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Eine Alternative zum Kapitalismus zu finden und zu etablieren kann an vielem scheitern. Sie scheitert zum Beispiel ganz sicher, wenn sie ausschließlich auf Vernunft beruht, und zwar nicht weil Vernunft schwächer ist als Triebe, sondern weil sie inkonsistent ist, im Gegensatz zum Kapitalismus. Der funktioniert von einem Ende bis zum anderen auf dieselbe Art und Weise, beruhend auf demselben Prinzip, nämlich Wachstum. Dies verzahnt ihn quasi unmittelbar mit der eigenen Evolution.

Was gemeinhin als “Survival of the Fittest” bezeichnet wird, also Überleben des am besten Angepassten, kann man in ein Wort zusammenfassen: Spread; Ausbreitung. Nichts anderes ist solches “Überleben”. Die Spezies, die sich der Umwelt am besten anpasst, breitet sich aus, vermehrt sich. Der Stärkste streut seinen Samen.

Das Prinzip Wachstum

Dieses primitive Prinzip, so darf angenommen werden, ist in die sogenannte Zivilisation eingeflossen als Ausbreitung in Anzahl, Fläche und Ressourcen. Dabei ist übrigens, wo es um Währung oder Zahl geht, sogar der Betrag egal. Groß muss es sein, egal ob Haben oder Soll, dann nähert es sich der Unangreifbarkeit.

Kommen wir kurz zurück zur Vernunft: Diese ist eine Art Antipode des Systems, egal ob Evolution oder Kapitalismus. Vernunft strebt den Ausgleich an, die Kontrolle, die Nullebene. Vernunft gibt Maß anstatt der schieren losgelassenen Größe zuzustreben. Sie verbindet unterschiedlichste Prinzipien und Kräfte und sucht nach der Essenz, dem Sinn, dem Frieden, dem Erhalt. Vernunft setzt Grenzen, eine Handlungsweise, die dem evolutionär tiefer liegenden Prinzip der drängenden Vermehrung diametral entgegensteht.

Permanenter Widerstand

Entsprechend muss ein vernünftiger Gegenentwurf zur primitiven Wachstumsdynamik auf Begrenzungen fokussieren, wohl wissend, dass das evolutionäre Prinzip Hürden und Widerstände zu überwinden trachtet und dies immer wieder schaffen wird. Die permanente Arbeit der Begrenzung ist zu organisieren oder die Kunst, Evolution gegen sich selbst zu wenden in dem Sinne, dass die zum Wachstum strebende Kraft sich selbst begrenzt.

Eine solche Hemmung ist im einfachsten Fall das, was Naturwissenschaftler “kompetitive Hemmung” nennen, also eine Konkurrenzreaktion, durch die eine Dynamik begrenzt wird. Historisch hatten wir das kürzlich noch, als Widerstreit der Systeme, mit dem Eisernen Vorhang dazwischen. Die Machtbestrebungen beider Blöcke haben das Wachstum beiderseits im Zaum gehalten. Für den Kapitalismus war das allemal ein Segen. Was er anstellt, wenn eine solche Hemmung fehlt, sehen wir seitdem.

In einem folgenden Artikel werde ich versuchen, die Möglichkeiten einer nichtkompetitiven Hemmung in diesem Sinne zu erörtern.