In einem “Gastkommentar” von Fred Grimm, versteckt unter “Personalführung” im Wirtschaftsteil, findet sich bei SpOn eine Ungeheuerlichkeit, ein scheinbar unscheinbares Detail, das die Existenz einer Demokratie in Deutschland zu widerlegen geeignet ist, wenn es sich bestätigt. Es heißt dort lapidar:
“Über die Hälfte des deutschen Top-Managements stammt aus dem winzigen 0,5-Prozent-Segment der reichsten deutschen Familien.”
Daß die sogenannten “Eliten” gern unter sich bleiben, ist nicht neu und nicht verwunderlich. Sollte aber tatsächlich in einem solchem Maße Begünstigung vor Qualifikation gehen, dann ist es Zeit für radikale Veränderungen der Gesellschaftsordnung oder eine simple Unbenennung – was der machbare Weg sein dürfte. Hören wir auf, von einer “Demokratie” zu sprechen!
Gewaltenteilung, begrenzte Macht
Nun ist “Volksherrschaft” ohnehin ein dehnbarer Begriff, daher stützt sich der moderne Demokratiebegriff auch auf Montesquieus Staatsentwurf der Gewaltenteilung. Zu einer Zeit, da der Staat noch als übermächtiges Gebilde seinen Untertanen gegenübertrat, erhob sich mit dem Bürgertum das Streben nach begrenzter Macht. Die staatlichen Gewalten sollten durch gegenseitige Kontrolle in die Schranken gewiesen werden, und es darf angenommen werden, daß das Bürgertum des 18. Jahrhunderts seine Macht ohnehin durch den Staat wirksam begrenzt sah.
Das hat eine Weile ganz passabel funktioniert. Allerdings wurde in den darauf folgenden Jahrhunderten kein Wert auf eine durchgreifende Aktualisierung des Demokratiemodells gelegt und die aufkommenden Gewalten privater Konzerne und Medien immer weniger wirksam kontrolliert. Ganz offen fordern die Verfechter unbegrenzten Eigentums daher auch immer weniger Staat, immer mehr Einfluß für sich und ihresgleichen. War die staatliche Gewaltenteilung der Ausweg aus Diktatur und autoritärem Staat, so ist die schamlose Machtballung der Wohlhabenden das schlichte Gegenteil.
Menschen, unnütz
Auf ein Menschenbild verzichtet diese “Elite” inzwischen völlig. Es geht nur noch um manische Machtballung, die Verfügungsgewalt in Form und Geld. Der Rest, das Volk, hat zu funktionieren und wird so lange als notwendige Ressource betrachet, wie es nützlich ist. Die Unnützen, längst als “Minderleister” offen diffamiert, haben keinen Status mehr, auf den sie sich auch nur berufen dürften, um in Würde ihr karges Dasein zu fristen.
Damit es bleibt wie es ist und die Macht bei denen bleibt, die sich immer häufiger als “genetisch” überlegen darstellen – was übrigens auch in den Forenbeiträgen zum Spiegel-Artikel haarsträubend argumentiert wird – werden alle Register kreuzdämlicher Propaganda gezogen. Wirft man den Abgehängten zähnefletschend in doppelter Lüge “anstrengungslosen Wohlstand” vor, wird genau dieser für sakrosankt erklärt: Das Erbe der Besitzenden sei unantastbar.
Erbhöfe
Als sei etwa eine Aktiengesellschaft ein unmögliches Unternehmen, wird das Hirngespinst des Untergangs der Mittelschicht gepflegt, wenn es eine wirksame Erbschaftssteuer gäbe. Ganz selbstverständlich wird auch die Rückführung von Allgemeingut durch eine Steuer auf Erbschaften aus Privatvermögen bekämpft. Und immer sind es die “Leistungsträger” der “Mittelschicht”, die angeblich zu schützen seien. Doppelt gelogen hält auch hier offenbar besser.
Aber es geht noch dicker. Der Sicherung des Eigentums der Eigentümer durch die Vergabe höchstdotierter und einflußreicher Posten im Management ist durch keine Steuer beizukommen, schon gar nicht von Seiten eines Staates, der dem Treiben an den Erbhöfen nicht reinzureden hat. Was einzig noch stört, ist daß die postmodernen Feudalherren überhaupt Rücksicht zu nehmen haben auf eine Staatsverfassung, die etwas gänzlich anderes verspricht als die gegebenen Zustände. Das muß gekittet werden durch Propaganda, Korruption, Ablenkung und die Verteufelung aller denkbaren Alternativen, die von den aggressivsten Hetzern mit der Sozialismuspeitsche behandelt werden. Mit Erfolg wird schon der Begriff “Kapitalismus” zur Ausgeburt stalinistischer Massenmörder verklärt.
Sozialismus?
Der Dualismus des kalten Krieges, Kapitalismus vs. Sozialismus-Kommunismus, ist eine Albernheit, die schon in jenen Zeiten nur zur Propaganda taugte. Heute muß man schon mit unerhörter Brutalität diese Keule schwingen, um damit Wirkung zu erzielen. Wenn alle Mittel recht sind, dann auch dieses.
Ich bemühe mich stets um die Entwicklung von Ideen, die der aktuellen Lage gerecht werden und mag darum nicht von “Sozialismus” sprechen. Aber wenn es denn wirklich so gesehen werden muß, daß es keine anderen Alternativen gibt zum Marsch in die Diktatur der kapitalistischen Clans, ist es höchste Zeit für einen Sozialismus. Er wäre demnach die letzte Chance für die Demokratie.
April 14th, 2010 at 01:18
das (diese verhältnisse) ist aber alles nichts grundsätzlich neues (was nicht heissen soll, sie nicht immer wieder an die öffentlichkeit zu zerren).
auch in der inzwischen gerne verklärten, ach-so-idyllischen “alte” brd hielten sich durch ihre gesamte existenz hindurch strukturen, die bis weit in die 1970er hinein sogar sehr offen “klassisch” feudalistische züge trugen, gerade was besitz- und eigentumsverhältnisse anbelangte (plus die dazugehörigen “elitären” seilschaften).
ich vermute mal, dass es hier viele leserInnen geben könnte, die u.a. aufgrund ihres alters bisher noch nichts vom wallraff-engelmann-buch “ihr da oben, wir hier unten” gehört haben. gibt´s billig an vielen einschlägigen orten im netz, und ist absolut erhellender geschichtsunterricht der sorte, die in den schulen meist nicht stattfindet.
das buch, 1973 erstmalig erschienen, ist mitte der 70er als tb recht groß herausgekommen; u.a. deshalb, weil hier erstmals komprimiert die geschichte(-n) besonders, aber nicht nur, der bekanntesten elitären familien der brd skizziert wurde – von henkel über oekter zu horten und krupp und flick – dazu eine darstellung der reste “echten adels” und des dazugehörigen, teils immensen und weitgehend unbekannten landbesitzes und eben der relikte echt feudaler strukturen, die sich selbst noch in einer besonderen juristischen behandlung ausdrückten.
auf dieser basis konnte erst das meiste von dem wachsen, was sich heute an widerwärtigkeit manifestiert und formiert. und deshalb sag ich einfach mal:
lesetipp!
