Kategorien öffentlicher Erblödung
Posted by flatter under HintergrundKommentare deaktiviert
17. Dez 2009 0:26
Man kann alles in Kategorien packen. Kant etwa wußte das und hat sich halbtot kategorisiert. Das war zu seiner Zeit hip, wie Foucault in “Die Ordnung der Dinge” schön aufs Tableau schmiert. Aber das ist alles viel zu kompliziert. Man kann das Leben mühelos in lediglich zwei Kategorien packen, und die sind quasi beliebig wählbar. Das hat übrigens Luhmann exerziert, er wußte bloß nix davon und hat das Ganze noch zwanghafter und daher am Ende noch komplizierter ausgewalzt.
Nehmen wir mal etwas Einfaches: Hitler und Sex. Man kann alles entweder bei “Hitler” oder bei “Sex” einsortieren. Versucht das mal, das geht vorzüglich und paßt auch fein zum Tourette-Syndrom, welches wiederum hervorragend geeignet ist, Aufmerksamkeit zu erregen, obwohl es ganz und gar sinnfreie Texte produziert, die gar nicht so gemeint sind, wie sie allgemein ankommen.
Das viertel vor Nachrichten-Magazin “Spiegel” und sein SpOnheimer Ableger haben sich sehr erfolgreich diese Erkenntnis zunutze gemacht und praktizieren die Hitler/Sex-Kodierung als “Qualitätsjournalismus”.
Mein Lieblingspolitiker unter den Lieblingspolitikern, der übrigens glasklar “Hitler” ist, obwohl er von sich selbt und anderen als “Sex” verkauft wird, hat auch einfache Kategorien, die sich mit “Nobel” versus “Pöbel” benennen lassen, psychologisch sagt der Fachmann auch “ego” vs. “alter”.
“Wüstes Geschrei” nennt er Kritik an seiner Maßanzüglichkeit oder auch “Klamauk”. Der Ernst, die Standeswürde, Adel und Benimm, das ist es doch, was zählt und nicht kleinkarierte Inhalte, Verantwortung und politische Entscheidungen. Dementsprechend wirft er dem demokratischen Bodensatz aus adelsfernen Parteien vor, sie hätten auch wissen können, was er wußte. Die unerheblichen Details, daß die anderen weder Verteidigungsminister sind, noch vom “militärisch angemessenen” Liquidieren gefaselt haben, wird nicht einmal in den Medien diskutiert. Was wissen Leute, die ihre Klamotten von der Stange kaufen, schon von “Anmessen”?
Die Kategorisierung politischen Handelns in “zuständig” oder “verantwortlich” erweist sich derweil als Rückfall in die Moderne, überkommen-romantische Vorstellung des Fußvolks, das noch glaubt, mit seiner “Wahl” von Parlamentariern das Recht behalten zu können, die Regierung zu beurteilen. Hier ist die Kanzlerin aller Regierungsbeamten das Vorbild für das Scheitern jeder Rationalität, für die es noch Kategorien oder eine Sprache gäbe. Im Zweifelsfall ist immer jemand verantwortlich, der nicht zuständig ist oder andersherum. Darüber spricht man dann auch nicht mehr. Kein Subjekt, kein Objekt, ein Adelsprädikat. Die postmoderne Demokratie ist feudal und entzieht sich. Wer das dekonstruieren will, möge sich für einen Promotionsstudiengang “Philosophie” einschreiben – im möglichst weit entfernten Ausland, versteht sich.
Dezember 17th, 2009 at 00:52
Am besten finde ich ja den Hinweis auf den schwerverletzten Soldaten in A., und daß sich die Opposition was schämen solle…
Gehört das eigentlich zum Wesensmerkmal des Adels, nie die Verantwortung zu übernehmen für sein Tun (der weigert sich ja beharrlich, zurückzutreten)?
Dezember 17th, 2009 at 01:30
@Frank
Na, ein Adliger steht grundsätzlich darüber. Stolze, aufrechte Haltung muss reichen, um aufrichtige Haltung zu demonstrieren, weshalb sich jemand verantwortlich fühlen muss, zu dem das eher passt.
Nadelstreifenträger z.B, aber das ist ja wohl die Grenze des guten Geschmacks. Also Einreiher mit Maß, und ein wenig Ambiente von Karibik und importiertem Kolonialeis. Und da war noch was…
Ah, ja der Gentleman. Also Damen die Tür aufhalten und so. Wird reichen um das Gesicht wahren zu können.
