Januar: Die längste Sonnenfinsternis in 1000 Jahren erwischt Europa im Schlaf. Es ist eh schon so finster hier, da bleiben wir lieber im Bett.
Das Kindergeld und die Kinderfreibeträge werden erhöht. Gleichzeitig werden ein paar klitzekleine Änderungen an den Sozialversicherungskosten vorgenommen. Die leichte Erhöhung um insgesamt 25% müssen Arbeitgeber nicht mitfinanzieren. Leistungsträger werden durch die gleichzeitige Steuerentlastung nicht betroffen. Kandesbunzlerin Merkel findet das “gerecht und gut für die Konjunktur”.
Februar: Beim Naziaufmarsch in Dresden anläßlich des 65. Bombardierungstages erscheint überraschend der Bundesverteidigungsminister. Er betont, zwar gebe es notwendige Bombardierungen, bei denen auch zivile Opfer manchmal unvermeidbar seien, aber was zu weit gehe, gehe zu weit. Die Alliierten hätten schließlich gewußt, daß 1945 in Dresden gar keine Taliban zu treffen waren.
Daß er mit seinem Auftritt Rechtsradikale unterstützt habe, könne er nicht sehen. Die Wahrheit gelte umgebungsunabhängig, so der Schwarze Baron.
“100 Tage Schwarzgelb” wird angemessen gefeiert. Staatsuntersekretär Buckelmann erklärt vor der fast leeren Bundespressekonferenz: “Ein Tag wie jeder andere. Die Bundeskanzlerin ist in wichtigeren Angelegenheiten verreist.”
März: “Endlich dreißig Grad! Deutschland feiert!”, titelt ihr wißt schon wer und erklärt den frühen Sommer mit außergewöhnlicher Sonnenaktiviät. Neuer Umweltredakteur der Springer- Zentralredaktion wird Wolfgang Clement. Thilo Sarrazin wird Aufsichtsratschef, Heinz Buschkowsky Leiter der Berliner Lokalredaktion.
“Linksrutsch auf dem Durchmarsch” heißt es dazu im Titel des “Spiegel”. Überall mache sich die Sozialdemokratisierung breit.
April: Auf der re:Publica werden die BOBs geehrt. Sascha Bobo erhält einen Preis für sein Lebenswerk. Im Rahmenprogramm wird er als “Sexiest Creature Alive” ausgezeichnet. Später muß er diesen Award zurückgeben, da sich herausstellt, daß er schon seit Jahren tot ist.
Der Ostermontag wird in Rahmen des Sozial-ist-was-Arbeit-schafft-Gesetzes als gesetzlicher Feiertag gestrichen. Um Streit mit den Kirchen zu vermeiden und den Erlöser nicht zu provozieren, werden Arbeitnehmer verpflichtet, einen Urlaubstag zu nehmen, sofern der Arbeitgeber dem zustimmt.
Mai:
Bei der Landtagswahl in NRW erklären sich alle zum Sieger. Die SPD holt mit 29% ein Ergebnis, das weit über dem Bundesdurchschnitt liegt. Die CDU wird mit 30% stärkste Partei. Die Grünen und die Linke sind mit je 15% ebenso zufrieden wie die FDP, die mit 10% erstmals zweistellig abschneidet. Eine Jamaica-Koalition wird nur dadurch verhindert, daß die SPD eine schwarzgelbe Koalition toleriert.
In Frankfurt schließt das Institut für Sozialforschung und wird vom Roland-Koch-Institut abgelöst.
“Aufklärung? Können wir besser!” ist der neue Leitspruch.
Juni:
Wolfgang Schäuble tritt nach einem Anfall zurück. Als das Kabinett nach der ambulanten Behandlung aller anderen Minister wieder zusammentritt, fehlt nur die Familienministerin. Sie hat vergessen, daß sie auch zum Kabinett gehört. Schäubles Nachfolger wird Karlheinz Weimar. Er sei damit “nach dem durchgeimpften Rösler der zweite, der doppelt immun ist”, scherzt der Neue. Erst Wochen später eröffnet die Staatsanwaltschaft Wiesbaden zwei Dutzend Ermittlungsverfahren gegen ihn.