April 14th, 2010 at 02:45
[...] “Über die Hälfte des deutschen Top-Managements stammt aus dem winzigen 0,5-Prozent-Segme…. [...]
April 14th, 2010 at 04:03
Für politisch Interessierte ist das alles nichts Neues – aber angesichts des Zustandes unserer “Mediendemokratie” kann man es nicht oft genug wiederholen. Danke also für diese komprimierte Zusammenfassung, der ich inhaltlich nur dies hinzuzufügen habe:
Der immer wieder bemühte “schlanke Staat” und der “Bürokratieabbau” betrifft selbstredend nur die Geldelite, die einfach schamlos treiben dürfen möchte, was sie will – für den Rest der Bevölkerung darf es ruhig ausufernde Bürokratiemonster wie z.B. die ARGEn samt ihrer “Sozialdetektive” geben. Gleichzeitig bedeutet dieser “schlanke Staat” natürlich auch “Privatisierung” – die Kapitalbesitzer möchten also mit all den schönen, einstmals staatlich organisierten und durchgeführten daseinsfürsorglichen Leistungen ihre Geschäfte machen.
Das alles ist so durchsichtig und so klar erkennbar gesellschaftspolitischer Irrsinn, dass es mich immer wieder wundert, wieso die betroffenen Schafe nicht zumindest laut blöken.
In anderen Teilen der Welt ist man da wesentlich weiter – vgl. hier:
https://preview.tinyurl.com/yyj8tun
April 14th, 2010 at 06:23
[...] Der Dualismus des kalten Krieges, Kapitalismus vs. Sozialismus-Kommunismus, ist eine Albernheit, die schon in jenen Zeiten nur zur Propaganda taugte. Heute muß man schon mit unerhörter Brutalität diese Keule schwingen, um damit Wirkung zu erzielen. Wenn alle Mittel recht sind, dann auch dieses. Ich bemühe mich stets um die Entwicklung von Ideen, die der aktuellen Lage gerecht werden und mag darum nicht von “Sozialismus” sprechen. Aber wenn es denn wirklich so gesehen werden muß, daß es keine anderen Alternativen gibt zum Marsch in die Diktatur der kapitalistischen Clans, ist es höchste Zeit für einen Sozialismus. Er wäre demnach die letzte Chance für die Demokratie. Quelle: Feynsinn [...]
April 14th, 2010 at 08:33
Ui,ui. (Ist ein wenig zynisch, ich entschuldige mich dafür) Nach jahrzentelangem, “Wir brauchen keinen Sozialismus”, und hochgeistigen Kritikern, die sich die Mitte erkämpfen, plötzlich der Counterpart “Wir brauchen den Sozialismus”?
Stimmt fröhlich. Ich sichte plötzlich die Hoffnung auf eine Mitte, praktisch meine ich, – so richtig mit Demokratie dran.
April 14th, 2010 at 08:50
Es gab nie eine Demokratie im Sinne einer echten Volksherrschaft oder auch nur Mitsprache.
Ursprünglich waren nach einem Zensus-Wahlrecht nur die Angehörigen des Besitzbürgertums wahlberechtigt. Das ist allerdings eine sehr auf ihre Interessen bedachte Klasse, die auch in der Lage war, ihre Interessen gegen die ganz mächtigen und superreichen Großgrundbesitzer und Großindustriellen und Großbankiers im Land durchzusetzen.
So kam es dann zu der merkwürdigen Entwicklung, dass das Zensuswahlrecht von diesen Superreichen durch ein allgemeines Wahlrecht ersetzt wurde, in dem alle Stimmen gleich viel wert waren. Das garantierte die Wahl von Politikern und Parteien, deren Politik vollständig vom Großkapital bestimmt wurde und auch gegen die Interessen des einfachen Besitzbürgertums gerichtet werden konnte.
Das war dann unsere Demokratie.
April 14th, 2010 at 09:17
Ich war schon immer für die Einführung eines Scherbengerichtes, welches dem Bürger die Möglichkeit geben würde, gewisse Ausbeuter des Landes zu verweisen und in die Verbannung zu schicken. Auch wenn das Instrument in der Antike oft missbraucht wurde.
April 14th, 2010 at 10:54
@antiferengi: Wer sich für seinen Zynismus entschuldigt, muß noch üben ;-)
April 14th, 2010 at 11:44
Immer wieder frage ich mich, warum denn nach so langer Zeit relativ stabiler Verhältnisse (in unseren Breitengraden) und solchen materiellen Wohlstandes, den sich der Einzelne nicht mehr jeden Tag unermüdlich erarbeiten muss (selbst Leiharbeiter haben verglichen mit früheren Zeiten oder anderen Regionen viel Wohlstand für wenig Arbeit) nicht endlich mal die gewonnene Zeit dafür benutzt wird, sich sinnvoll mit Gesellschaftsmodellen, Kultur, Kunst, Friedensforschung etc. auseinanderzusetzen.
Das Sattsein scheint doch eher nur eine Gier nach mehr hervorzurufen, eine Langeweile und Leere, die dann gefüllt werden muss, wobei man offensichtlich tatsächlich Sinnstiftendes tunlichst vermeiden muss. Ein wirklich wohlhabender Mann in meinem Bekanntenkreis, der viel Zeit hat und durchaus gesund ist, sich also einsetzen könnte, für alles was ihm einfiele, war ganz entsetzt darüber, dass sein Sohn sich nicht für das HSV-Spiel interessierte und meinte “Für irgendetwas muss man sich doch interessieren!”.
