Es gibt sie noch, und zwar in jeder Altersklasse. Ich habe sie schon zu Schulzeiten nicht verstanden, ihren Mangel am Ekel, an Persönlichkeit, an allem, das mir wichtig und sympathisch ist. Erwachsene Menschen sind nicht so, mag ich damals gedacht haben, aber das war natürlich meiner jugendlichen Naivität geschuldet. Nein, sie sind noch viel schlimmer, denn es gibt immer etwas zu gewinnen, jemanden zu beeindrucken, ein Licht, in dem diese Brut sich sonnen kann. Heute begegneten mir zwei dieser Exemplare, die mir gar nicht so sehr aufgefallen sind, weil sie sich jemandem angedient hätten, sondern weil sie schlicht durchgekauten Blödsinn wieder hochgewürgt und ihrem Auditorium präsentiert haben, als hätte man sonst nichts, dessentwegen man sich langweilen könnte. Eine Soziologin, die die “Multikulturelle Gesellschaft” zu bekriteln hatte – die “Grüne Partei”, die “Kirchen schrecklich” fände, aber “Moscheen eingeweiht” hätte. Oder die Tante in der Tagesschau, die mit der Miene professioneller Ausdruckslosigkeit von “skrupellosen Bildern” und “Entsetzen” sprach und der man ansah, daß sie nicht für zwei Pfennig an das glaubte, was sie da gerade verzapfte.
Das Schlimme ist gar nicht der Opportunismus, das in Maßen noch gesunde Bestreben, weiter zu kommen. Selbst an die Denkfaulheit dieser Menschen könnte man sich gewöhnen, Fleiß ist auf diesem Sektor ohnehin selten. Was mich aber nachgerade traurig stimmt, ist, daß es Menschen gibt, die niemals eine Meinung haben werden. Die nie sagen können “Das habe ich gemacht”, ohne daß ihr Lenorgewissen ihnen diese Lüge weichspülen muß. Die nicht einen einzigen Gedanken aufrechterhalten, von dem sie nicht sicher wissen, daß er in den Mainstream paßt. Eine tragische Verschwendung der Natur!