Bislang fehlte mir noch das Quentchen Kompetenz, das weniger gutmeinende Kommentatoren mir gelegentlich unterstellten, aber das wird sich bald einstellen. Ich werde ab April arbeitslos sein. Da fährt mir eine Westerwelle durch Mark und Bein, ich werde faul und unnütz sein.
Zwar darf ich mich noch darauf berufen, als zukünftig ehemaliger Spaghettiträger entlohnter Leistung von meinen Versicherungsbeiträgen zu leben, aber das kann sich bekanntlich ändern. Als jemand, der ohnehin nicht glaubt, daß mein Erwerb und mein kaum vorhandenes “Eigentum” in irgend einer Dimension “verdient” ist, war ich auch als Lohnvieh schon unmoralisch im Sinne der “Freien”, die sich mit dem identifizieren, was sie sich angeeignet haben.
Gar nicht so schlecht finde ich das sogar. Die Jahre waren ohnehin gezählt, die ich noch ausgehalten hätte. Im ausgetrockneten Reparaturbetrieb der von den Kommunen zu finanzierenden sozialen Verwerfungen, die als “Kinder- und Jugendhilfe” firmieren, ist mancher Job auf Dauer unerträglich. Wenn 80 Prozent der Energie in die mühsame Aufrechterhaltung der professionellen Distanz fließen, wo andere längst aufgegeben haben oder wieder andere glauben, sie könnten endlos fordern, weil sie “ihr Recht” über das aller anderen setzen, ist eine Atempause mehr als willkommen.
Noch habe ich keine Angst. Noch kann ich etwas Neues anfangen. Ich habe tausend Ideen, von denen allerdings keine so ausgereift ist, daß ich zuversichtlich wäre, sie erfolgreich umsetzen zu können.
Vielleicht braucht ja jemand einen Redenschreiber? Oder noch ein paar griffige Überschriften? Die könnt ihr ja gern auch weiterhin gratis abgreifen, wenn ihr mich dafür nicht drangsaliert. Das Leben könnte einfach sein.
März 1st, 2010 at 03:50
Mein herzliches Beileid, flatter. Bei allen zwiespältigen Gefühlen, die das drohende “Nutzlossein” auslösen mag: Etwas Positives vermag ich daran auch zu entdecken, denn sicherlich dürften wir an dieser Stelle in Zukunft ein paar anschauliche Berichte lesen dürfen, die den unsäglichen Alltag auf dem Arbeitsamt zum Inhalt haben, nebst weiterer Belege für Willkür, Schikane und völliger Inkompetenz. Es sei Dir gewünscht, dass Du an Büttel gerätst, die noch halbwegs human handeln und sich der Tatsache bewusst sind, dass es in dieser Republik angesichts der wirtschaftlichen und vor allem politischen Situation unmöglich ist, alle Menschen mit angemessenen, den Lebensunterhalt deckenden Jobs zu versorgen (von erfüllenden, sinnstiftenden Jobs will ich vorsichtshalber gar nicht erst sprechen) – allein die Wahrscheinlichkeit ist nicht besonders groß.
Trotzdem viel Glück – man braucht es dringend dieser Tage.
März 1st, 2010 at 04:00
… bei mir wirds langsam auch verfahren.
Vielleicht bringt dich das auf Ideen?
https://aquaveritate.blog.de/2010/03/01/kommunen-gruenden-8093035/
Viel Glück!
März 1st, 2010 at 04:37
Na dann, willkommen im Club. Ich bin seit heute ebenfalls arbeitslos, und ich muss mich erst mal kümmern, ob ich überhaupt eine Leistung bekomme, da ich im Vertrauen auf meinen Chef schon 14 Monate keine Beiträge in die Arbeitslosen”versicherung” gezahlt habe. Noch hänge ich hier im Ausland fest, aber den ersten Spaß mit dem Amt hatte ich schon.
https://singapore.beeplog.de/144253_527667.htm
Aber so ist das eben, erstens kommt es anders als man zweitens denkt.
