typstarLange nichts mehr zum Tagesgeschäft gesagt, wozu auch? Mitunter ist aber das Langweiligste, Erwartbarste, Durchschaubarste dann doch wieder große Unterhaltung. Was Frau Nahles da medienträchtig unter das Häuflein der restlich Interessierten gewürfelt hat, macht mir Spaß. Die SPD ist Mitte, absolut. Mitten drin in einer derart sinnlosen Simulation von Politik, wie es nur eine Partei kann, die noch nie eine eigene Überzeugung hatte, sondern immer nur versucht hat, es allen recht zu machen. Sie ist die älteste Schabracke im ältesten Gewerbe der Welt.

“Nach links öffnen” will sich die SPD also – beim nächsten Mal! Wenn die Mehrheiten wieder und vermutlich endgültig so weit rechts liegen, dass sie eh nicht mehr drankommt. Wenn sie beginnen wird, sich an einstellige Zustimmungsraten zu gewöhnen. Wenn sie endlich niemand mehr braucht und niemand mehr fragt. Hach, das wird herrlich sein!

Jetzt hätte sie die Mehrheit, und da ihre Funktionäre so unklug waren, die Restbasis fragen zu wollen und daher fürchten, dass Einschüchterung und Medienmacht nicht ausreichen könnten als Wall gegen die Riesenblamage, wird eine verzweifelte Lüge aufgetischt: Ihr müsst uns jetzt unterstützen Merkel zu wählen, dann werden wir irgendwann auch wieder den Regierungschef stellen, mit der Erlaubnis der wichtigen Leute im Land.

Gegen sozialdemokratischen Extremismus

Auf gar keinen Fall aber darf das jetzt sein, denn sie haben sich vor der Wahl nicht für die Möglichkeit einer Mehrheit entschuldigt, die nicht das Gütesiegel „deutsche Mitte“ hat: Sie wollen nicht in den Verdacht einer Kooperation mit Leuten geraten, die lautstark gegen Ausbeutung polemisieren. Das könnten Sozialisten sein. So etwas geht nicht. Nicht in der Realität der SPD.

In dieser Realität kam übrigens noch nie vor, was sie auch jetzt wieder verdrängt: Ein globaler Klassenkampf. Zwar gab es Zeiten, in denen die SPD für die Armen und Benachteiligten einstand, Arbeitslose etwa noch als Opfer der Verhältnisse sah und nicht als Schuldige, aber Klassenkampf war ihr immer suspekt. Klassenkampf klingt undeutsch, riecht nach Umsturz und muss um jeden Preis verhindert werden. Im Zweifel immer national – gegen den Franzmann oder den Russen, rechts – gegen Kommunisten und Sozialisten – und sowieso für das Kapital, mit dem sie Frieden geschlossen hat. Liebevoll nennt sie es Soziale Marktwirtschaft®.

Dass die Partei “die Linke” ihrerseits ebenfalls für Kapitalismus ist und den Klassenkampf, den Warren Buffet uns extra erklärt hat, weder so nennt noch annimmt, reicht noch nicht. Dass sie weder Marxisten sind noch Revolutionäre und sogar ebenfalls Soziale Marktwirtschaft® befürworten, hilft auch nicht, denn inzwischen ist der SPD die Sozialdemokratie verdächtig; die kann sie sich nicht leisten. Aber beim nächsten Mal, vielleicht. Wenn die Nation sie nicht doch wieder für Wichtigeres braucht. Entschuldigt hat sie sich ja jetzt.