Finde ich ähnlich beschränkt, wie jemand, der, vor einem Riesenbuffet stehend, die Flusen vom Fußboden aufhebt und isst mit dem Argument “Irgendwas muss man doch essen!” (Wobei das wiederum irgendwie mehr hätte, ich würde doch glatt nen Künstler dahinter wittern)
Na, schön, dass es wenigstens feynsinn und Konsorten gibt :)
April 14th, 2010 at 12:08
@flatter
Ok, – seh ich ein ;-)
April 14th, 2010 at 12:13
Ja, ja, da sieht man mal wieder die antidemokratische Gesinnung linkesterroristischer Hetzblogs wie feynsinn ;)
Natuerlich haben wir eine bestaendige Politik, die die wertvolleren Teile des Volkes foerdert, und den Menschenmuell belastet.
Aber es ist nun wirklich nicht so, als ob dies mit Waffengewalt gegen den Willen des Abschaums durchgesetzt wuerde.
Ganz im Gegenteil ist sich die Masse des Geschmeisses (anders als der querulantische Verfasser) sehr wohl bewusst, dass sie es nicht besser verdient hat, und dass dies vollkommen richtig und gottgewolt ist.
Nicht umsonst waehlt der deutsche Unterthan seit Jahrzehnten brav und nibelungentreu genau die Parteien, von denen er mit Sicherheit weiss, dass sie eben keinen stalinistischen Unsinn, wie Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit treiben.
Das ist funktionierende Demokratie!
In diesem Sinne:
Hail, hail Freedonia,
home of the brave and free.
April 14th, 2010 at 12:26
Sehr schön, da beginnen die Menschen aufzwachen, gar zu denken, oder ist es nur ein schlimmer Alp(b)traum ? Hoffnung keimt auf in der tristen Einöde. Am Horizont eine schemenhafte Gestalt, Demokratie mit Sozialismus dran ? Oder nur Wahn ?
Nur so am Rande, ich kann mich nicht erinnern, daß es ein kommunistisches Land je gab.
@mo, danke für den Lesetipp.
April 14th, 2010 at 15:12
Was in diesem Lande einfach schon grotesk ist, ist das Größenverhältnis einer beinahe schon winzigen superreichen und alle wirkliche Macht in den Händen haltenden Elite – in deren Händen auch die Politiker ihre grotesken verlogenen Veits-Tänze vor dem blöd glotzenden Wahl-Volk aufführen dürfen zu der noch immer erdrückenden Masse der kleinen ohnmächtigen Wähler-Piefkes, die sich schon seit Jahrzehnten einbilden, mit der “Wahl” dieser oder Jener Politiker-Handpuppe(Handpuppen der Eliten”) irgend welche “Macht”(!!) ausüben zu können.
Wann werden diese kleinen Wähler-Piefkes endlich begreifen, dass man mit der sprichwörtlichen ABGABE seiner Stimme sich nur für vier weitere Jahre vollkommen entmündigt?
Dieses Land hat entgegen allen andes lautenden Gerüchten nie aufgehört, feudale Züge zu tragen, zumindest nicht der Teil Deutschlands, den man bis 1949 Westzonen nannte.
Dort blieb auch nach der angeblichen “Stunde Null” in Wahrheit alles beim Alten, unter Beatzungsmacht und Konrad Adenauer bis heute zu “Mutti”.
Diese Tatsache wurde nur Jahrzehnte recht erfolgreich verborgen, verleugnet und/oder einfach weggelogen.
Dies wurde auch in der Tat ganz klar von Bernd Engelmann in seinem Buch IHR DA OBEN, WIR DA UNTEN schon 1973 überzeugend nachgewiesen, ebenso von Günter Wallraff und vielen anderen kritischen Autoren.
Doch leider hat sich immer nur eine kleine Minderheit für diese echte Aufklärung wirklich interessiert, die große Masse jedoch rülpste weiter satt und selbstzufrieden vor sich hin und ergötzte sich ansonsten an Figuren wie FJS, “Willy” und deren verbalen Veits-Tänzen zur Unterhaltung und Ablenkung der Massen, Verschleierung der tasächlichen Machtverhältnisse, befeuert durch die öffentlich-rechtlichen und privaten Massenmedien.
Würden wir wirklich in einem guten demokratischen Staat leben, gehörte Engelmanns altes, aber noch heute aktuelles Buch zum Unterricht an allen Schulen, allen Schulformen.
Natürlich ist es klar, dass die wahren Eliten und ihre Handlanger kein Interesse an wahrer Aufklärung der “einfachen” Menschen haben.
Ganz im Gegenteil, sie benötigen für ihre weitere Machtausübung und Ausbeutung der Mehrheit der Bevölkerung und ihrer grotesken Schein-Wahlen geradezu unwissende, idiotisierte “Unterhanen”, aber auch jede Menge bigotter asozialer Spießer aus den Mittelschichten.(siehe auch Heinrich Mann!)
Zum Schluß möchte auch ich nicht verhehlen, dass ich schon lange ebenfalls wie “flatter” denke, dass man über eine neue ausgewogene Diskussion über einen demokratischen Sozialismus wird nicht umhinkommen, vorausgesetzt, man möchte tasächlich eine andere, bessere, demokratischere Gesellschaft und sich NICHT NUR vor dem PC “wortgewaltig” auskotzen.
Das Argument “1989″ gegen eine solche Diskussion ist völlig abwegig, hilft letztlich nur den Eliten und deren Lakaien, hilft, ihre Macht über die Gesellschaft bis zum St. Nimmerleinstag weiter aufrecht zu erhalten.
April 14th, 2010 at 15:23
@ Amika,
vergleich doch mal die Wohlstandsentwicklung der deut. Unterschicht, mit der der DAX 30 Vorstände…, das ist die reale Entwicklung hier.
April 14th, 2010 at 15:48
Gewaltenteilung ist nur da nötig, wo der Macht mistraut wird. In der bürgerlichen Demokratie mag sie Sinn ergeben (obwohl sie eher selten wirklich funktioniert). In einer echten Demokratie (demokratische Legitimation aller öffentlichen Ämter und jederzeit die Möglichkeit der Abwahl) würde sich die Gewaltenteilung wahrscheinlich schnell als ineffizient und unnütz herausstellen.
April 14th, 2010 at 16:27
Noch schlimmer ist, dass Deutschland mit dieser Ungleichheit im weltweiten Vergleich noch relativ gut dasteht. Gerade deshalb halte ich den Wahlspruch “Proletarier aller Länder, vereinigt euch” für mehr als zeitgemäß. Die Trennlinie verläuft nur nicht zu einem Bürgertum, sondern zu einem Geldadel und einer selbstgefälligen Elite, die sich mit allen möglichen Tricks die Ämter und die Schaltstellen der Macht sichert. Schönes Fazit am Ende des Artikels, dem kann ich nur zustimmen.