Ich wünsche uns beiden, dass wir bei unserem Neuanfang ein gutes Händchen haben.
Auch ich habe keine Angst, es soll sich ja hervorragend leben lassen in Deutschland als Arbeitsloser…
März 1st, 2010 at 04:51
Auch wenn es natürlich Scheiße ist und klingt: “Willkommen im Club”. Ab und an schreibe ich dazu ja was aus eigener Erfahrung, aber meist beschränke ich mich auf Zahlen, Fakten und etwas unterschwellige Wut.
Ich weiß nicht, wie Du damit klarkommen wirst, ich weiß nicht, ob bei Dir nicht auch noch eine Familie dranhängt – ich wünsche Dir einfach, daß Du das packst und denke, Du wirst das auch. Du bist “ja nicht blöd” ;-)
Alles Gute
Frank
März 1st, 2010 at 07:05
Schei….
Tja, willkommen im Club. Ich bin ab Mitte diesen Monats arbeitslos. Es geht also schon rum.
Viel Glück dir flatter.
März 1st, 2010 at 07:30
Aber der Arbeitsmarkt ist robuster als gedacht, oder wie war das?
März 1st, 2010 at 08:03
Weniger als erwartet….
März 1st, 2010 at 09:37
“… ist robuster als falsch prognostiziert”, so müssten die das eigentlich schreiben.
März 1st, 2010 at 09:59
Oh, shit. Moege dir das boese schwarze Loch erspart bleiben. Andererseits, bei deinen herausragenden Talenten sollte der Kelch an dir vorruebergehen. Alles Gute.
März 1st, 2010 at 10:00
Übe schon mal fleißig: “Wer arbeitet, muss mehr haben als derjenige, der nicht arbeitet. Das muss man sagen dürfen. Alles andere ist Sozialismus.”
Westerwelle baut auf, gell? Bevor Du in spätrömischer Dekadenz versinkst…
März 1st, 2010 at 10:02
mein beileid. ich bin erst mal weg. der zug wartet schon vor der tür. adieu.
März 1st, 2010 at 10:48
Das macht dich als Blogger endlich wettbewerbsfähig.
März 1st, 2010 at 11:03
was soll man sagen, es hört sich ohnehin abgedroschen an :-/
Mir gibt Dein erster Satz bzw. auch der Kommentar von Huuh (Rrah) 12. zu denken:
Ich unterstelle in beiden Fällen eine Prise Ironie, dennoch scheint da auch ein Kern Wahrheit drin zu sein. Das “Teile und Herrsche” hat sich schon so automatisiert, dass von vielen reflexartig der Unterschied, die Abgenzung statt der gemeinsamen Geisteshaltung gesucht wird.
März 1st, 2010 at 11:26
Glückwunsch, wieder einer, der vom Joch der Ausbeutung befreit ist!
Merke:
Wenn man die Miete nicht mehr zahlen kann, ist es nicht die Arbeit die fehlt, sondern das Geld! Deshalb ist es unsinnig ständig nach Arbeit zu schreien!
Denn man bekommt immer maximal das, was man fordert!
Banker und Manager bekommen ihre hohen Abfindungen und Boni nicht, weil sie so absurde Dinge, wie eine Jobgarantie, fordern. Die fordern immer Geld und deshalb kriegen sie es auch. Nur unsereins will immer nur Jobs!
Es gibt aber weit aus mehr Geld, als es Jobs gibt, und das mit Recht!
Dies nur mal so als Denkanstoß und Motivation!
Gerhart Schröder log einmal: “Es gibt kein Recht auf Faulheit!”
Aber das gibt es doch:
https://www.drachenleben-net.de/down/PaulLafargue-RechtaufFaulheit.pdf
März 1st, 2010 at 12:08
Ich hoffe sehr, dass es bei dir nicht bis zur Drangsalierung kommt. Man braucht schon etwas Luft, Raum und Zeit um etwas Neues verwirklichen zu können. Ich hatte bis vor ein paar Jahren auch noch tausend Ideen. Und ich hab die vor der Hartz Aera auch immer wieder umgesetzt.
