertragreicher Landwirtschaft. Da passt was nicht, würd ich sagen.
Laut Text müssten einfach nur die Bildungsausgaben und Löhne zusammengestrichen werden, um mehr Nachwuchs zu bekommen, laut Grafik das Gegenteil. Tja wenn ich nicht wüsste, wem ich glauben soll…
Mai 17th, 2010 at 20:38
Stimmt, stimmt und stimmt nochmal.
Is wirklich wahr, sie gönnen einem nicht mal das Wasser…
Mai 17th, 2010 at 21:24
ob die sache mit der geburtenrate nun stimmt oder nicht, auf jeden fall triffst du, wie oben schon gesagt, den nagel auf den kopf – und das mit einem kurzen und knappen text.
Mai 17th, 2010 at 23:09
@chao (2.): ich kann da keinen Sarkasmus erkennen…!
ansonsten schließe ich mich meinem vorherigen Kommentator voll und ganz an!
Mai 18th, 2010 at 00:09
“War in den 80ern das Motto der Punks “No Future”, ist in diesen Tagen die Abschaffung der Gegenwart das Programm der Bürgerlichen. Gehen wir aussterben!”
Da kann ich auch keinen Sarkasmus erkennen, daß ist das Programm der Neoliberalen Irren. Sie wollen dorhin zurück wo sie schon einmal waren, in die Barbarei.
Mai 18th, 2010 at 00:47
Ein Kracher ist die hochanalytische Beurteilung der Reichsministerin fuer Volksvermehrung:
Es gibt zu wenig Frauen im gebaerfaehigen Alter.
Alle Achtung. Da sieht man mal wieder, was fuer ein Qualitaetssiegel so ein deutscher Doktortitel ist.
Jetzt muss man daraus natuerlich noch die richtigen politischen Folgerungen ziehen, und Gastgebaererinnenabkommen mit einschlaegigen Laendern abschliessen (Senkt fuer viele maennliche Waehler auch die Reisekosten).
Oder liegt das ganze nicht doch eher daran, dass sich die Sodomie in letzer Zeit so ausbreitet?
Man erinnere sich: ein Hauptthema der Hessenunion.
Was die Graphik angeht:
Die zeigt nur, wie sich die Einwohnerzahl entwickeln soll. Mit den Geburten hat das nur wenig zu tun.
Die Zuwandererblagen ueberschwemmen nach ihrer Geburt eben einfach die Wohngebiete der leistungstragenden Schichten…
Mai 18th, 2010 at 01:01
Einfach kurz und knapp auf den Punkt gebracht.
Die Saat(Lambsdorff-Papier, etc..), welche 1982 mit der “Wende” gelegt, 1989/90 mächtig aus dem Osten befruchtet wurde, beginnt nun ihre ganzen neoliberalen bitter-ekeligen Früchte auszutragen.
Natürlich noch zusätzlich befruchtet durch unsere staatstragenden “Gewerkschaften” mit Typen á la Sommer und Tausenden von Funktionären gleichen Zuschnitts, welche die neoliberalen Einpeitscher und Exekutoren auch noch beklatschen.
Ja, in solch einem Land kann muss jedes menschliches Lächeln einfrieren, müssen warme menschliche Gesichtszüge zu eiskalten Masken aufgesetzten Lächelns erstarren.
Ein Land, eine ganze Gesellschaft im festen Würgegriff einer mehrköpfigen Hydra von Ackermännern, gekauften Politikern verschiedenster Farben UND Sommers, Hubers & Co….., wo bleibt ein neuer gesellschaftlicher Frühling?
Mai 18th, 2010 at 03:39
Abgesehen von der Entgleisung, dass Udo Lindenberg in den 70ern keineswegs “Schlager”, sondern innovative Rockmusik hervorgebracht hat, hast Du vollkommen recht. In den Arsch gekniffen sind da u.a. dumme Leute wie ich, die ihre Familie vor einigen Jahren bereits gegründet haben und nun dem “entspannten Leben mit glücklichen Kindern” unablässig hinterherhecheln.
Um Lindenbergs Ruf wiederherzustellen, hier ein Zitat aus dem Jahre 1981:
Grande Finale
In sieben Tagen schuf Gott die Welt,
doch sieben Tage sind echt zu knapp!
Am achten Tag fand er das auch,
schmiss sie ins Klo und zog ab.