Nachdem sich eine Mehrheit der Deutschen für höhere Erbschafts- und Vermögenssteuern ausgesprochen hat, zündet sich Peter Sloterdijk auf den Stufen des Reichstags an. Sein Abschiedsbrief ist so kryptisch, daß selbst der Vorsitzende der Heidegger-Gesellschaft resigniert abwinkt. Einzig der “Gesang gegen Enteignung” enthält Hinweise auf die Motive.
Juli:
Bei der Fußball-WM scheidet Deutschland überraschend in der Vorrunde aus. Jogi Löw wird daraufhin fristlos entlassen, ihm werden die Leibwächter entzogen, und er muß mit einem “White Power” T-Shirt durch die Townships von Johannesburg joggen. Die Vierteilung wird bei Satt eins live übertragen.
Die Tour de France findet erstmalig in Spanien statt. Da ist es nicht so weit zum Facharzt, und keiner macht blöden Streß wegen Doping.
Die SPD feiert den Abschluß der “Agenda”. Zur Prunksitzung im Olympiastadion kommen alle lebenden SPD-Vorsitzenden, damit ist der Schuppen ausverkauft.
August:
Die letzten US-Truppen verlassen den Irak. Theoretisch jedenfalls. Für die Theorie, warum nach einem vollständigen Abzug aller Truppen noch 150000 Soldaten durch Mesopotamien robben, erhält Barack Obama die Nominierung zum Physik-Nobelpreis.
Deutsche Truppen verlassen Afghanistan, werden aber eine Woche später neu stationiert. Baron rund um Guttenberg, der in der Uniform eines preußischen Generalfeldmarschalls vor die Presse tritt, erklärt, es habe sich um eine Wette unter Offizieren gehandelt, “da steht man dann zu seinem Wort”.
September: Zum fünfjährigen Bestehen verleiht Feynsinn sich selbst den “BoF-Award”. Der Blogbetreiber betrinkt sich hemmunglos und landet mit einer (Nachtti)schlampe im Bett. Ihrwißtschonwer berichtet über “Deutschlands blödesten Blogger”. Das ist der Durchbruch.
Der Verfassungsschutz muß einräumen, daß er seit Jahren Zeitungsredakteure, Blogger, Sozialdemokraten und Fischverkäufer beobachtet. Innenminister de Maizière dazu: “Die Nachfolger des SED-Unrechtsregimes stecken eben überall. Wir müssen wachsam sein!”.
Oktober: Die Jubelfeiern zum 20. Jahrestag des Anschlusses werden ausgelassen begangen. Tausende Polizisten in Zivil sorgen durch Hurra-Rufe und Fähnchenschwenken für gute Stimmung. Mitglieder der Linken und Einheits-Kritiker werden in Vorbeugegewahrsam genommen. Auf Geruchsproben wird bei solchen Personen verzichtet, die nachweisen können, daß schon die Stasi diese “absurde Methode” bei ihnen angewendet hat.
Ein betrunkener Moslem schlägt beim Oktoberfest in München einen Christen K.O.. Diese “neue Qualität der Heimtücke und Konspiration” (Innenminister Herrmann) versetzt Deutschland in Panik. “Saufen sie uns jetzt alles weg?” titelt das mit den großen Titten Titeln.
November: Der neue Bundespersonalausweis kommt in die Läden. Er enthält folgende neue Informationen über seine Bundesperson: Schuhgröße, Religion, Wahlverhalten, letzter Sex, Geruchsprobe, Kontostand, Körbchengröße.
Wir lassen den Spätsommer in den Biergärten und Freibädern ausklingen. Die Deutsche Bank frohlockt mit 40% Eigenkapitalrendite. Zehohzwei-Derivate sind der Renner der Saison.
