Der Tugendbock und die Demokratie
Posted by flatter under PolitikKommentare deaktiviert
02. Feb 2010 16:47
John Dean räsoniert über die Lage Obamas und der USA. Mir sind bei der Lektüre eine gewisse Parallelen zu Michail Gorbatschow aufgefallen, obwohl der Vergleich natürlich hinkt. Gorbatschow hatte noch weit größere Macht als Obama, ist gleichwohl völlig gescheitert. Da er nicht vom Volk gewählt worden war, ist es in seinem Fall zumindest nicht inkonsequent von den Sowjetbürgern gewesen, ihm die nötige Unterstützung zu verweigern. Allerdings zeigt sich inzwischen, wo es endet, wenn sich ein Volk nicht für seinen Staat interessiert und ihn den Eliten und Oligopolen überläßt.
Gorbatschow war unter anderem durch seine Verankerung im KGB als Diktator im Grunde unangefochten. Vielleicht hat er das auch so gesehen und gerade deshalb verloren. Als durch Glasnost und Perestroika demokratische Elemente in die Sowjetpolitik einzogen, hatte das entsprechende Auswirkungen auf die Stabilität des vordem autokratischen Staatsgebildes.
Zuerst lösten sich die ehemaligen Bündnispartner ab, der Warschauer Pakt zerfiel. Der Verlust an Macht und Ansehen rief nicht nur Konkurrenten auf den Plan, die ihre alte Diktatur wiederhaben wollten, sondern zerstörte auch das Image Gorbatschows, der nicht mehr als Befreier, sondern als Schwächling und Zersetzer betrachtet wurde. Obendrein mußten die alten Eliten um ihre Stellung bangen – und sich gar vor der Rache der Unterdrückten fürchten.
Die Einführung der Marktwirtschaft besorgte den Rest. Flüssiges Geld floss schnell in alle Ritzen, wo der Aufbau demokratischer Strukturen noch lange nicht so weit war, sich für untergeordnete Belange wie Gerechtigkeit oder das nackte Überleben der Bürger stark zu machen. Während einige aus dem ungeordneten Raum unfaßbare Reichtümer an sich zogen, sind andere im Winter erfroren oder leben in bitterer Armut. Schuld war natürlich der Versager Gorbatschow. Die Lehre daraus: Ein starker Staat braucht starke Führer. Wer immer sich fortan wie ein solcher aufführte und in die nötigen Seilschaften eingebunden war, hatte gute Chancen auf die Macht. Die Demokratie war am Ende, ehe sie je begonnen hatte.
In den USA liegt der Fall ein wenig anders, es läuft aber auf dasselbe hinaus. Interessant ist zunächst die doppelte Vorgeschichte einer Nominaldemokratie im Würgegriff der politischen Clans. Bush Senior war erst Vizepräsident unter einem abgehalfterten Schauspieler, dem später ganz offiziell Alzheimer bestätigt wurde. Abgelöst wurde er von Bill Cinton, der zwei Wahlperioden überstand, um von Bush Junior abgelöst zu werden, der ebenfalls zwei Wahlperioden überstand, um als unbeliebtester (und womöglich unterbelichtetster) Präsident aller Zeiten zu enden. Er hat die Menschenrechte mit Füßen getreten, die Diplomatie und die Bürgerrechte weitgehend abgeschafft, die heimischen Milliardäre schamlos protegiert und es damit derart übertrieben, daß selbst das unkritische und durch manipulierte Medien gefüfig gemachte Volk nicht mehr darüber hinweg sehen konnte.
Die Ablösung sollte nun von der einzigen Konkurrenz, den “Demokraten” wieder mit einer Clinton besetzt werden. Damit wäre alles schön beim Alten geblieben, und die Sowjetrepublik Amerika damit 30-34 Jahre von zwei Familien regiert worden.