Bei unserer Politflottille sowieso.
Dezember 17th, 2009 at 02:37
Sie war sicher gewesen, daß er Verkehr mit ihr haben würde; sie hatten sich beide ausgezogen und waren offensichtlich im Begriff ins Bett zu gehen, als er sich auf den Fußboden warf und sie aufforderte, ihn zu treten. Sie protestierte, aber er drang weiter in sie und nannte sich einen Unterwürdigen, überhäfte sich mit Beschuldigungen und wandte sich vor ihr in selbstquälerischer Weise. Die Szene wurde ihr unerträglich, und so gab sie schließlich seinem Begehren nach und trat ihn mit den Füßen. Das erregte ihn sehr, und er bat um mehr und mehr, wobei er ständig sagte, sogar das sei besser, als er es verdiene, und er nicht wert, mit ihr im gleichen Zimmer zu sein. Je mehr sie ihn trat, um so erregter wurde er. (A. Zeissler, 1943.)
Die Filmschauspielerin Renate Müller über einen Abend in der Rechskanzlei, den sie mit Adolf Hitler verbrachte.
Zitiert in Erich Fromm, Anatomie der Destruktivität. Renate Müller hatte kurz darauf Selbstmord begangen.
Dezember 17th, 2009 at 07:50
Nein, nein, Guttenberg hat recht. Spätestens seitdem bekannt wurde, das Oberst Klein ursprünglich 2000 Pfund Bomben angefordert hat, also einige Tage nach dem Bombenabwürfen, hätte jeder wissen können das da etwas nicht stimmt.
450 Kg Sprengstoff für einen Tanklaster? Also bitte!
Dezember 17th, 2009 at 09:24
Und jetzt entblöden sich unsere Parlier-arier nicht, auch noch einen diesbezüglichen Untersuchungsausschuß in die Welt zu setzen, dessen -zig Teilnehmern die harsche Auflage gemacht wird, den Zeitraum ihrer Recherchen auf 1(in Zahlen: Ein!)Jahr zu begrenzen.
Merke: Wahrheitsfindung ist
- erstens: schwierig
- zweitens: beginnt sie erfolgreich jenseits von zehn Teilnehmern und
- drittens:ist sie prinzipiell unabschließbar. Weswegen wir uns wohl am Ende des dürftigen Untersuchungszeitraums von lediglich einem kümmerlichen Jahr mit einem gewissen Prozentsatz von Wahrheit begnügen müssen.
Dezember 17th, 2009 at 09:28
…jedes Volk bekommt die “Regierung” die es verdient bzw. wählt oder nicht wählt…
Dezember 17th, 2009 at 11:31
> …jedes Volk bekommt die “Regierung”
> die es verdient bzw. wählt oder nicht wählt…
berlusconi und jeder einzelne seiner waehler hat es verdient mit miniaturen vom mailaender dom gepruegelt zu werden.
hilfe! welcher der beiden sprueche ist bloeder? kann mich grad garnicht entscheiden …
Dezember 17th, 2009 at 11:34
Nein, vielmehr ist es pretty egal, wen sie wählt oder nicht wählt. Macht erlangt ohnehin nur, wer Macht erlangen darf und der Macht sich beugt. Da macht auch keine ehemalige Opposition irgendeinen Unterschied. Soviel sollte man doch gelernt haben über die ‘liberale Demokratie’, spätestens seit 1998…
Dezember 17th, 2009 at 12:17
Ich, ich, ich…
Ich hab auch noch einen:
Wenn Wahlen etwas ändern würden…
;-)
Schönen 4.Advent Euch allen!
Dezember 17th, 2009 at 13:13
Zuständigekeit? Verantwortung? Da war doch was?
Ach ja! Sourcen wir die Verantwortung doch einfach out :)
Dezember 17th, 2009 at 13:14
Oh…
aber hier:
https://www.youtube.com/watch?v=Bq9eSpBH4jo&feature=player_embedded
Dezember 17th, 2009 at 19:20
Endlich mal wieder Klartext. Sehr schön!
@ superguppi: Wo kann ich dazu was finden? Scheint mir ein extrem angebrachtes “unnützes Wissen”.
@ Topic: Ja,nun. Schiess ich auch mal los:
1. Der Krieg: Ist keiner.
Sondern etwas stabilisierendes. Das Kohlen-Wasserstoffverbindungen dabei eher destabilisiert werden, ist kollateral.