Nur eine Frage zur Erbschaft: Angenommen, X hat einen sehr großen Betrieb, der viel Umsatz und Gewinn macht. X will den Betrieb seinem Sohn Y vererben. Wie soll der Staat diese Erbschaft besteuern? Ein Zwangsverkauf kann doch auch keine Lösung sein?
April 14th, 2010 at 16:33
@ Amika,
“vergleich doch mal die Wohlstandsentwicklung der deut. Unterschicht, mit der der DAX 30 Vorstände…, das ist die reale Entwicklung hier.”
Aber so richtig “lustig” wird es doch erst, wenn man sich einmal die “Wohlstandsentwicklung” der hinter und vor allem über den Dax-Vorständen thronenden Schicht anschaut, diese in Relation setzt zur “Wohstandentwicklung” der breiten Masse der Lohnabhängigen der verflossenen 25-30 Jahre!
April 14th, 2010 at 16:39
@memoon:
Das sehe ich aber völlig anders. Wenn die GEschichte enes gezeigt hat, dann, daß zu wenig Mißtrauen gegenüber der Macht ins Übel führt. Ich gebe mal ein ganz undramatisches Beispiel: Die Grünen hatten in ihren frühen Jahren diverse Hindernisse gegen Machtballung aufgestellt – Trennung von Amt und Mandat, Wiederwahl eingeschränkt etc.. Und je mehr Vertrauen die “Basis” in ihre Promis hatte, desto willfähriger wurde die Fahne in den Wind gehängt, bis es zum neoliberalen Höhepunkt unter Schröder/Fischer kam. Die fehlende Machtkontrolle im Ostblock wäre das noch deutlichere Beispiel.
@Franse: Ein großer Betrieb mit viel Umsatz und Gewinn ermöglicht die Zahlung der Erbschaftssteuer, da muß nichts verkauft werden. Es könnte wohl drauf hinauslaufen, daß der Erbe einige Jahre warten muß, bis die Gewinne ihm zufallen.
Mein frecher Vorschlag einer 100%igen Erbschaftssteuer würde freilich dazu führen, daß der Laden verkauft werden müßte. Vom Erlös würde der Erbe quasi seinen Freibetrag behalten, der Rest ginge an die Allgemeinheit. Die neuen Eigentümer würden sich über Umsatz und Gewinn freuen und den Preis als Investition betrachten. Mit einem Vorkaufsrecht für den Staat würde überdies gesichert, daß der Schuppen nicht dem Vetter zugeschanzt wird.
April 14th, 2010 at 21:18
Eine 100%ige Ladensteuer würde den allgemeinen Gewinn quasi über den Umsatz schanzen, und der Erlöseigentümer würde via Vorkaufsrecht dem Staat eine Existenz als Schuppenerbe des Vetters sichern. Pardon, eine Fingerübung. Ich weiß, Zynismus geht anders. Aller Anfang ist schwer.
April 14th, 2010 at 22:49
@18/flatter:
Dein Vorschlag ist gut – meiner Meinung nach.
Erstens kommt so Geld in die Staatskasse. Zweitens wird man ja nicht durch Vererbung ein guter Unternehmer, Sohnemann (oder Töchterlein) hätte den Laden eventuell an die Wand gefahren. Und drittens – warum muß eigentlich ich für die Moneten, die ich erarbeite, Steuern zahlen, während andere einfach dadurch, daß jemand den Löffel abgibt (vom Schlitten fällt, Erde kauen geht …), was kriegt – und darauf viel weniger Steuern zahlt?
Nebenbei bemerkt, ich werde wohl auch ein bissl was erben. Ich fände eine höhere Erbschaftssteuer trotzdem sinnvoll. Auch auf ein Häuschen oder dergleichen (das ich mir mit meinen Geschwistern teilen müßte).
April 15th, 2010 at 00:08
[...] von nichts wusste CSU-Verkehrsminister Ramsauer hat entschieden: Alte Schilder bleiben gültig Über die Hälfte des deutschen Top-Managements stammt aus dem winzigen 0,5-Prozent-Segment der reic… Hören wir also endlich auf, von einer Demokratie zu sprechen, in der des Volkes Meinung vertreten [...]
April 15th, 2010 at 08:41
Sehr interessantes Thema!
Drüben hat der Oeffinger Freidenker gestern einen sehr guten Artikel zum hier anskizzierten Themenkreis (Geldelite bzw. Neoadel) eingestellt …
April 15th, 2010 at 10:25
Ich bin mir der relativen Unterschiede des Wohlstandes von Leiharbeitern und DAX-Vorständen durchaus bewusst, das war nicht mein Punkt.
Mit früheren Zeiten meinte ich nicht die letzten paar Jahrzehnte, sondern die Zeit, in der Menschen sich von morgens früh bis abends spät damit auseinander setzen mussten, morgen, übermorgen und im nächsten Winter etwas zu essen zu haben. Und diese Zeit ist in unserer Region vorbei. Selbst Leute der sogenannten Unterschicht müssen sich darum keinen Kopf mehr machen, womit ich nicht sagen möchte, dass die relative Armut dieser Menschen (zu denen ich übrigens selbst gehöre) keine Ungerechtigkeit ist.
Mein Ansicht ist nur, dass ich es erschreckend finde, dass gefühlte 98% der Gesellschaft sich mehr für Shopping, Fernsehen, Fußball, Urlaub am Ballermann oder sonstwas interessieren als für politische/soziale/philosophische Probleme, die sie selbst genauso betreffen wie eben alle. Und die Aggressivität mit der jegliche Auseinandersetzung darüber vermieden wird. Von zynischen/ironischen/besonders witzig sein wollenden Antworten über lapidares eigentlich-seh-ich-das-ja-genauso-wenn-du-es-dann-bloß-nicht-mehr-erwähnst bis hin zu angreifenden Kommentaren, dass man sich wohl einbilde besser als alle anderen zu sein oder nur Recht haben wolle, wenn man solche Diskussionen auch nur versucht anzustoßen.
Da trifft es “Erst das Fressen, dann die Moral” irgendwie nicht, denn satt sind wir alle.
April 15th, 2010 at 13:22
Seit den Buddenbrooks weiß jeder, daß die Schlüsselqualifikationen eines Unternehmers nicht so erblich sind, wie man das gern hätte.