Er setzt sich wieder auf seinen Thron
und lässt uns hier hängen in der Kanalisation,
wir müssen’s ausbaden, oh Herr -
die einen weniger, die anderen mehr …
Nun sind wir schon seit Abel und Kain
hier in der Grütze rumgekrochen.
Nun fängt – ja, muss das denn wirklich sein? -
die ganze Scheiße auch noch an zu kochen!
Bedrohlich brodelt hier ein See,
unheimlich bruzzelt dort ein AKW …
die Angst war lange nicht so groß,
die Raketen stehn auf: Achtung – fertig – los!
Willkommen zum Grande Finale!
Die Erde geht unter, erfahren wir soeben!
Der Eintritt ist ohne Bezahle -
Sie zahlen hier bloß mit Ihrem Leben!
Der Globus ist ‘ne große Bühne
und auch Sie werden hier als Statist engagiert!
Es wird so inszeniert, dass jeder krepiert …
Und die Puppen tanzen:
“Kein Horror in Sodom und Gomorrha …”
Immer lustig und vergnügt,
bis der Arsch im Sarge liegt …
Am Tage, als der Reagan kam
und die Vulkantanzschule übernahm,
rechtsherum im Rückwärtsschritt
tanzt man jetzt den Apocalypso, und alle taumeln mit!
Willkommen zum Grande Finale!
Am 30. Mai ist alles vorbei!
Und die Rüstungsindustriellen
sind in Bombenstimmung auf den Seychellen!
In Moskau saufen sie viel Vodka,
bis sie behämmert sind, und sie wetzen die Sichel.
Es wird so inszeniert, dass jeder krepiert …
Und zuerst der deutsche Michel.
“Kein Horror in Sodom und Gomorrha …”
Immer lustig und vergnügt
bis der Arsch im Sarge liegt!
Wie schön der Neutronenbomber fliegt …
bis der Arsch im Sarge liegt!
Wie aromatisch Giftgas riecht …
bis der Arsch im Sarge liegt!
Ws gibt ‘ne Zeitung, die niemals lügt …
bis der Arsch im Sarge liegt!
In Gorleben sich ein Bohrer verbiegt …
bis der Arsch im Sarge liegt!
Ein Ölscheich einen Goldrausch kriegt …
bis der Arsch im Sarge liegt!
Der Krisenstab sich im Bunker verkriecht …
bis der Arsch im Sarge liegt!
Und der Pfaffe, wie immer, seinen Segen gibt …
bis der Arsch im Sarge liegt!
(aus dem Album “Udopia” aus dem Jahre 1981)
https://www.youtube.com/watch?v=Ral4yyfYOZg
Mai 18th, 2010 at 09:46
wir sterben aus? was wäre schlimm daran, wenn es wirklich so schlecht (nicht nur) um das prekariat steht?
Mai 18th, 2010 at 09:58
Dem Forschergeist eines Wirtschaftsinstitutes entspringt einmal mehr eine Erkenntnis, die allerdings noch zur Gewissheit heranreifen muss. Demnach ist die Mehrwertsteuer auf 25 % zu erhöhen. Der Präsident des Wirtschaftstunnels ließ sich nicht nehmen, das Ergebnis der vielschichtigen Denkprozesse persönlich zu verkünden.
Ein anderer Wirtschaftsforscher, nämlich ich, kann nur freudig nicken. „Da bin ich, verehrter Kollege, nahe bei Ihnen.“ Allerdings würde ich eine Anmerkung machen wollen, betreffs des Babyöls und der Windeln. Es gilt, den Babymarkt noch stärker als bisher zu entdrosseln. Ein Maximum von, sagen wir 24,5 % auf Babyöl und Windeln sollte man in die Verfassung schreiben.
Mai 18th, 2010 at 10:10
“Wer soll in einem solchen Land eine Familie gründen wollen?”
Also ich nicht.
Wir(meine finnische Freundin und ich) sind uns seit geraumer Zeit sicher: Wenn Familie, dann nur in Skandinavien!
Die Möglichkeit, des öfteren eine Aussenperspektive auf die Zustände in Deutschland werfen zu können, hat uns vor einem Einfrieren unseres menschlichen Lächelns bewahrt.
Mai 18th, 2010 at 12:10
Nun aber – endlich! – eine positive Botschaft aus dem Land des kalten Lächelns:
DER DGB HAT SICH EINE NEUE SATZUNG GEGEBEN!!!
