Marktfreiheit, Ungleichheit, Eigentumkeit, die drei Leitblödheiten der großbürgerlichen Restauration, durchmiefen den Restgeist der Friedhofswärter des Liberalismus. “Freiheit”, das bedeutet für die einen die Befreiung ihrer Lebenswelt vom Pöbel, für die anderen die Befreiung von ihren Rechten und ihrer Existenzgrundlage. Freiheit als Eigentum meint in bezug auf Wohnraum zum Beispiel, daß man so viel wie möglich davon besitzen und so wenig wie möglich bewohnen kann. Eine Wohnung nicht zu benutzen, ist gleiches Recht für alle. Die es sich leisten können, haben es eben und stellen nicht den Anspruch, sich in all ihren Immobilien abends ins Bett zu legen. Die es sich nicht leisten können, müssen ihr Bett halt unter freien Himmel beziehen. Freier geht es doch gar nicht.

Daher ist es auch erzliberal, wenn Mieter ebenso lange Kündigungsfristen einhalten müssen wie Vermieter. Es kann zwar niemand schon ein Jahr im Voraus wissen, daß er sich womöglich genötigt sieht, den Wohnort zu wechseln, aber auf solche Probleme kann der Markt doch keine Rücksicht nehmen. Was kann der Eigentümer dafür, daß sein langjähriger Wohungsnehmer sich den marktbedingten Preisanpassungen nicht beugen will? Oder daß der mietende Arbeitnehmer plötzlich keiner mehr ist und das Schicksal, vulgo “Arbeitsagentur” ihm einen neuen Platz im Vaterland zuweist?

Niemand hat die Absicht, Rentner vor die Tür zu setzen. Aber fair ist fair, auch hier gilt “gleiches Recht für alle”. Daraus folgt, und da sind der Markt und seine Hüter ganz kulant, daß es eben keine langen Kündigungsfristen mehr geben wird. Wer das nicht einsieht, wird sich dafür verantworten müssen, wenn Wohnungen ins Ausland verlagert werden. Wer wollte das ernsthaft dem Standort Deutschland antun?

Dem sehr liberalen Datensammer und NRW-Innenminister Wolf ist völlig klar, daß die Schar der Uneinsichtigen, die sich jeder Reform verweigern, unter den Bedingungen der konsequenten Standortsicherung zunehmend zum Extremismus neigen könnte. Daher hat er sein Superman-Cape angelegt und zeigt der verführbaren Jugend den rechten Weg – in einem Comic. “Uiuiui” sagt da die linkslastige Lotterjugend, “das ist aber gefährlich!” – und wird fortan Treue schwören zu Markt und geschützter Standort-Verfassung. Oder etwa nicht?

Ich vertraue auf die Stärke des Rechts, nicht auf das recht des Stärkeren“, sagt der gute Junge im Comic zu den Bösen.
Komisch nur, daß der Böse das nicht nur wörtlich nimmt, sondern sich auch noch das Recht, gegen die Stärkeren ins Feld zu ziehen, weiß er doch aus seinen Büchern: “Leeres Wort, des Reichen Pflichten, leeres Wort des Armen Recht”.
Dann kommt es wie im richtigen Leben, und so lernen wir: Gegen Extremismus ist kein Kraut gewachsen. Es sei denn, man wollte den Kapitalismus abschaffen. Und worüber sollte man dann noch so herzhaft lachen?