Mit den Managern wird dann das Adoptivkaisertum eingeführt. Eine Zeit lang geht das gut, dann wird die Managerwürde erblich. Die memetische Basis (0.5 %) wird so so dünn, dass die ganze Art ausstirbt, weil alle für den gleichen Denkfehler anfällig sind.
April 15th, 2010 at 13:30
Wir halten also fest:
* Deutschland verfügt über mehr oder weniger offene “klassisch” feudalistische Züge unter dem Lack. Aber dies nicht erst seit heute: Seit dem Ende des WW2, der angeblichen “Stunde Null”, blieb in Wahrheit alles beim Alten.
* Deutschland ist lediglich eine “Mediendemokratie”, es gab nie eine Demokratie im Sinne einer echten Volksherrschaft oder auch nur Mitsprache, lediglich nur ein “entmündigtes” Volk. Es regiert der Geldadel und eine selbstgefälligen Elite, die sich mit allen möglichen Tricks die Ämter und die Schaltstellen der Macht sichert
Und wie reagiert der politisch aufgeklärte, engangierte Bürger der zu den gefühlten 2% der Bevölkerung gehört das sich mit politische/soziale/philosophische “Probleme” und sich daher dieser Ungerechtigkeiten bewusst ist ???
Der Geknechteten streift seine Ketten der Unterdrückung ab und begibt sich mit anderen aufgeklärten “Aufständischen” in diverse Blogs wo man sich selbstmitleidigen Dialogen, pseudophilosophischen Exkursen und mit aller Schärfe formulierten Essays das System in seinen Grundfesten erschüttert.
Da bleibt nur noch festzuhalten: Erzittert ihr das Volk knechtende, ausbeutende, seiner Würde und Freiheit raubende, selbternannte Eliten dieses Landes: Eure Herrschaft naht dem Ende !!!
April 15th, 2010 at 13:36
Och Feyk, wenn dich das so deprimiert, dann begib dich doch einfach in keine Blogs mehr. Wir hätten Nachsicht und Verständnis dafür.
April 15th, 2010 at 14:40
[...] wieder solidarischen Gemeinschaft sein. Mal ein Link zu einem wirklich lesenswerten Beitrag dazu: Feynsinn Unter dem Lack ein Feudalsystem mit einer beachtlichen Schlusserkenntnis. Auch mfG …. __________________ … nothing to lose [...]
April 15th, 2010 at 17:40
[...] feynsinn als auch der Eifelphilosoph schreiben interessante Dinge zu einem SpOn-Kommentar, bei dem [...]
April 15th, 2010 at 18:38
also echt demokratisch ist es, falls die Topmanager aus des Volkes Mitte kommen? Wider den Feudalismus für einen Wechsel der Kapitalfunktionäre zwischen den Generationen. Das habe ich mir schon immer gewünscht, dass nicht so ein schnöseliger Reichenabkömmling mir mein (Arbeits-)leben schwer macht, sondern ein Arbeitersprössling meine Ausbeutung organisiert und kontrolliert. Links ist, wenn alle die gleiche Chance haben denen unten zu sagen, wos lang geht. Jau!
April 15th, 2010 at 21:26
[...] kleiner Hinweis in einem Blog wertvoller als ein ganzer Artikel in einem Mainstream-Holdmedium. Via Feysinn wurde ich auf einen Satz in Spiegel Online [...]
April 16th, 2010 at 04:27
@ Amike (23):
“Mit früheren Zeiten meinte ich nicht die letzten paar Jahrzehnte, sondern die Zeit, in der Menschen sich von morgens früh bis abends spät damit auseinander setzen mussten, morgen, übermorgen und im nächsten Winter etwas zu essen zu haben. Und diese Zeit ist in unserer Region vorbei.”
Du lebst offenbar in einem anderen Land als ich. Ich kenne genug betroffene Familien, in denen zum Monatsende sogar die Anzahl der pro Kopf gegessenen Brotscheiben limitiert werden muss, damit es irgendwie reicht. Das macht gewiss nicht satt, es verhindert allenfalls das Verhungern. Zudem dürften beispielsweise all die Opfer der amtlichen “Sanktionen”, die einfach über Monate hinweg keinen Cent mehr vom Staat erhalten, auch alles andere als gelassen an den nächsten Winter denken. Von den – stetig mehr werdenden – Obdachlosen gar nicht zu reden.
Es ist eine Farce, dass solche Zustände in einem Land herrschen, in dem es einen solchen unermesslichen Reichtum wie hierzulande gibt.
Deiner Schelte ist indes zuzustimmen. Natürlich kann und darf man von jedem einzelnen erwarten, sich einen Kopf zu machen und über gesellschaftliche Zusammenhänge nachzudenken – aber das ist eben nur die eine Seite. Genauso anklagen muss man die allgegenwärtige Propaganda, die das erst ermöglicht. Wenn die Massenmedien wahrheitsgemäß berichten und informieren würden, gäbe es ein vollkommen anderes öffentliches Klima und Potenzial – und deshalb ist es weitaus sinnvoller, hier anzusetzen und anzuklagen, als Hernn Schmidt und Frau Müller von nebenan vorzuhalten, dass sie lieber Fußball gucken, anstatt im gefühlten Alleingang gegen den vollkommen übermächtigen Irrsinn anzugehen.
Bei Dir selber fängt es ja an: Wenn Du die Hartz-Katastrophe, die unsere Gesellschaft verwüstet und ganze Bevölkerungsteile entrechtet und verarmt und an den Rand der Existenz drängt, so verharmlost und die Situation mit einer längst vergangenen Epoche vergleichst, bist auch Du dieser Propaganda aufgesessen.
April 16th, 2010 at 07:19
@29
Der Zynismus ist hier fehl am Platz.
Wenn es normal wäre, dass gehobene Positionen mit Menschen aus allen Gesellschaftsschichten besetzt würden, sähe die Arbeitswelt wohl anders aus als heute.
Zwar hat der Mensch im Allgemeinen oft den Drang nach Reichtum und Macht, aber alte und frische Gedanken und entsprechendes Handeln aus allen Bereichen der Gesellschaft wäre wie eine Frischzellenkur für die Führungsstrukturen und damit für die Arbeitswelt.