Was mit Hartz IVeingeführt wurde, ist die totale Kompetenzabsprechung und Degradierung zum Sklaven und Untermenschen.Wer ein angeschlagenes Imunsystem hat, läuft ernsthaft Gefahr, sich dieses Virus einzufangen.Ich hatte da mal ein zombihaftes Erlebnis an das ich dieser Tage immer wieder erinnert werde. Ich sass in einem fast menschenleeren Flughafenterminal, als sich plöztlich eine Horde Leute zu mir gesellte, die alle wie auf Kommando anfingen zu Husten und zu Rotzen, und die dabei keine Hand vor den Mund nahmen sondern mir offensiv ins Gesicht spuckten, mich fotografierten und dabei einen Mordsspass hatten. Dieses abartige Szenario habe ich wirklich erlebt. Ich konnte damals aber mein Zeugs packen und das Weite suchen. Das kann ich heute leider nicht mehr.
Wenn ich diese unsäglichen Hetztriaden unserer Politiker höre und diese dann auch noch Zuspruch aus der Bevölkerung finden, kann ich mich echt nicht genug wundern -sind die Leute wirklich so dämlich dass sie nicht merken, wie sie hier ihr eigenes Todesurteil sprechen? Es sollte doch bitte bald dem letzten Erwerberbstätigen und Steuerzahler klar sein, dass auch er schon morgen zum Hartzer “transformiert” werden kann. Nun gilt aber offensichtlich das Motto: “Was ich nicht will dass man mir tu, das füg ich einem andern zu”…
Alles gute flatter, I believe in you (ebenso wie in antiferengi!)
März 1st, 2010 at 12:11
@ Ralf zwei null
sorry, hab dich glatt übersehen. Alles Gute!
März 1st, 2010 at 12:32
Oh Mann.
Steinigt mich, aber bei mir ist es gerade umgekehrt. Ich habe gerade meinen ersten Arbeitstag im neuen, festen Job hinter mir.
Mir ging es schon vor ein paar Jahren so, dass man mir gesagt hat, dass man keine Verwendung mehr fuer mich hat. Der Fluch des sozialwissenschaftlichen Studiums.
Bin heifroh, dass ich die Unsicherheit, sich von einem Gelegenheitsjob zum naechsten zu hangeln und dabei zuzusehen, wie die Ersparnisse fuers Alter zusammenschmelzen, endlich hinter mir liegt.
Ich drueck euch die Daumen, dass es fuer euch auch bald wieder aufwaerts geht.
März 1st, 2010 at 13:03
Scheiße. Wünsche dir viel Glück. Hast du aber bei deiner Wortkunst nicht Chancen auf etwas im journalistischen Bereich oder so?
März 1st, 2010 at 13:03
Gratulation, flatter. Wie wir ja aus den Medien wissen, darfst Du nun auch erst mal eine Weile ausschlafen, dich dem Nikotin und Alkohol ergeben und mit losen Weibsbildern gleich rudelweise prekäre Nachwuchs zeugen. Vorausgesetzt, man schickt Dich nicht schon vor der Zeit zu Qualifizierungsmaßnahmen wie: “Wie bewerbe ich mich mit richtig Schreiben in der deutsche Sprache”, oder packt Dich für einen Euro die Stunde ins Hundekackesammelteam der fröhlichen Parkwächter.
Ja, ich weiß, das kommt wohl erst ab ALG II, aber nachdem Bundesverfassungsrichter Papier in der Süddeutschen schon locker über die Verfassungsmäßigkeit der Arbeitspfli… äh – “…Obliegenheiten zur Erlangung einer Leistung…” schwadroniert, dürften solche Maßnahmen auch beim üppig dimensionierten ALG I nicht mehr lage auf sich warten lassen.