Das Wahlvolk wollte es bekanntermaßen anders und wählte mit Obama einen Präsidenten, der die Tugenden der Demokratie und des Sozialsstaats gegen den grauen antidemokratischen Begünstigungsstaat der Bushs ins Feld führte. Der brillante Rhetoriker hatte den Mut, sich als Mann des Volkes aufzustellen und wurde von diesem ins Weiße Haus getragen. Nachdem die Party vorbei war und die Arbeit begonnen hatte, ließen ihn seine Jünger fallen wie eine heiße Kartoffel. Zwar ist wird es offensichtlich, daß Obama vieles von dem, was er seinen Wählern oder sie sich von ihm versprochen hatten, nicht wird halten können. Die Reaktion der Masse darauf ist aber schlicht kindisch.
Obama ist ein Tugendbock. Alles Gute dieser Welt wollten die Bush-Geschädigten in ihm sehen, er verkörpert dies und muß es Dank solch göttlicher Unfehlbarkeit auch realisieren. Möglichst allein und so daß alle zufrieden sind. Wenn er es jetzt nicht bringt, ist ein Versager, Verräter, Agent des Bösen, genau wie dereinst Gorbatschow – der im Ausland auch sehr schnell höher angesehen war als daheim.
Demokratie kann nicht wachsen, wo von den Führern erwartet wird, daß sie allein dafür sorgen. Anstatt ihr Tun eng zu begleiten, sei es unterstützend oder kritisch, zieht man sich zurück, hat es mal wieder besser gewußt oder gibt sich beleidigt. Dabei sollte durch Obamas Weg an die Macht doch eines klar geworden sein: Er ist nichts ohne die, die ihn nach vorn getragen haben, und sein Versagen ist ihr Versagen.
Februar 2nd, 2010 at 20:45
Ja, ich sehe das auch teilweise so. Vor allem diese klammheimliche geradezu Freude, “es ja gewusst zu haben”, dass “Obama ja auch nicht besser als der Bush” sei.
Doch ein großes Problem ist eben auch , denke ich, dass viele, die Obama unterstützt haben, auch Teile der Demokraten, eben nicht so fortschrittlich sind, wie es manche empfunden haben mögen, und welche Schwierigkeiten es bedeutet, ein Land umgestalten zu wollen, in dem an den meisten einflussreichen Positionen (Politik, Wirtschaft und ihre Lobbys, Medien, Militär) eben erzreaktionäre Neocons sitzen. Was natürlich auch von Fehlern, die Obama selbst gemacht hat, nicht anlenken soll.
Februar 2nd, 2010 at 21:45
Obama versucht vieles, und zwar ernsthaft.
Können wir ihm das bitte anrechnen!!
Das er nicht immer kann, wie er will und man ihn nicht immer läßt, wie er will und soll, ist schade, aber auch ein Zeichen, dass eine Demokratie eben Kompromisse erfordert.
Habe jetzt von den Filibuster-Reden gehört.
Und zwar: um Obamas Krankenversicherungsreform zu torpedieren, missbrauchen die Republikaner schlicht eine “Grauzone” in der Geschäftsordnung des… Kongresses oder Senats, einem von beiden. Diese Grauzone besteht darin, dass es kein Limit für die Länge der Redezeit gibt, die ein Redner halten kann und so kann ein Redner theoretisch eine endlos lange Rede (Filibuster) halten und so die an die Rede angeschlossene Abstimmung endlos hinauszögern.
Eine Rede kann nur abgebrochen werden, wenn sich eine 2/3 Mehrheit der Abgeordneten dafür ausspricht und die hat Obama nicht.
So erpresst die Minderheit die Mehrheit und zwar ganz undemokratisch.
Ich versuche mal, die Spannbreite der Urteile über Obama anzudeuten:
Im Vergleich zu (den) Bush(s) ist Obama ein Heiliger.
Im Vergleich zu den vor der Wahl geschürten Erwartungen, ein Versager.
Obama hat das Nasa-Budget gekürzt – gut. Es gibt momentan wirklich dringlicheres als Weltraumspaziergänge.
Februar 2nd, 2010 at 21:46
Hallo flatter!
