SpOn glaubt, es sei “erschütternd”, wenn es seit 1995 neunzig Verdachtsfälle auf Kindesmißbrauch in der katholischen Kirche gegeben habe. Selten so gelacht. Spätestens seit den aufgedeckten Fällen in den USA sollte deutlich geworden sein, daß es sich auch empirisch nachweisbar um ein strukturelles Problem handelt. Sprechen wir vorläufig also über hunderte Fälle – in Deutschland. Überall auf der Welt werden Kinder von Geistlichen mißbraucht, vom Pfarrer bis zum Bischof vergreifen sich “Würdenträger” an jungen Menschen und zerstören sie.
Im Falle der katholischen Kirche haben wir es mit einem Konglomerat aus Perversion, Heuchelei und diktatorischer Gesinnung zu tun, die ihresgleichen vergeblich sucht. Lächerlich schon, daß im 21. Jahrhundert eine religiöse Sekte noch immer glaubt, nur der Geschlechtsverkehr zum Zwecke der Vermehrung sei “gesund” und sittlich unbedenklich. Verbrecherisch schon, daß abweichende Orientierungen als “krank” und verdammenswert verurteilt und mit der Macht einer weltweit operierenden Organisation bekämpft werden.
Ein Verbrechen ungeheuren Ausmaßes ist es aber, wenn wissentlich durch solche Bedingungen Kindesmißbrauch gefördert wird.
Psychologische Theorien qualifizieren unterschiedliche Triebziele, einige der Theorien nennen es “pervers”, wenn sexuelle Befriedigung von quasi unnatürlichen Handlungen abhängt. Zu nennen ist hier etwa der Fetischismus, vereinfacht Sex mit Gegenständen. Das Ding ersetzt quasi den Partner. Wie man solche Spielarten auch definiert oder beurteilen mag, sie finden statt, und es macht die Menschen nicht schlechter, die eine Sexualität jenseits des Mainstreams pflegen.
Das Abartigste, was der Mensch sich einfallen lassen kann, ist allerdings kein Triebziel, Asexualität bei vollständig ausgebildeter Lust. Was in früheren Zeiten ein Indikator für die Beherrschung der Menschen gewesen sein mag – wer sich zur Triebunterdückung nötigen läßt, darf als guter Untertan gelten – hat in modernen Gesellschaften längst jegliche Funktion verloren.
Der Katholizismus hat die nötigen Reformen seit Jahrhunderten verschlafen. Er bezieht vielleicht seine Identität daraus, ein Bollwerk gegen jeden Fortschritt zu sein. Der gemeine Katholik schafft den Anschluß an die Moderne dennoch – durch Bigotterie und Beichte. Ihm ist egal, was der Papst sagt, er geht in den Puff und nachher zur Beichte. Diese Heuchelei ist harmlos, so lange sie funktioniert.
Was hingegen nicht funktionieren kann, ist die Besetzung des Managements mit Leuten, die ohne berufliche Alternative auf der Straße stehen, wenn sie sich von der Perversion “Zölibat” offen abwenden. Auch sie werden dazu genötigt, ihren Trieb heimlich auszuleben, was ihnen als Personen der öffentlichen Aufmerksamkeit nicht so leicht gelingen kann. An eine normale Partnerschaft ist erst gar nicht zu denken.
So leben wir also mit einer steuerlich geförderten Sekte von Zwangsabartigen, die im besten Fall Kinder machen, welche ihre Väter nicht kennen dürfen und regelmäßig, der ungünstige Fall, eben Kinder ficken. Das sind dieselben Herren, die ihre aggressive “Sexualmoral” weiterhin laut predigen. Wer für diesen Laden noch Kirchensteuer zahlt, muß wissen, was er da fördert.
Februar 6th, 2010 at 15:31
Also wieso das Zölibat dazu verleitet, Kinder zu missbrauchen erschließt sich mir nicht. Ich halte zwar nicht viel von der Kirche und verstehe nicht, wieso die katholische sogar ein Zölibat für Priester hat, aber das als ursächlich für die Pädophilie von Priestern zu machen halte ich für konstruiert.
Februar 6th, 2010 at 15:45
@ Glawen
das Zöllibat kann ja für den einen oder anderen Adepten ein Weg sein, den er freiwillig für sich wählen möchte. Die Sexualität aber per Gesetz unterdrücken zu wollen, führt unweigerlich zu einem inneren Aufstand.Da kämpft dann die “Schlange” gegen die “Unschuld” …
Februar 6th, 2010 at 16:27
Grob zum Thema, quasi als Ergänzung, eine englische Debatte aus dem letzten Jahr: “Is the Catholic Church a force for good in the world?”, in der der Schauspieler, Schriftsteller und Dokumentarfilmer Stephen Fry neben anderen Dingen die verklemmt-perverse Sexualmoral der katholischen Kirche aufs Korn nimmt.
Sehr informativ und in der Stringenz des Arguments ein echter Genuss, jedenfalls für jeden, der es sich auf Englisch antun will:
https://www.dailymotion.com/video/xbvr0m_the-intelligence-debate-stephen-fry_shortfilms
P.S.: Aus dieser “Kirche” bin ich übrigens ausgetreten. Es wäre schön, wenn das noch andere täten, jedenfalls sofern sie für rationales Denken noch zugänglich sind.
Februar 6th, 2010 at 16:29
@Glawen: Wenn du Sexualität nur heimlich ausleben darfst, suchst du dir ggf. Opfer an Stelle von Partnern. Solche, die du beherrschst, die schweigen. Hinzu kommt ein Moment von Schuld und Sünde, das generell mit Sex konnotiert ist und im Mißbrauch von Abhängigen nur seine konsequenteste Form findet. Wenn alle Lust Sünde ist, fällt diese Barriere weg. Sie wird überschritten, indem der böse Sex überhaupt stattfindet. Zudem sind Kinder und Jugendliche häufig die einzigen potentiellen Sexpartner, auf die der Zölibatäre Zugriff hat.
