Was der Spiegel über die Bürokratie in den BAFöG-Ämtern schreibt, ist nur die Spitze des Eisbergs und transportiert nicht ganz die Wirklichkeit, die sich dahinter verbirgt. Daß die Ämter gern monatelang nicht zahlen, bedeutet nämlich für die Antragsteller, daß sie völlig mittellos sind. So kommt es vor, daß sich aus Gründen, die nicht von den Studierenden zu vertreten sind, die Sache erheblich verzögert, etwa, wenn ein Elternteil nicht auffindbar ist. In einem mir bekannten Fall wurde der Antragstellerin 3 Monate nach Antragstellung mitgeteilt, die Bearbeitung könne sich weitere Monate hinziehen. Einen Vorschuß oder ähnliches könne man ihr auch nicht zahlen. Die junge Frau, die keine zahlungsfähigen Angehörigen hat, hat monatlich also Null Cent zur Verfügung. Das Sozialamt erklärt sich für nicht zuständig und teilte ihr mit, sie müsse sich exmatrikulieren, wenn sie Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten wolle. Das würde bedeuten, daß 1600 Euro Studiengebühren verloren wären. Aber immerhin gibt’s dann was zu essen.
In einem Land, in dem täglich über faule Schmarotzer geschimpft wird, in dem Millionen zu sinnlosen Bewerbungstrainings geschickt werden, werden Menschen gezwungen, ihre Ausbildung abzubrechen, oder man läßt sie sprichwörtlich verhungern. Dieser feinsinnige Umgang mit Menschen, die an ihrer beruflichen Laufbahn arbeiten wollen, steht uns gut zu Gesicht. Er steht repräsentativ für die Qualität des deutschen Bildungssystems und der dahinter stehenden Bürokratenmentalität. Er steht ebenso repräsentativ für die unmenschliche und blinde Organisation des hiesigen Sozialsystems.