Etwas ist ans Licht gekommen. Sofort tauchen Journalisten massenhaft ins Dunkel und suchen Stimmen. “Intellektuelle” sind gefragt, moralische Instanzen, Experten. Während die öfentliche Debatte über Holocaust, Nationalsozialismus und die Emanzipation der Bundesrepublik längst viel weiter ist und man sich über gewisse grundsätzliche Differenzierungen längst geinigt hat, watet die Yellowpress des deutschen Feuilletons noch immer durch den Sumpf von Moral und Heiligenverehrung. Man holt “Meinungen” ein und wertet sie hernach, als handele es sich um Sachbeiträge. Das muß auch so sein, denn sonst wird aus dem Skandal sehr schnell eine Lappalie. Nur im Dunst der Moral funktioniert noch, was im Diskurs sofort untergeht: Der einfache Satz, das große Wort, die simple Wahrheit. Für derlei Vereinfachungen braucht man Prominente, die man zu “Instanzen” verklärt. Dumm nur, daß einzig die katholische Kirche erkannt hat, daß ein solches System ohne Unfehlbarkeitsdogma nicht funktioniert.
Menschen, die Lesen können, werden Herrn Grass dankbar sein, der mit seiner Offenbarung belegt, daß Schriftsteller Keine Moral- und Zitatmaschinen für jeden Anlaß sind. Für die anderen gilt es zu erkennen, daß die einfache Moral immer Doppelmoral ist. Sie dürfen sich entscheiden, ob sie auch eimal zu differenzieren versuchen oder Grass einfach ein Nazi ist.