Ausgerechnet Brüderles Wirtschaftswahnsinnige wollen dem Kartellamt erlauben, Konzerne zu zerschlagen. Ein Schelm, wer dabei an die Deutsche Bank denkt. Die FAZ nennt die Stromkonzerne als Kandidaten für ein solches Vorgehen, aber das glaubt doch nicht wirklich jemand?
Die offizielle Begründung mußte ich dreimal lesen, um mir einzugestehen, daß ich langsam keine Worte mehr finde für den Quatsch, mit dem die talentfreien Selbstheiler sich ihre Psychose gesund faseln:

Die erweiterten Mitspracherechte des Kartellamtes in Gesetzgebungsprozess begründet das Ministerium mit der Debatte um die Allgemeinverbindlicherklärung des Mindestlohns bei der Briefzustellung. Das habe gezeigt, wie sehr der Gesetzgeber den Wettbewerb verzerren könne. Deshalb sei sicherzustellen, ‘dass mögliche negative Wettbewerbseffekte neuer Gesetze oder Verordnungen, wie Auswirkungen auf den Produktmarktwettbewerb und die Interessen der Verbraucher, gesehen und berücksichtigt werden.’

Also … es gab eine Debatte um den verhaßten Mindestlohn. Das war schlecht. Es gab diese Debatte, weil es zu wenig Wettbewerb gegeben habe. Mit der Debatte habe der Staat (!) den Wettbewerb verzerrt. Das soll das Kartellamt zukünftig ändern, wenn es wieder einmal viel zu spät ist.
Daß die Privatisierung der Infrastruktur zu diesen Verhältnissen geführt haben könnte, darauf kommen diese Experten nicht. Wie “mehr Wettbewerb” Lohndumping verhindern soll, ist mir allerdings ebenso schleierhaft wie der Einfluß des Kartellamts auf die Bezahlung von Arbeitnehmern.

Antsatt also einzuräumen, daß das Verscherbeln staatlichen Eigentums, auf das die Bürger angewiesen sind, grundfalsch war, anstatt die Rechte der Arbeitnehmer zu stärken, um Löhne nicht noch weiter zu drücken, anstatt den Staat seine Arbeit machen zu lassen, soll also der Staat einschreiten können, um einen Wettbewerb zu sichern, der nicht existiert? Das ist Kopfkino vom Allerbuntesten. Ich will auch diese Pillen!

Wohin dieser dumpf religiöse Glaube an einen Wettbewerb führt, der es schon richte, kann man allerorten sehen, wenn man denn hinschaut. Aktuell brennt in Griechenland nicht mehr der Baum, sondern der ganze Wald ist abgefackelt. Die Hellenen sind nicht nur pleite, sondern ein ganz und gar hoffnungsloser Fall. Zurecht nennt die TAZ als eine der Ursachen, daß Euro-”Partner” Deutschland mit seiner organisierten Lohndrückerei der letzten 20 Jahre auf Kosten der anderen wirtschaftet.

Hinzu kommt, daß die Einführung des Euros und die erwürfelten Konvergenzkriterien von vornherein für die Schwächeren in Euroland fatal waren. Wie wir wissen, gab es “keine Alternative” damals. Das Desaster hatte genau so stattzufinden. Es ist wahr: Die Griechen haben getürkt wie sonst nur richtige Banker, um ihre Bilanzen schönzurechnen. Was, wenn sie “ehrlich” gewesen wären? Womöglich wäre der Euro gar nicht eingeführt worden, vielleicht hätte man mit deutlich höheren Inflationsraten leben müssen, aber die galten ja als böse, seit Hans Tietmeyer das so festgelegt hatte. Der Mann ist überhaupt verdächtig, als unfähigster Ökonom aller Zeiten in die Geschichte einzugehen. Deshalb galt sein Wort wohl auch als Gesetz.

Überall ächzen die Volkswirtschaften unter den Geldströmen in die immer gleichen Taschen. Überall kann man zu niedrige Löhne als einen Quell der Probleme dingfest machen. Immer häufiger, immer schneller endet das unkontrollierte Treiben der großen “Wettbewerber” in Katastrophen. Und jetzt wird ein notwendiges Mittel zur Regulierung eingeführt um Wettberwerb zu fördern und Löhne niedrig zu halten? Damit das Wachstum wieder für Wohlstand sorgt?
Herr, laß Hirn vom Himmel fallen!