Nominaldemokratie
Das ist die Wortschöpfung, super. Anstelle von Demokratie in Anführungszeichen ist der Ausdruck einfach genial. Sowas gehört in den Duden übernommen!
Februar 2nd, 2010 at 21:48
Stimme ansonsten aber zu: Demokratie kann nur dann etwas werden, wenn sich die Bürger beteiligen und auch, zumindest in den Bereichen, in denen sie sich beteiligen, etwas von der Sache verstehen. Nur viele wollen sich nicht ernsthaft damit beschäftigen, dafür Zeit opfern (gut, wer Familie hat, dem fällt sowas schon schwer), sich ernsthaft in etwas einarbeiten und längere Zeit bei der Sache und am Ball bleiben, sich einbringen und auch öffentlich für etwas einstehen, sich mit anderen auseinandersetzen und Kompromisse schließen.
Das wollen viele nicht.
Aber wenn man es hin und wieder hinkriegen würde, die eigenen Kreis- und Landtagsabgeordneten für ihre Abstimmungen zur Verantwortung zu ziehen, wäre auch schon einiges gewonnen.
Februar 2nd, 2010 at 22:03
Wow, flatter,
ich bin ja erschreckend oft einer Meinung mit Dir, aber das?
Der Vergleich mit Gorbatschow ist zumindest problematisch,
aber darauf will ich garnicht eingehen.
“…Nachdem die Party vorbei war und die Arbeit begonnen hatte, ließen ihn seine Jünger fallen wie eine heiße Kartoffel. Zwar ist wird es offensichtlich, daß Obama vieles von dem, was er seinen Wählern oder sie sich von ihm versprochen hatten, nicht wird halten können. Die Reaktion der Masse darauf ist aber schlicht kindisch. …”
“…Obama ist ein Tugendbock. …”
Was ist das? Ein neuer Begriff, vermute ich, ohne wirkliche Notwendigkeit.
Obama hat ‘change versprochen’, und es wurde ‘small change’, wenn überhaupt.
Ich halte es für TÄUSCHUNG.
Michael Hudson (Kucinich’ financial advisor), den ich sehr schätze, hat ihn lange schon für eine Marionette der Chicagoer Pritzker-familiy gehalten.
Da Hudson selbst aus Chicago kommt, weiss er vermutlich Bescheid.
Das ist für mich ein releavanter Merkposten, wenn es darum eht, die Loyalitäten des Herrn Obama zu verorten.
Obama laviert zwische old money und Wallstreet money, und jetzt bringt er Volcker gegen die
Goldman-Mafia in Pseudo-Stellung.
Das kleine Einmaleins politischen Lavierens, das sogar die FDP holprig praktiziert.
Das glaubt ihn doch mittlerweile keiner mehr aus der linken Ecke. Aus der rechten sowieso nicht. Da wird sogar eine Palin plus (Ayn)Rand Paul als ticket gehandelt.
Auf der nach unten offenen Verblödungsskala ist das Ende noch nicht in Sicht.
Das Spiel ist aus, die Demokraten werden die midterms grandios verlieren, und Obama wird
zum lame-duck-single-term president, was immer schon eine Schande war.
Obama ist/war(forget him) bestenfalls ein Centrist, was die Linke zurecht als zuwenig empfindet, in Anbetracht der globalen Probleme, die anstehen.
(Die muss ich hier hoffentlich nicht aufzählen.)
Wieso das so ist? Darüber könnte man viel sagen.
Obama hat die ‘linken’ Hoffnungen verraten, er hat sie betrogen!
Als ‘Centrist’ laviert er hin und her.
Er hätte dieses Jahr die Goldman-Mafia rausschmeissen müssen:
Geithner, Summers, und den Lakaien Bernanke.
Ihnen zuerst eine Chance geben, sich selbst ad absurdum zu führen, und dann raus mit dem Schrott.
Aber so ist er nicht gestrickt.
Wie kann man so blöd sein, Clinton und Bush für Haiti einzusetzen?
