Immer öfter kommt die Frage auf, ob der SPIEGEL wirklich etwas gewinnt, wenn er politische und kulturelle Zusammenhänge genau so tumb vereinfacht wie die Konkurrenz. Überschriften wie “Der politische Islam knüpft an die Nazis an” zielen auf Reflexe. Und es ist die unterste Schublade der Journaille, falsch zu zitieren, um eine ohnehin streitbare Aussage zur Hetze zu verzerren. Er hat es so nicht gesagt, und er hat es so nicht gemeint. Obendrein “arbeitet” die Headline mit einer schmerzenden Diskrepanz im Differenzierungsniveau. Während das angebliche Anknüpfen an die Nazis grob zusammengeschustert wurde von jemandem, der seinen Gesprächspartner nicht verstanden hat, wird mit dem Begriff “politischer Islam” eine Vokabel eingeführt, die auf sensibler Differenzierung beruht. Etwas unter einem solchen Titel als “Interview” zu verkaufen, ist eine Frechheit.
Aber das ist offenbar heute Standard bei SpiegelOnline. Ein herzlich blödsinniger Rekurs auf die Regensburger Rede des Papstes wird dem Leser ebenfalls als “Interview” untergejubelt. Die sich mit Fanfaren aufdrängende Nachfrage, ob der interviewte Herr den Unterschied zwischen einer Aussage und einem Zitat kennt, der Hinweis darauf, daß das Vorlesen aus einem Buch hier nicht als Meinungsäußerung gilt, fehlt gänzlich. Wer derartiges für eine angemessene Präsentation der Auseinandersetzung mit dem Islam hält, sollte sich Gedanken übers Layout machen. Ich rate zu größeren Buchstaben.