April 16th, 2010 at 09:54
@ben
na ja, soweit ich das sehe ist auch ein Arbeiterabkömmling nur managerfähig, falls er das Gewinnemachen ins Zentrum rückt. Übrigens weiß ich, wovon ich rede und es gibt genügend
Beispiele dafür, daß Emporkömmlinge keinen Deut besser sind als der normale Reiche. Daß Arbeiterkinder die besseren Menschen sind, das glaubst du ja wohl selber nicht. Der Witz ist halt, daß die Beschwerde, daß es keine Chancengleichheit gibt, immer eine Klage ist, die ein Unten und Oben unterstellt, Armut und Reichtum. Nur was, wenn man der Ansicht ist, daß es die Armut gar nicht braucht – wofür es angesichts des vorhandenen Reichtums doch einige Hinweise gibt?
April 16th, 2010 at 14:24
@so,so : Du setzt hier völlig falsch an. Es geht nicht darum, lieber “Arme” als “Reiche” auf den Managerposten zu sehen, ebensowenig wie ich gern einen Juden als SS-Chef gesehen hätte (Was zahl ich hier eigentlich für Nazivergleiche ? ;-). Es geht darum, daß das System mmer undurchlässiger wird. Wenn du einem Armen genug Geld gibst, ist er eh per definitionem keiner mehr.
Die sich da auf ihre genetische Überlgeneheit berufen, bleiben mit allen Mitteln unter sich. Das kann in einer Demokratie nicht angehen.
April 16th, 2010 at 15:30
@so,so – Ich dagegen glaube, dass du hier völlig richtig ansetzt. Egal mit welchen Mitteln welche Figuren ‘unter sich bleiben’ – die Existenz von Klassen (und dazu gehören auch die ‘Unteroffiziere des Kapitals’) kann ‘in einer Demokratie nicht angehen’. Mit einer ‘Durchlässigkeit des Systems’ wäre da nix gewonnen.
April 16th, 2010 at 16:00
Das ist ‘Demokratie’ (am Beispiel Kirgistan): “Für Washington und die Welt ist dies eine Lehre, vorausgesetzt sie mögen daraus lernen. Die Schlüssellehre ist, dass autoritäre Regime nicht nur widerwärtige, sondern auch unzuverlässige Verbündete sind. Sie blockieren alle Sicherheitsventile: freie Wahlen und Medien, den demokratischen Diskurs, Opposition.” Quelle
Ein ‘Sicherheitsventil’ für Herrschaft…
April 16th, 2010 at 16:21
@Peinhard: Ein völlig durchlässiges System hätte keine Klassen mehr. Du scheinst den begriff “Durchlässigkeit” ein wenig anders zu verstehen?
April 16th, 2010 at 16:24
Ich denke, dass der Begriff ‘Durchlässigkeit’ Klassen impliziert…
April 16th, 2010 at 16:52
Als Dialektiker sag ich’s mal mit Helmut Kohl: Sowohl als auch. Nun kann man sich darüber streiten, ob angesichts vorhandener Klassen Durchlässigkeit zu begrüßen wäre als kleineres Übel oder potentiellen Ausweg aus der Klassengesellschaft – dann landen wir wohl bei Reform vs. Revolution und dergleichen.
Ich habe aber zunächst einmal nur deutlich gemacht, daß null Durchlässigkeit ein Indikator für das Fehlen demokratischer Strukturen ist. Daraus die Unterstellung abzuleiten, ich hielte es für besser, wenn Emporkömmlinge das Management besorgen, ist m.E. definitiv völlig falsch angesetzt, jedenfalls wenn man den Artikel zu kritisieren gedenkt.
April 16th, 2010 at 16:55
“Daraus die Unterstellung abzuleiten, ich hielte es für besser, wenn Emporkömmlinge das Management besorgen, ist m.E. definitiv völlig falsch angesetzt, jedenfalls wenn man den Artikel zu kritisieren gedenkt.”
Darauf können wir uns einigen. ;)
April 16th, 2010 at 16:58
@flatter
der Vorwurf ist immer wieder merkwürdig, dass etwas in einer Demokratie nicht geht, was offensichtlich Fakt in einer Demokratie ist. Meines Wissens gibt es keine Quote – auch in Demokratien – für das Manager/Herkunft-Verhältnis (wobei mir das persönlich herzlich schnurz ist, s. meinen letzten Beitrag). In meinen Augen projiziert Du einfach Deine (positiven) Vorstellungen von Demokratie auf das was Demokratie wirklich ist (eine besondere Herrschaftsform also per se ein Verhältnis von Oben und Unten, von Herrschern und Beherrschten), stellst eine Abweichung fest und sagst “Skandal”. Wobei mir völlig unklar ist, was daran toll sein soll, wenn es eine Durchlässigkeit von unten nach oben und logischerweise auch umgekehrt gibt. Mich stört das Oben und Unten. Ein Schröder, der ja von ganz unten kommt, ist mir genauso unlieb als Herrscher wie ein Blaublütler. Und daß sie tun, was sie tun, liegt einfach in den Notwendigkeiten einer kapitalistischen Ökonomie und nicht in ihrer Herkunft. Es ist doch schon ein erlesenes Problem, sich Sorgen um die Herkunft der “Elite” zu machen, wo die Taten der Elite per se auf eine Schädigung der Interessen großer Teile des Volks (wobei es immer eine bestimmte Gruppe – altertümlich Klasse – trifft) hinausläuft.
April 16th, 2010 at 17:44
@ flatter #39
also bist Du für Durchlässigkeit, weil das demokratisch ist? Du möchtest einfach haben, daß die Bestellung der Figuren, deren Geschäft es ist, als Kapitalfunktionäre, das Kapital zu mehren, einem bestimmten Procedere entspricht? Wenn das Procedere aber gar nichts daran ändert, dass der exekutierte Zweck auf Kosten derjenigen geht, die das “Fußvolk” bilden, warum bist Du dann Anhänger dieses Procedere? Und ich meine das wirklich nicht polemisch.
April 16th, 2010 at 17:45
@ so,so: Ich weiß ja, was du meinst, aber wenn die Herkunft der Manager unmittelbar auf die Undurchlässigkeit weist, dann ist dies das Symptom eines Skandals und seines Ausmaßes – dem der Undurchlässigkeit eben. Ich behaupte ja nicht, daß mit dem Verschwinden des Symptoms der Skandal beseitigt wäre. Was mich erstaunt, ist das Ausmaß, die Dreistigkeit, und daß die Wähler, die sich als demokratischer Souverän wähnen, sich das bieten lassen. Im übrigen vor allem die Wähler der Emporkömmlinge, da rennst du bei mir offene Türen ein.