Obama ist kein Konkursverwalter der U.S. of A., mit der Statur eines Gorbatschow.
Und Konkurs sind sie, in noch mehr Aspekten als die USSR, fürchte ich.
Wenn die ‘Linke etwas zu verlieren hat, dann ihren Verstand.
Die L. ist traditionell ein zerstrittenes Völkchen, wem sage ich das?
Jetzt könnte ich endlos weiterwüten, was ich auch tun werde, solltest Du das Thema wieder mal anschneiden.
Es soll ja hier keine Inzucht sein, wo jeder dieselben blogs liest, und wir uns im Kreis drehen, aber Chris Floyd, Glenn Greenwald und Justin Raimondo, und Michael Hudson wenns ums Finanzielle geht, gehören mE zur Basisausstattung, wenns um amerikanische Befindlichkeit geht.
Sorry, sollte ich Eulen nach Athen getragen haben.
Und wenn ich die Vier kombiniere, kommt ein deutlich anderes Bild heraus.
Februar 2nd, 2010 at 22:22
Eine Gemeinsamkeit zwischen Obama und Gorbatschow könnte sein, dass beide Systeme (USA bzw. UdSSR) nicht reformierbar sind. In dem einen Fall (Gorbatschow) geht das System unter – in dem anderen Fall ist es halt noch nicht so weit. Möglich wäre aber auch, dass du falsch liegst und die Verschwörungstheoretiker richtig. Dann wäre Gorbatschow z.B. ein Bilderberger und Obama… https://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/feuilleton/?em_cnt=2217718&em_cnt_page=1
Februar 2nd, 2010 at 22:24
Anm:
Könntest Du bitte bei Gelegenheit eine Korrekturfunktion einfügen, dann könnte ich mein Geschreibsel orthographisch und grammatikalisch überarbeiten, und meine Argumente polieren.
Ich bin da eigentlich pingelig.
Ein Kommentator sollte sich -ähem- auch nach 100 Jahren mit seinem Kommentar noch identifizieren können.
Danke.
Februar 2nd, 2010 at 22:30
@Groo:
Vorab: Der Tugendbock ist quasi ein invertierter Sündenbock. Am Ende ein Tierchen, das zu Unrecht seiner Eigenschaften bezichtigt wird – die nämlich die Eigenschaften derer sind, die sie eben projizieren.
Deine Einwände sind völlig richtig. Ich stelle aber eben nicht Obama als Person in den Vordergrund, sondern seine Funktion als Projektionsfläche eines politischen Massenwillens. Wer will, daß Obama so handelt, wie er gesprochen hat, als er zu denen sprach, die das hören wollten, muß ihn vor sich her treiben. Die “Change-Bewegung” kann nur etwas ändern, wenn sie nicht abebbt. Sie haben für Obama gekämpft, danach hätten sie mit ihm kämpfen müssen und ihm jederzeit deutlich machen, daß sie ihn im Auge haben. Sie hätten ihren Willen weiter lautstark äußern müssen, auch wenn es nur um das fade politische Tagwerk geht. Das ist es, was ich meine. Die Obamas sind nur deshalb austauschbar, weil das Volk nicht kapiert, daß es sich vertreten läßt.
Absurderweise lassen sie ihn gerade da im Stich, wo er ihren Willen nicht gegen das Establishment durchsetzen kann. Nenne Obama einen “Täuscher”, aber was sind das für Demokraten, die millionenfach ihre Stimme abgeben und sofort das Maul halten, wenn es gilt, sich schmutzig zu machen?
Februar 2nd, 2010 at 22:33
Gute Analyse einer vertrackten Lage!
Aber es ist ja wirklich so, daß in einer Demokratie – unverbesserliche Optimisten sprechen auch von “Volksherrschaft” – die Damen und Herren aus dem Volk nicht nur zum Wahltag hellwach sein sollten, sondern auch und gerade darüberhinaus, damit ihre “Politheros” auch im Sinne des Volkes regieren können.
