Wie man kognitive Ressourcen möglichst sinnlos verschleudert und damit unnötig Wärme erzeugt, demonstriert Bjørn Lomborg bei SpOn. Seine Argumentation gegen die Bemühung, Treibhausgase einzusparen, ist reaktionär. Sie schreibt den Status quo auf ewig fest und treibt damit Zahlenspiele, daß einem schwindlig wird.

Die Hauptargumente:
- “Die Kohlendioxid-Einsparungen kosten weit mehr als der Klimawandel selbst.”
Sehen wir davon ab, daß diese These höchst streitbar ist und die wirren Zahlen, die da folgen, nicht belegt sind, ist sie auch schlicht unsinnig. Adäquat könnte man rechnen: Jährlich ein Kind zu zeugen ist deutlich billiger als Jugendliche durchzufüttern. Also besser regelmäßig den Nachwuchs wechseln.
Der Ansatz mündet in dem Satz:
Ohne wirkliche Alternativen zu fossilen Energien würden wir letztlich nur das Wirtschaftswachstum beschädigen“.
Wo aber kämen diese Alternativen wohl her, wenn es den Druck nicht gäbe, sie zu entwickeln?

- “Der Ansatz ist politisch mangelhaft. Denn die Nationen verfolgen ganz unterschiedliche Ziele in Kopenhagen“.
Umgekehrt wird ein Schuh draus: Die Nationen verfolgen ganz unterschiedliche Ziele und könnten in Kopenhagen aufeinander zugehen. Das ist Sinn und Zweck dieses Meetings. Was soll gut daran sein, wenn das scheitert und womöglich jeder weiter mit dem Finger auf andere zeigt?

- Der heutige Ansatz [ist] auch technologisch mangelhaft. Denn noch immer fehlt es an angemessenem Ersatz für die fossilen Energieträger.
Die Kernthese wiederholt sich und wird dadurch nicht klüger. Auch die Quintessenz steht im Dienste dieses Besserwissens:
Politiker sollten mit bedeutungsschweren Verhandlungen zur CO2-Reduzierung aufhören und stattdessen ein Bündnis eingehen, in Forschung und Entwicklung zu investieren, um alternative Energien auf das nötige Niveau zu bringen.
Als schösse das eine das andere aus – im Gegenteil würden ernsthafte Vereinbarungen mittelbar genau dazu führen, solche Entwicklungen zu fördern. Wie sollte es sonst auch gehen?

Die Argumentation bedient sich des TINA-Prinzips auf drei Ebenen: Erstens wird vorausgesetzt, daß Entwicklung linear verläuft und sich die Grundbedingungen nicht verändern. Zweitens wird jede qualitative Veränderung der Lebensweise von vornherein ausgeschlossen. Drittens wird jede Lösung ausgeschlossen, die davon ausgeht, daß ein grundlegender Systemwechsel möglich oder notwendig sein könnte.
Diese Phantasielosigkeit ist vergleichbar mit der Dummheit früherer Epochen. So ist die Seefahrt dadurch eingeschränkt, daß die Schiffe von der Erdscheibe fallen. Die Mobilität stößt an Grenzen, weil noch mehr Kutschen zu einem Versinken der Welt in Pferdedung führen würde. Man kann eine Bevölkerung nicht mit Automobilen versorgen, weil der Bau eines einzigen Mercedes Simplex ein halbes Jahr dauert und zwanzig Monteure braucht. Außerdem müßte ein Arbeiter fünfzig Jahre schuften, um sich ein Automobil leisten zu können. So lange lebt er aber gar nicht.

Auch wenn man berechtigter Weise nicht den Optimismus hat, von Klimakonferenzen den großen Durchbruch zu erwarten, taugt die betriebswirtschaftlich eingeebnete Denkweise sicher nicht zur Kritik an der Bemühung. Wenn man schon neunmalklug gegen halbgare Lösungsansätze opponiert, wäre ein völliges Umdenken zu fordern, anstatt kapitalistischer sein zu wollen als die Vertreter nationaler Wirtschaftsinteressen. Im Rahmen des Gegebenen sind verbindliche Vereinbarungen das Optimum. Darüber hinaus muß endlich Wachstum als solches infrage gestellt werden. Das Klimaproblem ist nur eines von vielen, das sich innerhalb eines globalen Kapitalismus heutiger Ausprägung kaum wird lösen lassen. Alternativen sind daher keine Frage der Technik. Sie sind eine Frage der Politik, die sich endlich wichtiger nehmen muß als die Interessen der Besitzenden.