Fast jeder ist dagegen, aber: Dies ist ein freies Land, also kann unser Parlament die Parlaments-Armee (zum Brunnen-Bohren und Menschenrechte-Erklären, vulgo: Demokratie) ins sprichwörtliche Afghanistan schicken. Und dort Polizei ausbilden lassen (weil die Ziegenhirten dort zu doof dazu waren). Oder Wahlen fälschen lassen, damit Demokratie dabei rauskommt. Oder Mohn-Exporteure schützen lassen, auch, wenn mann dann hierzulande die Demokratie etwas zurückfahren muss, um die Heroin-Importeure zu erwischen. Wenigstens den Border-Runner und nicht gleich geheime Dienste, die auf diesem Wege unparlamentarische Kassen führen.
Oder, und so sprechen Nestbeschmutzer, um am großen Spiel teilzuhaben. Ein guter Vasall zu sein und die Seidenstrassen-Strategie der USA mit zu Verbrechen. Damit die ganze Transformation der Bundeswehr (und die Existenz derjenigen, die genau das niemals betreiben) auch Sinn hat, damit die NATO mit Recht ihre Existenz von der Verteidigung auf die Rohstoffbeschaffung verlagert hat.
Tauschen? Bezahlen, gar? Wer so denkt oder dahingehend argumentiert ist Sozial-Romantiker und irgendwie auch Sozial-Schmarotzer.
Wir führen seit 45 keine Kriege mehr.
Wir bohren Brunnen (nicht wirklich), schicken kleine Mädchen in die Schule (bevor wir sie mit brennendem Benzin befrieden) und leisten unseren Beitrag (den niemand definieren, geschweige denn verantworten will).
Was in Afghanistan geschieht ist Gutmenscherei. Und Gutmenscherei ist die Fortsetzung der Interessenwahrung mit anderen Mitteln.
2. Das Procedere
Findet nicht statt.
Niemand ist zuständig. Weder der Verteidigungsminister weiss was los ist noch Inspekteure oder Generäle.
Geschweige denn die Kanzlerin.
Wir lernen auch hier vom Ami:
Auf eine Riesen-Sauerei melden sich die BILD-Leser und werfen jedem, der der ganzen Saubande Den-Haag an den schmutzigen Hals wünscht, erst Kleinlichkeit und dann, wenn alle Begriffe verschwommen wurden, Vaterlandslosigkeit vor.
Die Medien machen die Schleusen auf für eine unverschämte Masse, die wahrscheinlich schon derart viel Prügelstrafe geniessen durfte, daß sie nicht mehr angebracht ist.
Da bleiben also nur noch zwei Dinge:
Zum einen:
Viel mitlesen. Aufklärerisch wirken. Seinem Abgeordneten schreiben und sein Umfeld auf die Grausamkeiten in Afghanistan hinweisen (Witzig, nicht wahr?).
Oder: Die Prügelstrafe überdehnen. Wirklich. Feste.
Und: Nimm `nen Knüppel dabei.
Dezember 17th, 2009 at 22:05
@ #9
Ralf-zwei.null YMMD
Beste Grüße
Dezember 17th, 2009 at 22:38
Vergleiche mit klinischen Befunden sind immer problematisch. Selbst wenn sie ein treffendes Bild abgeben, trifft es doch zu allererst die Betreffenden, die sich zumeist nicht gern als Betroffene sehen wollen, sondern in erster Linie als Menschen. Na, wenigstens werden die Autisten in Ruhe gelassen, da sind ja Politiker und Zeitungsfritzen ganz groß im Beleidigen. Wobei ich mich auch gleich bei Fritz entschuldigen möchte.
Dass eine Dekonstruktion nur mit philosophischen Mitteln Früchte trägt, wage ich zu bezweifeln. Die auf Selbsttäuschung basierende Identität des v.u.z.G. funktioniert ja nur, insofern sie durch Signale aus der Bevölkerung bestätigt wird, gefiltert und weichgezeichnet durch die Medien. Dort mit Philosophie anzusetzen scheint mir sehr verwegen.
Meiner unbescheidenen Meinung nach müssen seine Verehrer nicht gebessert werden, sondern die Chance bekommen, gemeinsam mit ihrem Geliebten geradewegs in die Mülltonne der Geschichte zu wandern. Ich werd den Teufel tun, die Philosophie für die Rettung der Dummen zu missbrauchen. Auf den irrationalen Habitus eines gesetzlich nicht existenten Adels gibt es nur eine passende Antwort: Kübel von Hohn und Spott über diesen steilen Hecht und feinen Pinkel!