Kein Wunder aber, daß in Zeiten der allgemeinen Krise der neoliberalen Ökonomie nur zu gern an politischer Bildung “gespart” wird und ökonomistisches Kurzfristdenken, das in die Krise geführt hat, nach wie vor en vogue ist.
Ideologiekritik gibt es im über den Realsozialismus siegreich gebliebenen “ideologielosen Kapitalismus” ja nicht mehr.
Februar 2nd, 2010 at 22:42
@Curacao,
Sorry.
Das ist eine Nullthese.
Die Frage wäre: WARUM?
Also GRÜNDE anzuführen.
Das ist schon schwierig genug.
‘Wissenschaft’ fragt NIE ‘Warum’, sondern immer nur ‘Wie’.
Das Besondere am ‘Warum’ ist, dass es NUR aus Sicht eines Subjekts Sinn macht.
Ist Dir das klar?
Wenn nicht, einfach fragen.
Verschwörungstheoretiker gibt es Tausend auf einen Finger.
DIE VT’ler sind als Gruppe argumentativ nicht in einen gemeinsamen Topf zu werfen.
Februar 2nd, 2010 at 23:11
@flatter #8
ok, jetzt habe ich verstanden.
‘Tugendbock’:=: vollkommen einverstanden.
Mit einem kleinen, feinen Einwand:
Dem Sündenbock trete ich in den Allerwertesten, aber was mache ich mit dem Tugendbock? Ziehe ich ihn?
Als spitzfindiger Mensch nenne ich das eine Metaphern-Asymmetrie :)
Entia non sunt multiplicanda praeter necessitatem .
Metaphern sind eine Plage.
Und:
Als Grenzüberschreiter der dürren Sprache habe ich da auch immer meine Probleme mit dem ollen Ockham.
Was Deine weiteren Ausführungen betrifft:
Vollkommen einverstanden.
Wenn Du jetzt auch noch meine Anmerkungen akzeptieren könntest…
(Vielleicht ist das zu privat: Argumente brauchen Raum zum Atmen. Wie gross der ist, weiss ich nicht. Ich weiss nur, dass es ein Raum ist.)
Februar 2nd, 2010 at 23:41
offtopic:
Schaue mich um bei Weissgarnix und
Spiegelfechter.
200 und 50 Kommentare.
Das ist zuviel.
20 ist ein Limit.
Darüber kommentiere ich nicht mehr.
Kommentarwirkungsgrad geht gegen Null.
Frage:
Was bedeutet das für die Blogosphere?
Gute Nacht.
Februar 2nd, 2010 at 23:58
Nun, die einzige jemals berechtigte Kritik der Konservativen in den USA war ja der Vorwurf des Obama-Messianismus. Wieso diese Kritik berechtigt war und auf welche Weise haben die dabei wohl aber nichtmal kapiert bzw. sie nicht mit dieser Absicht benutzt (eher ein plumbes “der Frevler hält sich für Jesus”). Dieser Vorwurf gilt sogar für uns Europäer mehr als für Obamas Anhänger in den USA, die oft genug Hillary Clinton nur mit Bauchschmerzen auf die zweite Bank schoben.
Wer sich in einer Fernseher-Demokratie mit dem Wind des Wandels ins Amt wählen lässt hat eben ein Problem. Was “die da in Washington” machen sind Nachrichten aus einem fernen Planeten, am liebsten noch beobachtet durch die unterhaltsame “die wollen euch nur ausrauben” Meinungsmache von Fox. Das Resultat ist ein von Misstrauen und Sektierertum geprägtes Klima der Selbstgerechtigkeit. Wo es um schöne Botschaften von Hoffnung und Einheit der Nation geht wie zu Zeiten der Wahl, da kann man auch bei breitem Publikum wie mit der Glasnost punkten. Wenn es dann an die nackten Tatsachen geht versinkt die Angelegenheit schnell im Sumpf der Verleumdungen. Genau das aber will (nicht wollte) Obama ja auch ändern.