April 16th, 2010 at 18:53
@flatter #43
tja, ich verstehe immer noch nicht, warum die Undurchlässigkeit der (!) Skandal sein soll.
Daß die Bourgeosie halt am ehesten Ihresgleichen vertraut und auf eine adäquate Repräsentation ihres Erfolgs Wert legt und dass dies eben diejenigen am ehesten leisten und schaffen, die die entsprechenden “habitudes” mit der Muttermilch eingesogen und im Laufe ihrer Erziehung verfeinert haben, das finde ich nun wirklich den allerkleinsten Skandal ihres Wirkens. Daß dies ein Konkurrenznachteil für all die Karrieristen ist, die auch nichts Anderes wollen, als in den gehobenen Dienst an ihr zu kommen,dies ihnen aber schwerer fällt, weil sie beim zwölfgängigen Menü nicht wissen, welches der richtige Löffel beim 6. Gang ist, tut mir auch nicht wirklich leid. Ist ja eher nur eine Auskunft darüber, was man so können muß.
April 16th, 2010 at 19:11
Es geht doch nicht darum, wer auf eine Party darf. Es geht darum, daß auf diese Weise die Akkumulation noch einmal beschleunigt wird. Im übrigen ist das nicht die Bourgeoisie, sondern es sind die Reichen. Wie die zu ihrem Geld kommen und ob sie je etwas mit einem Habitus am Zettel haben, steht gar nicht fest. Ich fürchte, du klebst zu sehr an deinem Klassenbegriff. Es geht mir nicht darum, ob es eine “herrschende KLasse” gibt oder nicht. Es geht mir darum, wie hier Ressourcen, d.h. Reichtum verteilt wird und welche Mittel dazu angewendet werden, die Oligarchie zu zementieren. Noch einmal: Der offizielle Status Quo besagt, Leistung mache Erfolg möglich und Erfolg impliziere Leistung. Das von mir hervorgehobene Symtpom ist aber ein deutlicher Indikator für das Gegenteil. Und wenn ich mir anschaue wie hermetisch es dort oben zugeht, finde ich das skandalös.
Du kannst natürlich sagen: Weiß ich alles, ist halt so. Ich reesch misch abbä uff.
April 16th, 2010 at 20:35
@flatter
Ich reesch misch abbä uff.
Mehr ist es aber dann auch nicht,wenn Du ansonsten sagst:
“Im übrigen ist das nicht die Bourgeoisie, sondern es sind die Reichen. Wie die zu ihrem Geld kommen und ob sie je etwas mit einem Habitus am Zettel haben, steht gar nicht fest. Ich fürchte, du klebst zu sehr an deinem Klassenbegriff.”
Denn Du ‘hängst’ an diesem wohl leider zu wenig. Und ich (be-)fürchte, daß Du Dich nun aufregst, weil er ja sonst ‘vielleicht, evtl, odda so, doch was richtiges hätte’.
In dem von Dir zitierten Absatz stecken mE so viele Widersprüche – das hat für Deinen Kopf was vom ‘Gordischen Knoten’.
Könntest Du das bitte in einer ruhigen Stunde mal überdenken?
Du würdest Dich anschließend vielleicht nur noch ein einziges Mal ‘uffreeschen’…
… und bestimmt nicht über mich ;-)
April 16th, 2010 at 20:47
Über dich? Gehörst du den 0,5% ? Hätte ich jetzt nicht gedacht.
Ich muß auch gar nicht lange schlafen, weil mir der starre Klassenbegriff nicht fruchtbar erscheint. Was bringt es denn, festzustellen, daß es Klassen gibt und es dabei bewenden zu lassen?
Erstens ist das kein Kastensystem hier, und es wäre falsch zu behaupten, es sei unmöglich, in die Oberschicht oder herrschende Klasse aufzusteigen.
Zweitens gibt es Klassen, was aber nach offiziellem Duktus geleugnet wird.
Darum gilt es m.E. das Maß an Undurchlässigkeit und Abschottung zur Kenntnis zu nehmen und die dem zugrunde liegenden Zustände zu benennen. Gerade wenn es denn auf Klassenkampf hinauslaufen soll, muß der Widerspruch zwischen der Behauptung demokratischer Zustände und der Realität einer Oligarchie doch offengelegt werden. Was ist daran nicht richtig?
April 16th, 2010 at 21:31
@flatter
Gerade wenn es denn auf Klassenkampf hinauslaufen soll, muß der Widerspruch zwischen der Behauptung demokratischer Zustände und der Realität einer Oligarchie doch offengelegt werden.
Ersteinmal, was für mich die offensichtlichen ‘Denkwidersprüche’ sind:
- Klassenkampf – aber der starre Klassenbegriff ist nicht fruchtbar
- Es ist nicht die Bourgeoisie – aber die Reichen
- wie ‘die’ zu ihrem Geld gekommen sind, steht nicht fest…
und Du schreibst hier im Thread:
Es geht mir darum, wie hier Ressourcen, d.h. Reichtum verteilt wird und welche Mittel dazu angewendet werden, die Oligarchie zu zementieren.
Es ‘soll’ nicht auf den Klassenkampf hinauslaufen – es IST Klassenkampf.
Aus meiner Sicht ist es richtig, das zu benennen, mit seinen Ursachen.
Und die sehe ich eben wohl anders als Du.
Die Ursachen hebst Du nicht auf, in dem Du die ‘Durchlässigkeit zur anderen Klasse’ ermöglichst.
Wenn diese je da war, dann immer nur, den Menschen eine falsche Realität ‘vorzugaukeln’.
Leistung allein hat es nie gebracht, Du mußtest schon immer auch so ‘ticken’ und bist trotzdem immer nur ‘goldener Diener’ am Katzentisch gewesen.
So kannst Du natürlich die ‘Zustände’ kritisieren’, aber sorry, ist es nicht nur ‘meckern’, wenn man nicht benennt oder vielleicht weiß, weshalb sie sind, wie sie sind?
(Es geht dabei ja gar nicht um 100%ige Antworten)
Btw. es war übrigens schon immer ‘Klassenkampf’ ;-)
… oder warum arbeitet jemand für Arbeitslohn.
April 16th, 2010 at 21:41
@Wat.:
“ist es nicht nur ‘meckern’, wenn man nicht benennt oder vielleicht weiß, weshalb sie sind, wie sie sind?”