März 1st, 2010 at 14:11
Bin Blog Beginner und habe mich unter folgendem Link geäußert:
https://ineitzke.posterous.com/unemployed-for-german-readers
Für einen Tipp zu gutem Stil im Umgang mit Blogs ohne Track- und Pingback, bin ich dankbar.
März 1st, 2010 at 15:08
@Geheimrätin, #16,
danke.
Und wie ich heute mal ergurgelt habe, rutsche ich wohl sofort in Hartz IV…
März 1st, 2010 at 15:40
Gestern in der FTD.de
Seltsam seltsam…
https://www.ftd.de/politik/deutschland/:kolumne-von-buttlar-jetzt-seid-ihr-puterrot/50081898.html
gruß bel
und toitoitoi für deine Zeit mit dem “Affenfelsen” aka Agentur für Arbeit. Möge sie kurz sein. Und schmerzfrei(-;
März 1st, 2010 at 16:27
Na dann – ich bin seit 1.12.1995 ohne Arbeit.
Mein letzter Job war auf 6 Monate befristet. Eventuelle Übernahme, aber daraus wurde nichts, vermutlich diente das Angebot auch nur dm Zweck, das ich mir mehr Mühe gebe mit dem Ziel eines Arbeitsplatzes vor Augen.
Nun, wenigstens die Weihnachtszeit konnte ich dann trotzdem geniessen. Die Hoffnung stirbt ja zuletzt.
Wenn mir damals jemand erklärt hätte, du wirst die nächtsten 15 Jahre arbeitslos bleiben …
Wenn sich jetzt jemand darüber wundert. Ich wunderte mich auch, dass mich keiner einstellt. Denn ich wollte ja arbeiten.
Ach, eine Einschränkung gibt es noch. Praktikumsstellen waren immer wieder mal drin. Nur eben keine Festanstellung, nicht einmal der Versuch über eine Zeitarbeitsfirma brachte Erfolg. Da ich inzwischen über 59 bin, sehe ich jetzt auch keine Chanche mehr.
Interessant wäre es, wenn mein “Job” als mehrfacher Opa bezahlt würde. Das ist auch ARBEIT. (grins)
März 1st, 2010 at 18:38
Owei, dann bricht ja – lt. Guy d’Deau – demnächst bei Dir der anstrengungslose Wohlstand aus…
Was machst du dann mit der ganzen Kohle?
März 1st, 2010 at 19:01
garatuliere,
endlich hast du zeit zu leben und endlich hast zu zeit, aufzuwachen.
https://www.zurwahrheit.de/
dieses buch war für mich der schlüssel zum glück.
jede krise ist eine chance.
lieber nichts tun als durch viel arbeit wenig schaffen (laotse).
befreie dich von überflüssigem. reise mit leichtem gepäck.
wirklich frei sein heißt: nichts wollen (laotse).
ich bin zwar nur 10 jahre jünger als du, werde aber diese woche zum 3. mal vater. das leben ist schön. genieß deine enkel.
die weiterexistenz deines bewußtseins nach dem tode ist dir hoffentlich “bewußt”.
alles gute
März 1st, 2010 at 19:03
@Jimmy: Gute Frage. Wenn nämlich die Hartzies fürs Nixtun schon mehr kriegen als Leute, die arbeiten und ich deutlich mehr bekomme als ein Hartzie, dann muß ich ja immens reich werden. Ich glaube, ich kaufe mir einen Ministerpräsidenten.
März 2nd, 2010 at 01:38
Ich möchte nur mal etwas Korinthenkackerei einwerfen: ich war nicht selten in meinem Leben erwerbslos – aber fast nie arbeitslos.
Also, flatter, du wirst erwerbslos, bestimmt aber nicht arbeitslos (auch das Bloggen hier ist Arbeit, nicht nur Lohnarbeit). So habe ich das immer gesehen und werde das immer sehen, auch wenn ich zur Zeit nicht erwerbslos bin.