Ich habe nie recht verstanden, wie sich die FDP einen derart talentfreien Vorsitzenden leisten konnte, denn im Gegensatz zu seinen Claqueuren und ‘elitären’ Anhängern in Wirtschaft und Medien habe ich mir schmerzvolle Jahre lang angehört, was der Mann so gesagt hat. Außer rhetorisch höchstens mittelmäßig verpackten Stereotypen habe ich nie etwas von ihm gehört oder gelesen, das ihn als politisches Gewicht qualifiziert hätte. Ich habe allerdings kaum zu hoffen gewagt, daß er sich in einem solch atemberaubenden Tempo selbst demontieren würde.

Seine Selbstherrlichkeit der Guy d’Eau

Seine Selbstherrlichkeit ist keine Eigenschaft mehr, sondern ein Titel. Im Gegensatz zu den Klügeren unter seinesgleichen hat er nicht nur an die eigenen Plattitüden geglaubt, sondern sich auch eingebildet, er sei eine unverzichtbare Größe in der deutschen Politik. Wie sich jemand mit der ihm eigenen Dünnhäutigkeit und seinem eindimensionalen Weltbild ausgerechnet den Job des Außenministers aussuchen konnte, wäre kaum zu erklären, wenn man ihn ernst nähme. Es kann nur die Fehleinschätzung gewesen sein, auf diesem Posten werde man automatisch beliebt. So simpel ist der Mann gestrickt.

Der oberste Diplomat ist so ignorant zu glauben, er und seine Partei könnten die Regierung zum Selbstbedienungsladen mit Flatrate machen, und jede Kritik daran würde von allen stets als linke Demagogie abgetan werden.
Er ist die Freiheitsstatue, verkörpert Demokratie, Freiheit und überhaupt das Gute in einer Welt, die durch den Sozialismus bedroht ist. Er ist felsenfest im Glauben an einen “linken Zeitgeist“, dem jeder Zweifel an ihm nur entspringen kann. Paranoide Züge, die ihm keinen Spielraum lassen für Besinnung oder auch nur ein zaghaftes Innehalten.

Die Grenzen arroganter Machtausübung

Seine Reaktion auf die Diskussion über die Vetternwirtschaft der “Familie” unterscheidet sich durch nichts von der weltfremder Kardinäle, die Verfehlungen ihrer Kirche nur dem lasterhaften Treiben Ungläubiger ankreiden können. Mit dieser Haltung kann man kaum kniefällige Katholiken im Zaum halten, als Außenminister ist man damit keine lahme Ente mehr, sondern schon eine gebratene. Je mehr Details über Westerwelles Gutsherrenart bekannt werden, desto wütender schlägt er um sich und trifft längst auch Teile derer, denen er seine Macht zu verdanken hat. Daß selbst Berlusconi sich solche Marotten nicht uneingeschränkt leisten kann, würde jeden stutzig machen, der um die Grenzen arroganter Machtausübung weiß. Westerwelle weiß das nicht. Er ist Außenminister, er hat das Recht, vom Volk geliebt zu werden.

In der Opposition konnte er sich, getragen von neoliberalen Seilschaften, alles erlauben. Jedes durchsichtige Versprechen und jede rüde Attacke gegen die Feinde der Leistungsträger, deren oberster Repräsentant er zu sein glaubt. So etwas kann man in einer Provinzregierung ausleben, und vielleicht gibt es in Hessen noch einen Posten für ihn, wo es zum gut ministeriellen Ton gehört, hemmungslose Begünstigung über geltendes Recht zu stellen.

Neue Dimensionen der Peinlichkeit

Ein weiteres Highlight der Beschränktheit aggressiven Krisenmanagements à la Westerwelle ist der Versuch, dem achso tumben Kurt Beck ans Bein zu pinkeln. Der steht freilich wie eine Eiche und schert sich nicht darum, welche Sau sich an ihm reibt.
Es gäbe für den Guy d’Eau, den wir nicht wirklich vermissen würden, zwei Möglichkeiten: Eine davon wäre ein geordneter Rückzug, der in einem geschickt verpackten Rücktritt mündete. Da er aber Einsichtig ist wie ein Esel hinter Milchglas, wird er es darauf anlegen, gegangen zu werden.

Was ihm droht, sind neue Dimensionen der Peinlichkeit. Sollte sogar die Nichtregierungs-Kanzlerin ihn entlassen oder die Koalition platzen lassen, ginge er als größter Ministertrottel der Bundesrepublik in die Annalen ein. Das ist nicht zu erwarten.
Sollte er bleiben, wird er qualvolle Jahre unter der Narrenkappe verbringen. Eine recht originelle Interpretation von “Freiheit”, die er dann endlich verkörpern würde.