Das Problem, das ich damit habe, ist, daß es beim Benennen stehenbleibt und nicht zur Beschreibung kommt. Da jemand gefragt hat, habe ich es doch durchaus benannt: Klar ist das Klassenkampf. Und zwar einer, in dem es allmählich nicht einmal mehr Zückerchen für die Fleißigen und Angepaßten gibt. Da frage ich mich doch, was eigentlich noch passieren muß, damit die Leute sich nicht mehr verarschen lassen. Die Dreistigkeit, mit der 19 20tel des Volkes vom fetten Kuchen verscheucht werden ist dabei ebenso skandalös wie das schulterzuckende Hinnehmen dieses Umstands durch die breite Mehrheit.
Ich sag mal so: Habe isch konkret genug gelabert jetzt. Isste klar oder nischt, was meine isch.
April 16th, 2010 at 21:54
@flatter
Was ist denn passiert – eigentlich nichts ‘besonderes’ – es zerschlagen sich immer mehr Kleinbürgerträume vom Aufstieg, der schon immer niemals für all diese ‘gedacht’ war.
Was noch passieren muß?
Auch der letzte muß (leider) noch kapieren, daß man sich Träume nicht kaufen kann und er sich nun leider auch nicht mehr selbst für Träume verkaufen kann…
Deshalb versuchen sich so viele an den gemeinten verblieben Status zu klammern, wird aber eben nicht gelingen – dauert nur länger.
Bürgerliche Demokratie war es und ist es immer noch – aber eben Bürgerliche Demokratie.
Bürger ist nicht der Staatsbürger oder Einwohner, es ist der Produktionsmittelbesitzer, der Kapitalist.
Für ‘die’ lief und läuft der ‘Laden’ wie er läuft.
Beim Produktionsmittelbesitz verläuft die Klassengrenze,da stürzen eher von dort noch welche ‘runter’, als von ‘unten’ welche ‘hoch’.
Die Mehrheit wird so lange nichts dagegen tun, wie sie meint: “Es wird schon wieder, ging ja ‘früher’ auch”.
Es wird wohl nur bei wenigen gelingen, sie mit Worten vom Gegenteil zu überzeugen, sie müssen es wohl erst ‘leidvoll’ erfahren.
Bis dahin ‘labern’ dann wir beide weiter ;-)
Aber jetzt höre ich auch auf, hab ja schon vorher verstanden, was Du meinst, es eben nur ‘anders’ gesehen.
April 17th, 2010 at 10:01
@flatter #45
habe ich gesagt, man soll sich nicht aufregen? Vielleicht finde ich nur Anderes zum Aufregen. Im übrigen, so etwa geht es durchaus zu, daß man an den letzten Feinheiten der “Habitudes” scheitert. Und zwar nicht auf irgendeiner Party sondern auf dem Weg nach oben. Und das völlig gerechterweise, weil es eben zu der “Leistung” eines Managers gehört, den Erfolg des Kapitals zu repräsentieren. Das – die entsprechende Einstellung, die richtigen Gebräuche und Sprüche bis hin zu den richtigen Sportarten (Kontaktpflege) – ist (!) ein Großteil seiner Leistung. Insofern ist es schon lustig, wenn Du beklagst, daß es nicht nach Leistung geht auf dem Weg nach oben. Nicht mal das stimmt. Das, was in dem Spiegelartikel steht ist die Leistung eines Topmanagers. Das bißchen BWL nämlich, das kann so ziemlich jeder lernen. Und auch das “Gespür für den Erfolg” hat man halt, solange man Erfolg hat. was die anderen Eigenschaften betrifft, den bringen halt Bourgeoissprösslinge eher als Andere mit. Bis hin zu der Geisteshaltung (es gibt Gewinner und Verlierer) , die es einem sehr erleichert, Leute “freizusetzen”.
Und zur “Leistung” noch etwas: Also ich finde es merkwürdig, wenn sich ein Linker darüber beschwert, daß es ausgerechnet beim Aufstieg nach ganz oben nicht nach Leistung geht. Ja und? Worin besteht denn die Leistung eines solchen Topmanagers? Da könnte man ja froh sein, daß es nicht die Leistungsfähigsten nach oben schaffen. Was hat der Normalmensch von einer mit allen Finessen ausgetragenen Konkurrenz und mit vielen Einfällen noch die letzten “Rationalisierungsreserven” nutzenden Managern?
Was Deine Rede von Klassen betrifft, die Frage ist doch nicht, ob es hilfreich ist von Klassen zu reden, sondern ob es sie gibt. Und warum Reiche statt Bourgeouisie verstehe ich auch nicht. Oder willst Du den Adel nicht vernachlässigt wissen? ;-)
April 17th, 2010 at 11:34
Mann, lies doch mal endlich meine Kommentare. Ich komme hier aus dem dementieren gar nicht mehr raus und habe jetzt fünf mal erklärt, daß ich nicht für etwas bin, wenn ich analysiere, daß es entgegen der gängigen Propaganda nicht existiert. Es ist das Maß der Widersprüchlichkeit, welches ein Symptom politischer Zustände ist.
Daß ich quer zu eurem Klassenmodell differenziere, ist eine Frage der Perspektive. Wenn du so willst, ist mein Blick auch diskursanalytisch und schert sich nicht um ethische Festlegungen und Klassenbegriffe – um derart erst recht zu einem ethischen Urteil zu kommen.
(sagte ich nicht, ich hätte genug gelabert?)
April 17th, 2010 at 16:56
[...] [...]
April 23rd, 2010 at 11:27
Find ich jetzt übrigens gar nicht so sonderlich überraschend.
Natürlich übernehmen die Familienclans untereinander die Jobs, find ich normal. Ist seit jahrtausenden Praxis, das Kinder in den Betrieben ihrer Eltern arbeiten.
Davon abgesehen gibt es auch systematische Bedingungen, die dafür sorgen, daß reiche Personen einfach oben auf Schwimmen, wie das Fett in der Suppe eben. Da können die gar nichts weiter für.
Am Ende möchte ich auch mal eine Lanze brechen: Nicht nur arme Schweine werden in dieses System hineingeboren, sondern auch reiche Säcke.
Manches mal ists schon Einseitig in der Diskussion, wenn ich prinzipiell auch zustimme, das “Akademikerproletariat” ist mir heute ein Begriff, der die Arroganz und den rücksichtslosen Durchsetzungswillen selbsternannter Eliten deutlich macht.