Jetzt, Dank Herrn SOMMER und seiner Funktionäre dürfen wir hoffen, uns bald unserer (gesellschaftlichen) Faustlinge, Filzstiefel und Eises-Gesichter entledigen zu können.
Dank des unvergleichlichen DGB bald ein neuer “Prager Frühling”?
….und….. just in diesem Augenblick soll schon wieder(!) im großen China ein Sack Reis umgefallen sein…. ;-)
Mai 18th, 2010 at 12:56
Die Gewerkschaften hierzulande sind nicht die Lösung des Problems, sie sind Teil des Problems. Praktisch kampflos haben sie sich den Vorgaben von “moderaten Lohnsteigerungen” ergeben, der Aushöhlung des Kündigungsschutzes und der Arbeitnehmerrechte. Zur Explosion des Niedrigliohnsektors ebenso kein Konzept wie zu Leih- und Zeitarbeit oder der Ausbeutung von jungen AN über Praktika.
Mai 18th, 2010 at 13:14
Kaboom meint:
Würden die noch verbliebenen 6,5 Millionen Karteileichen dieser DGB-Vereine morgen alle auf einem Riesenfriedhof still und leise verscharrt werden, ob die restliche Republik deren Verschwinden überhaupt bemerken würde?
Und mal angenommen, an jedem 1.Mai entstiegen sie dann für einen einzigen Tag unter ihrem Anfährer, dem Ober-Zombie M.Sommer den Gräbern um mit Trillerpfeifen und halbverfaulten DGB-Fahnen die übrige noch lebende Gesellschaft zu erschrecken, ob unsere Politiker ALLER Parteien sowie die Arbeitgebervertreter sie dann immer noch loben, ihre “Vernunft” preisen würden?
Nur so ein Gedanke…..
Mai 18th, 2010 at 15:13
@Bakunin
Also ich arbeite in einer quasi gewerkschaftsfreien Branche. Das war gar kein Problem. Vor der Krise.
Da haben mir Kollegen immer gerne erzählt, das die Gewerkschaften “ein alter Hut” seien, und man sowas heute nicht mehr benötige etc.
Die gleichen Kollegen erzählen übrigens heute völlig andere Sachen.
Mai 18th, 2010 at 15:40
Für Leute mit unbefristeten Arbeitsplatz und Mitgliedschaft des Arbeitgebers im Tarifverbund sind die Gewerkschaften selbst heute noch trotz der jämmerlichen Tarifvereinbarungen der letzten Jahre noch immer kein “alter Hut”, eher schon eine Art Käseglocke, die diese noch “Begünstigten” vor dem Rest der vielen prekär Beschäftigten und deren Situation irgendwie schützt, zumindest bist zu betriebsbedingten Kündigungen oder Standortschließungen.
Jeder ist sich halt selbst der Nächste…., und ohne diese Gewerkschaften wäre alles “noch viel schlimmer” hört man immer wieder unverdrossen…. – Ja, für alle JENE, welche vor 5, 10, 15, 20 Jahren noch einen unbefristeten Arbeitsplatz quasi “gratis” ergattern konnten und diesen heute noch besetzen…., der traurige, immer größer werdende Rest muss halt prekär sehen, wo er bleibt….., mit oder ohne “machtvolle” DGB-Kongresse und dessen “Forderungen”!
Mai 18th, 2010 at 17:59
Schöööööön, würde Gaia sagen, wäre es wenn die Menschheit an sich aussterben würde. Dann könnte ich mich erholen.
Da gab es doch den schönen (für mich jedenfalls) Witz, – treffen sich zwei Planeten. Wie geht es Dir? Schlecht, ich hab homo sapiens! Das geht auch vorbei..!
Mai 18th, 2010 at 22:11
@Goldener Reiter
stimmt, die Grafik behandelt nur die Entwicklung der Einwohnerzahl. Danke für den Hinweis.
Mai 19th, 2010 at 00:54
@attacy #6 (und meinetwegen auch carlo #7):
Es wäre sinnlos, darüber zu streiten, ob das Sarkasmus ist oder nicht.
Aus nat.wiss. Sicht, das ist meine, ist der letzte zitierte Satz, “Sein [des Menschen] Daseinszweck liegt in der Reproduktion, allerdings nicht der der Spezies, sondern der der Wirtschaft” sehr offensichtlich sarkastisch. Hier wird nämlich der einzig rationale Daseinszweck des Menschen (wie aller lebender Natur) umgedreht.
Besser kann man das kaum bringen.
Ein Grund, warum ich hier gerne mitlese.