Der Fernsehzuschauer will sich entweder unterhalten oder bedroht fühlen, Politik degradiert sich da dann selbst zum emotion capture. Hätte es Obama mit einer gesunden Demokratie zu tun wäre dieses ganze Brimborium garnicht nötig gewesen. Bei einer Demokratie in Schieflage muss man mit dem arbeiten was da ist, ohne ein korruptes Arschloch zu werden.
Was nicht stimmt ist das Obama allgemein fallen gelassen wird wie eine heiße Kartoffel. Das können sich vielleicht Europäer wie wir leisten die das nicht so direkt betrifft und das leisten sich auch vor allem wohl jene Amerikaner, die das vor ihrem Fernseher sitzend nie wirklich betroffen hat (was der Kern des Übels ist). Aus meiner zugegeben beschränkten Wahrnehmung halten ihm aber die meisten seiner Unterstützer nach wie vor die Stange. Einige wohl sogar umso entschlossener je mehr sich Obamas eigene Partei als orientierungslose Knalltütenpackung offenbart. Was ist denn die Alternative? Rush Limbaugh for president? Wenn ich da eines lese dann ein immer lauter werdender Ruf nach einer Führungsstärke Obamas im Verbund mit einer klaren Ansage der zentralen Punkte die er für seine Politik beansprucht. Keine unbedingt rosige Aussicht da es sich sogar noch mehr auf eine einzige Person konzentriert, aber bei weitem nicht das Ende der Fahnenstange.
Februar 3rd, 2010 at 00:24
@Groo(11): Nicht jedes jecke Spiel mit der Sprache gelingt. Die Metapher sollte auch nicht symmetrisch sein, aber die Antwort auf die Frage, was sie mit ihm machen, ist einfach. Dasselbe. Sie schicken ihn in die Wüste.
Februar 3rd, 2010 at 11:53
ein mann der wirklich was veraendern will oder kann, darf das weisse haus eigentlich nicht betreten. falls so ein unglueck doch mal passiert, muesste er in einer offenen ungepanzerten limousine durch die gegend gefahren werden.
Februar 3rd, 2010 at 19:10
Ich bin doch immer wieder verwundert, dass Staaten, wie die USA, oder auch Deutschland, als Demokratie bezeichnet werden.
Prägend für eine Demokratie im eigentlichen Sinne ist, dass alle Macht vom Volke ausgeht. Dies ist aber sowohl in den USA, wie auch bei uns nur noch auf dem Papier der Fall. Für Deutschland endete die Demokratie spätestens mit dem Lissabon Vertrag, wenn nicht schon mit der Einführung des EU Parlaments, welches nicht direkt vom Volk gewählt wurde. Wie Karlsruhe treffend fest gestellt hat, kann bei einer Wahlbeteiligung von durchschnittlich 20-30% eine Regierung nicht als vom Volk legitimiert betrachtet werden.
Spätestens aber mit Aufgabe der alleinigen Regierungshoheit der deutschen Regierung über unser Land (Lissabon Vertrag) war dann der letzte Sargnagel für den Titel “Demokratie” genagelt.
Februar 4th, 2010 at 05:05
[...] Der Tugendbock und die Demokratie [...]
Februar 4th, 2010 at 09:11
Zuerst einmal: “Die Demokratie ist lediglich die legalisierte Form der Diktatur”.
Desweiteren sollte man sich die “Change-Bewegung” genauer anschauen: wie soll hier eine Dynamik am Leben gehalten werden, die einzig durch Wahlkampfbudgets initiiert und finanziert wurde? Hier kommt die dem Menschen tief verwurzelte Traegheit ins Spiel. Motto: “Na ich hab doch vor der Wahl schon was gemacht, jetzt sind die Anderen dran.” respektive “Mein eigenes Geld investieren? No way.”
Und dass ein US-Praesident mal nicht aus den top10k kommt, ist mehr als illusorisch. Zumal Obama’s gefolge zu 100% aus der Wallstreet rekrutiert wurde – was er vor der Wahl auch anders versprochen hat.