Dezember: Das öde Posting Jahr ist endlich am Ende. Die Weihnachts-und Neujahrsansprache, die aus Kostengründen zusammengelegt werden, hält Hans-Werner Sinn.
Der Temperatursturz um 40° macht vor allem alten Menschen zu schaffen. Millionen überleben das nicht. Gesundheitsminister Rösler reagiert prompt und verpflichtet alle Deutschen zur Impfung gegen die furchtbare Pferdegrippe, an der bereits mehrere Jockeys in Guatemala erkrankt sind.
Ich wünsche allen LeserInnen feyne Feiertage und den zwischenjährlich netzfrei Exilierten einen guten Rutsch.
Dezember 24th, 2009 at 16:55
Ich mag März. Da freu ich mich (mehr oder weniger) drauf. Frohe Weihnachten!
Dezember 24th, 2009 at 16:59
Da kann man nur noch wünschen: Positiv thinken! Tschaka, Tschaka! Ebenfalls guten Rutsch :-)
Dezember 24th, 2009 at 21:56
immerhin: schäuble tritt zurück und sloterdijk mlöst sich in qualm auf – 2 positive ereignisse in 2010 zu erwarten.
Dezember 24th, 2009 at 22:33
Nicht schlecht. :) Nachdem mich der Tempus des 1. Absatzes etwas verwirrte, musste ich die Überschrift 2x lesen, bis mir ein Licht aufging. Naja, man ist von den ganzen Rückblenden am Jahresende etwas bedudelt.
Dezember 24th, 2009 at 22:59
Hervorragend, diese feynsinnigen Bemerkungen und kleinen Sottisen – ich habe es genossen. Und man braucht das von Zeit zu Zeit, die Wirklichkeit ist deprimierend genug!
Dezember 25th, 2009 at 05:53
‘Mal wieder sehr feyn!
Frohe Oktern und soweiter.
Dezember 25th, 2009 at 10:40
Zur Rückschau auf 2010 gehört ein Ausblick auf 2011. Hier gelten besondere Erwartungen der Eruption des für Februar 11 geplanten Vulkans für Bildung. Auf vorbereitenden Föderativgipfeln und kommunalen Wissenshügeln werden bereits Grußadressen an Frau Schavan vorformuliert. Die Kreativen der Agentur Wegg von Hier gestalten die Wimpel. Mehrere ausländische Gäste haben ihr Kommen mit eigenem roten Teppich zugesagt. So bleiben sowohl Ergebnisse als auch Kosten überschaubar.
Dezember 25th, 2009 at 11:55
feyn feyn, herrlich!
das ist ja “titanic”-like. super. wunderbare einfälle. ich bin begeistert
weiter so.
realsatire in famoser art und weise.
Dezember 25th, 2009 at 13:57
“Nachdem sich eine Mehrheit der Deutschen für höhere Erbschafts- und Vermögenssteuern ausgesprochen hat, zündet sich Peter Sloterdijk auf den Stufen des Reichstags an.”
geil! *rofl*
Dezember 25th, 2009 at 15:00
[...] ja jeder. Einen für das Jahr 2010 hingegen erfordert etwas mehr Geschick. Dies beweist Flatter bei Feynsinn: Das wird 2010 gewesen sein in einem So z.B.: März: “Endlich dreißig Grad! Deutschland feiert!”, titelt ihr wißt schon [...]
Dezember 26th, 2009 at 05:05
[...] Das wird 2010 gewesen sein [...]
August 25th, 2010 at 19:32
[...] ja jeder. Einen für das Jahr 2010 hingegen erfordert etwas mehr Geschick. Dies beweist Flatter bei Feynsinn: Das wird 2010 gewesen sein in einem So z.B.: März: “Endlich dreißig Grad! Deutschland feiert!”, titelt ihr wißt schon [...]