Februar 6th, 2010 at 16:56
@Frank Powers: Danke für den Link. A great speech.
Februar 6th, 2010 at 17:20
yes, grad woll ichs genau so sagen, great speech
Februar 6th, 2010 at 23:52
Gut vorgeschwätzt, aber das ist es. Und mit etwas Logik kann der Schluss gezogen werden.
Religion ist nicht nur das Opium des Volkes, nein sie fördert auch den Niedergang jeglicher Kultur.
Februar 7th, 2010 at 00:08
Ich mag das aber auch nicht in dieser Eindimensionalität betrachten. Ich behaupte ja nicht, wer katholischer Priester ist, laufe automatisch Gefahr, “pädophil” zu werden, das wäre Unsinn. Die Struktur fördert aber solche Übergriffe und das unter dem Deckmantel der sexuellen Reinheit. Das ist genauso widerlich wie die Förderung von Geschlechtskrankheiten aus denselben krankhaften Motiven. Der katholischen Kirche sind die Menschen egal. Der Herr ist am Kreuz gemartert worden, das hat ihm auch nicht geschadet. Hauptsache, die Dogmen bleiben unangetastet.
Februar 7th, 2010 at 00:18
@frank powers
Der Link ist spitze, selten so ne klare Rede gehört. Ich hoff nur das sie lange genung unter dem gleichen Link verfügbar ist.
Nach dieser Rede fühlt man sich gleich wieder viel besser, oder wie neu!!!
Februar 7th, 2010 at 00:24
flatter, eben hast Du es ja im nebenbei uns zugetragen, Eindimensionalität führt zu….
Richtig, die Wachsköpfe beschäftigen sich mit nichts anderem als mit dem Reiz ihres Unterleibs. Und das dürfen sie auch nichtmal. Was kann aus einem solchen Paradox nur noch hervorkriechen? Ich lache….der Sohn des Bischofs?
Februar 7th, 2010 at 13:08
Sehr klare Worte, deckt sich präzise mit meiner Einstellung. Danke, Flatter.
Anmerkung, die Kirchen-”Steuer” ist keine Steuer, sondern ein Vereinsbeitrag. Das einziehende Finanzamt tritt nicht als ausführendes Organ auf, sondern als Dienstleister, der übrigens von der Kirche dafür entschädigt wird.
Ich bin mit Eintritt ins Berufsleben aus der Kirche ausgetreten.
Februar 7th, 2010 at 15:59
Was mir persoenlich fehlt ist eine Austritts-Initiative! In der oeffentlichen medialen Diskussion werden solche sexuellen Missbraeuche als Einzelfaelle dargestellt, was jedoch bei Betrachtung aller jaehrlichen Vorfaelle in den katholischen Sekten etwas seltsam anmutet.
doch wer waere besser geeignet als die Blog-Gemeinde, um eine solche Initiative zu starten?!
Denn das einzige, was die Kirchen fuerchten, ist ein Verlust ihrer Finanzmittel!
Februar 7th, 2010 at 21:18
[...] Feynsinn – Perversion Zölibat [...]
Februar 7th, 2010 at 21:21
Vielleicht wäre es angebracht, zur Kenntnis zu nehmen, was die “Sektenmitglieder” in einem ihrer Verlautbarungsorgane zu den Geschehnissen sagen:
https://www.die-tagespost.de
Februar 8th, 2010 at 08:02
Beim Studium dieser exzellenten Grafik
https://zelos.zeit.de/wissen/2010-02/34-infografik-2-finanzkrise.pdf
stach mir eine kleine Zahl recht oben recht fesch ins Auge: 17 Mrd. Euro staatliche Transfers an die Kirchen.
Ich gehe einmal davon aus, dass ein erklecklicher Anteil davon an die katholische Kirche geht. Das bedeutet, dass jeder Steuerzahler die Kinderficker fördert, ganz gleich, ob er nun Kirchensteuer zahlt oder nicht…
Ich halte diesen Zustand zumindest für bedenklich.
Februar 8th, 2010 at 08:05
Leider kann man, wenn man Tpiifehler bemerkelt, sie nicht mehr nachträglich ausmerzen.
Korrekt wollte ich tippen:
“…stach mir eine kleine Zahl rechts oben recht fesch ins Auge…”
Februar 8th, 2010 at 19:00
Opium des Volkes – richtig ist aber Opium für das Volk, was zu unterscheiden ist (nicht bös gemeint, ich will nicht spitzfindig sein).
Sehr guter Beitrag, in dem das Thema auf amüsant polemische Weise beleuchtet (“(…) einer steuerlich geförderten Sekte von Zwangsabartigen (…)”) und scharf, aber argumentativ nachvollziehbar kritisiert wird. Ich kann dir nur zustimmen, was das Problem angeht.
Stephan: Die Idee einer solchen Initiative ist nicht schlecht. Vielleicht sollten wir alle sie gemeinsam einmal in Angriff nehmen?
Februar 8th, 2010 at 23:57
Jan: wieso auch nicht.
der erste Schritt ist getan: Die Domain “initiative-kirchenaustritt.de” befindet sich in meinem Besitz.
Wie geht’s weiter? Logo? Banner? Wer macht mit?
Das ganze als Blog mit “Austrittsliste”? Oder Sammlung von Pressemeldungen zum Thema “Verfehlungen der Kirchen”?
postfach@initiative-kirchenaustritt.de