Dietmar Hopp, Besitzer einer Fußballfirma aus der Bundesliga, ist ein echtes Opfer. Die Jugendlichen, mit denen ich täglich zu tun habe, würden das genau so sehen. Und ihm vermutlich noch auf den Kopf zusagen, seine Mutter gehe einer Beschäftigung im ältesten Gewerbe der Welt nach.
Das kann er auch von Kölnern haben, die ebenfalls den “Hurensohn” in ihm erkannt haben wollen. Die Dortmunder wiederum würden ihn gern abschießen. Auch das ist rustikal.

Nun, wenn das also eine Morddrohung war, dann schicke ich doch gleich eine hinterher. “Verbrennt den Hopp”, so fordere ich, und zwar rituell und als Vergnügen fürs ganze Volk. Aber eins nach dem anderen!
Traditionell, das wissen nicht nur die Erzfeinde aus Mönchengladbach, kennt der Fußballfan den FC Köln etwa als die “Scheiße vom Dom”. Ist das nicht schrecklich diskriminierend? Wie solche sollen die Kölner also behandelt werden? In ein finsteres Loch gespült werden? Kollektiv ersäuft? Ist das nicht Volksverhetzung, ein Aufruf zum Genozid gar?
Andere haben schon zu Walzermelodien vom Blut der Bayern gesungen: “wenn es spritzt, wenn es schwappt, dann ist es gut”. Das ist ja Bürgerkrieg. Oder nicht?

Ich bin zwar kein Fußballfan, aber sogar ich weiß, daß diese Gesänge und Gebärden nicht wirklich wörtlich zu nehmen sind. Es ist ein Ritual, wenn Fans sich singend beschimpfen, verhöhnen und böse Plakate malen. Viel böser als das Androhen mittelalterlicher Strafen und die Bezeugung tiefen Hasses sind übrigens als “kultiviert” geltende Aussprüche. Je näher sie der Wahrheit kommen, umso verletzender. “Ihr werdet nie deutscher Meister”, dem aktuellen Tabellenführer trocken ins Gästebuch geschrieben, oder eine Salatschüssel mit der Aufschrift “Nur gucken, nicht anfassen” für gewisse Blauweiße – das sind die eigentlichen Brutalitäten von den Rängen herab.

Dieses einträgliche Treiben des Pöbels war bislang keiner Erwähnung wert, und Hunderttausende geben sich dem hin, ohne daß sich die “Beleidigten” je weinerlich darüber beschwert hätten. Nein, da muß schon ein Milliardär daher kommen, sich einen Klub ohne Fans kaufen und zur Boulevardpresse marschieren, um seine ganze fundierte Kenntnis des Betriebs in die Waagschale zu werfen. “Morddrohungen” will er gesehen haben und fühlt sich in seiner Menschenwürde verletzt. Hätte er “Majestätsbeleidigung” angezeigt, man hätte ihn verstanden.
Der Herr hat doch seine schwer erbeuteten Millionen nicht auf den Tisch gehauen, um jetzt als Arsch der Woche dazustehen. Er hat ein Recht auf Liebe! Der Mob soll seinen Klub anfeuern und nicht dessen Besitzer mobben. Bei anderen Klubs geht das doch auch.

Nun hat sich selbst ein Sympath wie Uli Hoeneß über Jahrzehnte die Verachtung des Gegners redlich verdient und zudem seinen Weg von Spieler zum Funktionär im meist gehaßten deutschen Traditionsverein gemacht. Ist es wohl möglich, daß einer, der nichts geleistet hat und trotzdem als “Leistungsträger” Huldigung einfordert, genau das provoziert, was ihm da entgegenschlägt?

Dietmar Hopp ist eine steinreiche Witzfigur, nicht mehr und nicht weniger. Er sollte einfach mit seinen Golf spielenden Zigarrenrauchern Kaviar mampfen und sich von seinen PR-Beratern erklären lassen, wie man Fuball kauft und sich am Gewinn(en) erfreut, obwohl man nie dazugehören wird. Oder seinen Psychiater aufsuchen und sich bei dem ausheulen.

Besser wird das sicher nicht werden für ihn. Im Gegenteil sehe ich schon eine Fusion aus Fußballfieber und rheinischem Karneval, mit ihm in einer köstlichen Hauptrolle. Der Narr, der Griesgram, der Hoppeditz und der doofe kapitalistische Funktionär zu einer Figur verschmolzen. Der Depp vom Dorf, der es nicht rafft und den anderen den Spaß verdirbt, wird einmal im Jahr feierlich verbrannt, am 11.11., am Aschermittwoch oder auch am Karfreitag. Man heißt ihn den “Hopp”, er ist nicht nur im Kopf ganz aus Stroh, und er trägt ein Fußballtrikot.